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Rundschau-Debatte des TagesKann die Wende bei der Truppe gelingen?

Lesezeit 4 Minuten
Boris Pistorius unterhält sich mit einem Soldaten in einem Puma-Schützenpanzer.

Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, unterhält sich mit Soldaten bei seinem Antrittsbesuch bei der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow in einem Puma-Schützenpanzer.

Die Bundeswehr wartet auf 50 Schützenpanzer vom Typ Puma. Doch die Verzögerung hängt offenbar nicht nur am trägen Beschaffungswesen. Auch politische Einwände bremsen den Prozess.

Das Beschaffungswesen soll unter Verteidigungsminister Boris Pistorius deutlich an Tempo gewinnen. Doch am Beispiel von 50 Panzern vom Typ Puma zeigen sich die Tücken der Prozesse. Kann der Verteidigungsminister seine Versprechen halten und die Truppe voranbringen?

„Hightech aus Stahl“ ist noch eine der griffigsten Bezeichnung für den Schützenpanzer Puma. Hochmodern, Rekordhalter bei der Motorleistung und die wohl größte Anschaffung des Deutschen Heeres seit Jahrzehnten. Trotz aller Pannen und Verzögerungen bei dem Hightech-Fahrzeug schien immer klar: Der Puma ist die Zukunft der deutschen Panzergrenadiere. Er soll künftig Soldaten an die Front transportieren und ihnen dabei Feuerschutz geben. Sein jahrzehntealter Vorgänger, der Marder, kann zumindest bei der Bundeswehr seinen Dienst quittieren.

Wie steht es um die Bestellung der neuen Pumas?

Der Prozess dauert lange. Auf dem Papier hat die Bundeswehr 350 Puma-Panzer, beim Heer sind es allerdings nur 326 Fahrzeuge, wie Robert Thiele, Vorsitzender Heer beim Bundeswehrverband, betont. Neues Gerät ist im Verteidigungsministerium durchaus grob in Planung. Über 50 weitere Puma-Panzer sollen bei Rheinmetall und Krauss-Maffei-Wegmann geordert werden. So steht es zumindest im Rüstungsbericht. Nach den Pannen im Dezember, als 18 Schützenpanzer bei einer Übung ausfielen, hatte die ehemalige Ministerin Christine Lambrecht (SPD) diese Nachbeschaffung noch infrage gestellt. Doch mittlerweile gehen im politischen Berlin viele davon aus, dass die neuen Panzer – 17 Millionen Euro pro Fahrzeug – angeschafft werden sollen. Dem Sondervermögen sei Dank. Auch weil nach der ersten Aufregung klar wurde, dass der Ausfall mit Wartungs- und nicht mit Materialfehlern zu tun hatte. Sprich: die Bundeswehr selbst war Schuld, nicht der Hersteller. Nur regt sich aktuell nichts in Sachen Beschaffung, eine Vorlage für den Haushaltsausschuss lässt weiter auf sich warten. Er müsste die Bestellung freigeben. Nach Angaben mehrerer Bundestagspolitiker wird mit der Vorlage für die 50 neuen Puma-Panzer am 10. Mai gerechnet – sofern überhaupt eine kommt.

Wird das Verfahren von der Politik gebremst?

Das Verteidigungsministerium tritt derzeit auf die Bremse. Es ist noch nicht einmal klar, ob die neuen Panzer überhaupt kommen sollen. „Die Entscheidung zur Beschaffung des 2. Loses steht aus“, teilte ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion mit und meint damit zuvorderst die 50 Schützenpanzer. Wie unsere Redaktion erfuhr, soll vor allem die Fraktion der Grünen noch Nachbesserungen gefordert haben. Dort ist man derzeit nicht von der Einsatzfähigkeit der Pumas überzeugt. Selbst die FDP, die sich für das sogenannte 2. Los „so schnell wie möglich“ ausspricht, hat noch eine Anmerkung: „Die Industrie muss allerdings davor überzeugend sicherstellen, dass der Schützenpanzer dann auch gefechtstauglich ist“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher Alexander Müller unserer Redaktion.

Wie teuer werden die neuen Kampffahrzeuge?

Immerhin ein Sechstel der 100 Milliarden ist für die Landstreitkräfte vorgesehen. Davon müssen unter anderem aber auch die Nachrüstungen für die bereits vorhandenen Pumas bezahlt werden, ebenso neue Radpanzer. Welche Summe für die zweite Marge exakt veranschlagt wird, sagt das Ministerium nicht. Auch nicht, was an den Gerüchten dran ist, dass im Mai die Preisbindung der Hersteller für die Fahrzeuge ausläuft und sich der Stückpreis dann sogar verteuern könnte. Dann wäre auch aus ökonomischer Sicht noch mehr Eile geboten. Nach Informationen unserer Redaktion läuft die Preisbindung am 12. Mai aus.

Wie viele Panzer braucht die Bundeswehr?

Schon jetzt scheint klar, dass 50 neue Schützenpanzer gar nicht reichen, wenn der Puma seinen Vorgänger Marder wirklich vollumfänglich ersetzen soll: Zum jetzigen Stand bräuchte das Heer 111 zusätzliche Panzer. Sieben der neun vorgesehenen Einheiten, sogenannte Bataillone mit mehreren Hundert Soldaten, sollen künftig mit dem Schützenpanzer ausgestattet werden. Aus Heereskreisen ist die Erwartung von 50 Fahrzeugen pro Bataillon zu hören. Weitere 87 werden darüber hinaus außerhalb der Bataillone, etwa bei der Wehrtechnischen Schule, benötigt. Theoretisch hätte es sogar noch mehr Panzer gebraucht, doch das neue Zielbild des Heeres sieht für zwei Bataillone vor, für die schnellere Verlegbarkeit die Boxer-Radpanzer anzuschaffen. Von denen hat das Ministerium jüngst in Australien 100 Stück bestellt.


Kritik an Reformen

Die Beschaffung bei der Bundeswehr soll nach den Plänen von Verteidigungsminister Boris Pistorius beschleunigt werden. Statt aufwendiger Speziallösungen sollen künftig Rüstungsgüter von der Stange gekauft werden. Doch es regen sich Bedenken:

Der Bundestagsabgeordnete Ingo Gädechens (CDU) ist noch skeptisch, ob die Pläne sich umsetzen lassen. „Es wird vom Ministerium oft überschätzt, was auf dem Markt verfügbar ist“, erklärt er. Deutschland sei nicht das einzige Land, das aufrüstet. Gädechens sieht auch potenzielle rechtliche Probleme: „Die Ausschreibungsverfahren müssen trotzdem juristisch sauber stattfinden, sonst drohen Gerichtsverfahren“. Schließlich werden vorerst keine Gesetze geändert.

Auch bei der Linkspartei will man die Beschaffung reformieren, wie der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion Ali Al-Dailami betont. „Wir brauchen Mechanismen, die verhindern, dass Steuergelder in undurchsichtige schwarze Kanäle der Rüstungsindustrie fließen, wie es bei überteuerten Marinebeschaffungen über das Familienunternehmen Lürssen-Werft geschehen ist“, fordert er. (söbe)