Die Aufarbeitung des richtigen Gottesbildes für unsere Zeit gehört mit zu den Überlebensaufgaben katholischer Theologie.
Wort zum SonntagAls Gott noch „der liebe Gott“ war
Der wohl bedeutendste katholische Theologe des 20. Jahrhunderts, der Jesuit Karl Rahner, war sich sehr wohl bewußt: eine Kirche, die ihre Theologie, also das Wort von und über Gott, aufgibt, gibt sich selbst auf. Sie wird überflüssig.
War in den vergangenen Jahrzehnten die Theologie immer wieder gefordert, die Kirchlichkeit der Kirche zu begründen und zu stützen, hat sie sich in der Folge auf das Zentrum ihre Nachdenkens auf die Frage konzentriert: wer ist Gott, was will Gott, wie steht der Gott zum Menschen und der Mensch wiederum zu Gott. Christliche Glaubensgemeinschaften jenseits Europas brauchen eine derartige Theologie nicht. Das Wegkippen in eine Art christlich gestützter Voodoo-Kult ist, wie bereits feststellbar, die Folge.
In früheren Zeiten war Gott „der liebe Gott“. Ist er aber nicht, wissen wir spätestens, seit der Bischof von Hildesheim das dokumentiert hat. Doch die meisten Christen schleppen bis ins hohe Alter dieses Gottesbild mit sich. Wohl auch ein Ergebnis falsch verstandener Katechese und Glaubensunterweitergabe. Kindergebete wie: Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm, sind eines gereiften Christen unwürdig.
Dagegen hat bereits der Apostel Paulus (in 1 Kor 13.11) polemisiert, wenn er schreibt: Als ich Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte ich wie ein Kind... Als ich aber erwachsen wurde, legte ich die Art des Kindes ab. Man hat den Apostel offenbar nicht verstanden, oder nicht verstehen wollen.
Die Aufarbeitung des richtigen Gottesbildes für unsere Zeit gehört mit zu den Überlebensaufgaben katholischer Theologie. Kirche ohne Gott ist nicht möglich, ohne Jesus, den Christus, auch nicht: er weist nach christlichem Verständnis den Weg zu Gott. Was bleibt, ist Gottes Unbegreiflichkeit, die zum zentralen Mysterium jedes Gottesbildes gehört. Sie macht den Glauben zum Kraftakt, weil man, wie Karl Rahner meint, diese Unbegreiflichkeit jeden Tag nur aushalten kann, wohl auch nur aushalten muss, um vor Gott zu bestehen. Ein Kreuzweg schlechthin.