Bei der zweiten Auflage der Brühl Open nahmen 250 Schachspieler teil, darunter auch einige Großmeister und chinesische Topspieler.
SchachturnierGroßmeister und internationale Topspieler traten beim Brühl Open an
Hin und wieder ein Räuspern oder ein unterdrücktes Hüsteln, ein vorsichtiges Stuhlrücken oder das Zischen beim Öffnen einer Sprudelflasche. Ansonsten: himmlische Ruhe. Obwohl sich an diesem Sonntagmorgen mehr als 250 Menschen zum gemeinsamen Denksport in der Mehrzweckhalle der Clemens-August-Schule versammelt haben, geht es so schweigsam zu wie im Speisesaal eines Trappistenklosters.
„So ist das beim Schach. In Brettnähe wird bei uns grundsätzlich nicht gesprochen. Aber wenn wir ein Stück zur Seite gehen, dürfen wir uns unterhalten. Aber bitte nur ganz leise“, flüstert Friedhelm Heuser dem Reporter ins Ohr. Das war offenbar schon zu viel: Prompt erntet der Vorsitzende des Brühler Schachklubs einen vorwurfsvollen Blick vom Hauptschiedsrichter, der mit einer unmissverständlichen Handbewegung zu erkennen gibt, dass sich die Labertaschen doch bitte noch ein Stück weiter vom Ort des Geschehens entfernen mögen.
Denn gleich soll es losgehen: Auf dem Spielplan steht die vierte von fünf Runden beim internationalen Brühl Open-Schachturnier, bei dem übrigens auch ein strenges Smartphone-Verbot für die Spieler herrscht. Denn bei anderen Turnieren wurden laut Heuser schon Leute erwischt, die sich auf der Toilette von ihrer Schach-App helfen lassen wollten. „Das sind aber absolute Ausnahmen. Fair geht vor. Diesen Computerprogrammen sind inzwischen allerdings auch die weltbesten Spieler nicht mehr gewachsen. Doch der eigentliche Reiz des Schachspiels ist und bleibt das geistige Kräftemessen zwischen zwei Menschen.“
Das Brühler Turnier hat eine kurze, aber erstaunliche Geschichte
Das Brühler Turnier hat erst eine kurze, aber erstaunliche Geschichte. „In der Corona-Zeit hat Schach einen gewissen Boom erlebt, weil man notfalls eben auch allein zu Hause gegen den Computer spielen kann. Als die Pandemie dann endlich überstanden war, haben wir uns gedacht, dass nun doch vielleicht genau der richtige Zeitpunkt für ein schönes neues Turnier von Mensch zu Mensch gekommen sein könnte“, berichtet Friedhelm Heuser, „und schon waren die internationalen Brühl Open geboren.“
Die Resonanz bei der Vorjahrespremiere übertraf mit mehr als 170 Anmeldungen alle Erwartungen. In diesem Jahr legten die Brühler sogar noch einmal zu. Gut 250 Spieler und ein knappes Dutzend Frauen trugen sich in die Startliste ein. Dabei waren neben vielen ambitionierten Freizeitstrategen auch vier Großmeister, sieben Internationale Meister und sieben Verbandsmeister.
Das macht Friedhelm Heuser schon stolz: „Der amtierende dänische Meister, mehrere starke Italiener und sogar drei chinesische Topspieler sind mit von der Partie. Unser Brühl Open ist praktisch aus dem Stand eines der größten Turniere in der Region geworden.“
Bei Heuser selbst hat sich übers lange Schach-Wochenende derweil kein Geringerer als der Großmeister und amtierende Deutsche Einzelmeister Vitaly Kunin einquartiert. „Man sagt ja, dass Schach-Spitzenspieler ziemlich exzentrische Typen mit allerlei Marotten seien. Aber der Vitaly ist privat ein ganz freundlicher, unkomplizierter Zeitgenosse“, berichtet der langjährige Vereinsvorsitzende über den Besucher, der gleich am Freitagabend gefordert wurde und erst nach sechs Stunden die ersten Punkte einfuhr.
Jeder Spieler hatte an drei Tagen fünf Partien zu absolvieren
Gespielt wurde in zwei Leistungsgruppen nach dem komplizierten Schweizer Turniersystem, bei dem jeder Spieler an drei Tagen fünf Partien zu absolvieren hat, bis der Gesamtsieger nach einer diffizilen Punkteberechnung ermittelt ist. Die letzte Runde dauerte bis zum späten Sonntagabend. Pure Freude am Spiel Wer den mit 1200 Euro dotierten Gesamtsieg einfahren konnte, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest, ist laut Heuser aber auch gar nicht so wichtig. „Unsere Preisgelder sind schon reizvoll, aber letztendlich doch nicht so hoch, dass die Topspieler nur des Geldes wegen kommen. Auch diesen Leute macht es einfach Spaß, an einem gut organisierten und gut besetzten Turnier teilzunehmen.“
Der Großteil der Akteure spiele ohnehin aus purer Freude am Schach. „Das Schöne an unserem Spiel ist, dass Schach ein Sport für alle Altersklassen ist. Vom Schüler bis zum Rentner ist alles dabei“, erklärt Friedhelm Heuser und deutet auf Brett 57, wo sich sein Vereinskamerad Ernst Lichtblau gerade mit einem etwa 60 Jahre jüngeren Kontrahenten misst: „Der Ernst ist inzwischen 90 Jahre alt und immer noch mit Riesenbegeisterung dabei. Schach kennt eben keine Grenzen.“