Vor seinem Ruhestand will sich Claus Weselsky mit der Durchsetzung seiner Forderungen noch ein Denkmal setzen.
Kommentar zur StreikwelleWarum der Bahnstreik einfach übertrieben ist
Bahnfahrer stöhnen inzwischen, wenn der Name Claus Weselsky fällt. Wenn der Vorsitzende der Lokführer-Gewerkschaft GDL sich öffentlich zu Wort meldet, heißt das für sie in der Regel: Sie können ihre Reisepläne vorerst über Bord werfen. Denn dann geht in der Regel erstmal nichts mehr im Schienenverkehr Deutschlands.
Dass der Ausstand der Lokführer diesmal besonders konsequent ausfällt und mit harten Bandagen gekämpft wird, hat auch damit zu tun, dass Weselsky sich demnächst in den Ruhestand verabschieden wird. Vorher, soviel ist sicher, will er sich mit der Durchsetzung seiner Forderungen noch ein Denkmal setzen. Es dürfte ihm dabei ziemlich egal sein, dass er damit den allgemeinen Frust über die Bahn nur noch weiter verstärkt.
Inhaltlich hat das Zugpersonal durchaus Gründe, für ihre Interessen zu kämpfen. Viele arbeiten im Schichtdienst und sind aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens und der Personalnot am Limit. Ausschreitungen und Beschimpfungen gegen das Zugpersonal haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Und die schlechteren Arbeitsbedingungen helfen nicht dabei, das nötige neue Personal zu gewinnen.
Zurückweisung der Bahn ist kurzsichtig
Die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich ist deshalb durchaus nachvollziehbar. Nur wenn der Job wieder lukrativ wird, wollen ihn auch wieder mehr Leute machen und entlasten damit diejenigen, die bereits im Zug sind. Es ist deshalb kurzsichtig, wenn die Bahn in den aktuellen Verhandlungen Forderungen nach Arbeitsentlastung mit dem Verweis auf die aktuelle Personalnot zurückweist.
Wenn Weselsky es im aktuellen Arbeitskampf jedoch übertreibt, werden die Mitglieder seine Gewerkschaft noch lange nach seiner Zeit an der Spitze der GDL die Leidtragenden sein. Politische Forderungen, das Streikrecht einzuschränken, wenn es den Alltag der Menschen im Land über die Maßen auf den Kopf stellt, stehen schon länger im Raum.
Schon jetzt ist klar, dass es einen Kompromiss geben kann und wird. Die Bahn hat sich weder höheren Löhnen noch neuen Arbeitszeitmodellen grundsätzlich verweigert. Der harte Streik zum jetzigen Zeitpunkt ist deshalb übertrieben. Ein Ego-Trip von Weselsky. Bahn und GDL sollten so schnell wie möglich an den Verhandlungstisch zurückkehren.