Im Selbstversuch ist Redakteur Dennis Vlaminck nach kurzer Zeit schachmatt. Der junge Nick macht keine Gefangenen auf dem Spielfeld.
Er lässt anderen wenig ChancenAchtjähriger ist Schachjugendmeister im Bezirk Rur-Erft
Autsch. Nach rund 50 Zügen sehe ich keine Chance mehr. Als Zeichen meiner Aufgabe lege ich den König aufs Feld. Mein Gegner hält mir freundlich seine Rechte zum Handschlag hin. „Du warst ne harte Nuss“, sagt er. „Hast echt lange durchgehalten.“ Oje, das Lob tut weh. Denn die Worte kommen aus dem Mund eines Achtjährigen – der Zweitklässler hat mir am Brett mit den 64 schwarzen und weißen Feldern tatsächlich nicht den Hauch einer Chance gelassen.
Aber Nick Commander ist nicht irgendein Achtjähriger. Der Kirchtroisdorfer ist frisch gekürter Schachjugendmeister im Bezirk Rur-Erft – Altersklasse bis 18 Jahre. Auch in seinem Klub, dem Schachverein Bedburg, lässt Nick sich von älteren und erfahrenen Spielern nichts vormachen. Sein Vater Tom, der immerhin schon seit mehr als zehn Jahren im Verein spielt, verliert meistens gegen sein „Söhnlein brillant“.
„Beim Blitzen habe ich keine Chance“, sagt Tom Commander. Blitzen – das ist Schach mit stark eingeschränkter Bedenkzeit. Seine Fähigkeit, auch unter großem Zeitdruck wenig Fehler in dem hochkomplexen Spiel zu machen, hat Nick auch bei den Bezirksmeisterschaften geholfen: Das Finale gegen den 14-jährigen Anian May vom TuS Strempt gewann er in drei Blitzschachpartien mit jeweils nur drei Minuten Bedenkzeit.
Eine normale Schachpartie zieht sich gern mal über Stunden. Schach hat längst nicht mehr das verstaubte Image von einst, auch dank Nicks großem Vorbild, Weltmeister Magnus Carlsen (32), der sich die Krone des Schachsports bereits im Alter von 23 Jahren erstmals aufsetzte. „Viele Schachspieler sind auch Youtuber“, sagt Nicks Vater Tom. „Das zieht viele junge Leute an.“
Schon mit vier Jahren hat Nick mit dem königlichen Spiel begonnen, ein Alter, in dem Gleichaltrige gerade mal Playmobil entdecken. „Es hat mir von Anfang an Spaß gemacht“, sagt der Schüler der Geschwister-Stern-Schule in Kirchherten.
Auf dem Weg zum Großmeister
„Kinder lernen durch Imitation“, sagt sein Vater Tom Commander. So habe sich sein Sohn immer mehr bei den erwachsenen Spielern im Verein abgeschaut, bis er sein Schachspiel auf ein für sein Alter ungewohnt hohes Niveau geschraubt hat. Was aber nicht heißt, dass der Grundschüler nichts anderes im Kopf hat. Eine Stunde spielt Nick zwar pro Tag mit Bauern, Türmen, Läufern, Springern, Damen und Königen, aber er tritt für die F-Jugend der Spielgemeinschaft Kirchherten-Kirchtroisdorf auch mit Freude gegen den Fußball.
Schach jedoch ist Nicks große Leidenschaft. „Ich will mal Großmeister werden“, sagt er selbstbewusst. Großmeister, das ist der höchste Titel, den der Weltschachverband an Turnierspieler vergibt. Bis dahin allerdings ist es noch ein weiter Weg. Die Deutsche Wertungszahl, die die Spielstärke eines Schachspielers bemisst, liegt bei Großmeistern gern um die 2600. Nicks DWZ beträgt derzeit etwa 1100.
Bis zum begehrten Titel wird er noch eine Menge Gegner matt setzen und Könige vom Brett fegen müssen. Autsch.