Die denkmalgeschützte Industrieanlage ist in schlechtem Zustand. Das Evangelische Krankenhaus will sie sanieren, hat aber auch weitere Pläne.
Erste AbholzungenSo sollen die Kalköfen Zillertal in Bergisch Gladbach gerettet werden
Ein Denkmal wird freigeschnitten: Die alten, verwitterten Kalköfen unterhalb des Evangelischen Krankenhauses (EVK) am Quirlsberg werden derzeit von Strauchwerk und Wurzeln befreit, die das Mauerwerk der alten Industrieanlage immer weiter zerstören.
„Es geht darum, die Substanz zu sichern“, erläuterte der Diplom-Ingenieur Dr. Ekkehard Kandler die jetzt angelaufenen Arbeiten neben dem Parkhaus des Krankenhauses, unweit der Hauptstraße. Kandler betreut das Projekt im Auftrag des EVK, das Eigentümer des Grundstücks und der insgesamt drei historischen Kalköfen ist.
Zwei von drei Kalköfen stehen unter Denkmalschutz
Zwei der Öfen stehen zwar seit 1991 unter Denkmalschutz, weil sie als beispielhaft für die Wirtschafts- und Stadtgeschichte gelten, sind aber bisher ungeschützt der Witterung ausgesetzt, seit hier Wagenhallen abgerissen wurden und die fast vergessenen Öfen bei dieser Gelegenheit plötzlich wieder zum Vorschein kamen. Außenmauern und das Gewölbe seien zum Teil stark geschädigt oder baufällig, berichtete Kandler, und müssten instandgesetzt werden.
Dieser Zustand hatte in der Vergangenheit immer wieder die Denkmalschützer auf den Plan gerufen: Schon 2015 wurden die Kalköfen Zillertal, benannt nach dem dort früher ansässigen Ausflugslokal gleichen Namens, vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz als bedrohtes Objekt zum Denkmal des Monats gekürt.
Typische Zeugnisse der Gladbacher Kalkindustrie
Für den Abbau und das Brennen von Kalkstein - neben der Papierindustrie und dem Erzbergbau das dritte traditionelle Gewerbe in der Stadt - seien die Öfen am Quirlsberg typische Zeugnisse, so die Begründung. Unmittelbar am Steinbruch gelegen, wurden die Öfen von oben befüllt und das Material durch einen kontrollierten Brennprozess in „gebrannten“ Kalk umgewandelt.
Der war ein begehrtes Material für die Herstellung von Mörtel, für Anstrich, Düngemittel und ab 1800 auch für die Chemie. Mit dem bergischen Kalkmörtel wurden die Schlösser in Bensberg, Brühl und Bonn-Poppelsdorf gebaut, so der Rheinische Verein für Denkmalpflege 2015.
Geschichtsverein wünscht sich einen Erlebnispfad Quirlsberg
Vor zwei Jahren dann ging der Bergische Geschichtsverein mit seiner Idee an die Öffentlichkeit, die Zeugnisse der Kalkindustrie samt Steinbruch gemeinsam mit den anderen stadtgeschichtlich relevanten Punkten am Quirlsberg wie Gnadenkirche, altem und neuen Friedhof gemeinsam konzeptionell zu entwickeln und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Dies eventuell in Form eines historischen Erlebnispfades. Denn bisher fristen die Kalköfen eher ein Hinterhofdasein und wenn man nicht weiß, dass sie sich hinter der Häuserzeile gegenüber vom Kulturhaus Zanders befinden, dann entdeckt man sie auch nicht.
Von 80 Öfen existieren nur noch die an der Grube Cox und am Quirlsberg
Von einst rund 80 Öfen in Gladbach seien nur noch die an der Grube Cox und am Quirlsberg erhalten, bedauerte Dr. Alexander Kierdorf vom Bergischen Geschichtsverein schon bei einer Besichtigung vor zwei Jahren. Wichtig sei die Sicherung der um 1890 stillgelegten Anlage in einem neuen Bebauungsplan.
Parallel zur Entfernung des Strauchwerks und der Entrümpelung der zugemüllten Gewölbe der Öfen, würden die nötigen Instandsetzungsarbeiten ausgeschrieben, kündigte Ekkehard Kandler gestern an: Mauer- und Fugenarbeiten zur Sicherung der Mauerkrone und der Wände.
Evangelisches Krankenhaus hat Bauabsichten im Zillertal
Die Arbeiten dienten der Rettung des Denkmals, so Kandler, und stünden in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit Bauabsichten des Evangelischen Krankenhauses im „Zillertal“. Im August waren Pläne des EVK für ein Rehazentrum samt Parkhaus vorgestellt worden. Nach der Sicherung der Kalköfen, so Kandler weiter, sei der zweite Schritt, wie man sie künftig präsentieren könne.
Lothar Eschbach, Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins, zeigte sich zufrieden darüber, dass man erkannt habe, dass die Kalköfen Schaden nähmen, wenn man nicht tätig werde. Die Denkmalschützer hoffen, dass die nun durchgeführten Arbeiten der Auftakt für ein darüber hinausgehendes Gestaltungskonzept des gesamten Bereichs sind und schlagen zu diesem Zweck einen Runden Tisch mit allen Beteiligten vor.