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„Sie haben sich verrannt!“Werden die Bauernproteste von Rechtsextremen unterwandert?

Lesezeit 3 Minuten
Bauern protestieren auf einer Brücke über der Autobahn A23. Der Bauernverband hat zu einer Protestwoche aufgerufen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) kritisiert die Pläne.

Bauern protestieren auf einer Brücke über der Autobahn A23. Der Bauernverband hat zu einer Protestwoche aufgerufen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) kritisiert die Pläne.

Christian Lindner kritisiert die Protestpläne der Landwirte und warnt vor einer Instrumentalisierung. Auch die Behörden sind alarmiert.

Obwohl die Bundesregierung die geplanten Kürzungen im Agrarbereich weitgehend zurückgenommen hat, bereiten Bauern gemeinsam mit dem Transportsektor massive bundesweite Proteste ab Montag vor. Polizei und Behörden rechnen mit starken Verkehrsbeeinträchtigungen, Mecklenburg-Vorpommern setzte deshalb das Sonntagsfahrverbot für Fernfahrer aus.

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Protestpläne am Samstag als „unverhältnismäßig“. Proteste müssten immer „verhältnismäßig im Rahmen unserer demokratischen Ordnung“ sein, sagte er am Samstag beim Dreikönigstreffen seiner Partei in Stuttgart.

Lindner kritisiert Bauernproteste: „Sie haben sich verrannt!“

Die angekündigten bundesweiten Blockadeaktionen in der kommenden Woche seien dies jedoch nicht. Lindner richtete einen Appell an die Landwirte: „Lassen Sie sich nicht unterwandern und instrumentalisieren. Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um.“

Außerdem warnte der FDP-Chef vor Grenzüberschreitungen wie bei einer Blockadeaktion gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag in Schleswig-Holstein. Protestierende hatten den Grünen am Verlassen einer Fähre gehindert. Dies sei eine „gefährliche Situation“ und „völlig inakzeptabel“ gewesen, sagte Lindner.

Union unterstützt Bauernprotest – aber kritisiert Übergriff auf Habeck

Die Unionsparteien unterstützen hingegen die Bauernproteste. Friedrich Merz meldete sich am Samstag zu Wort. Der CDU-Chef hat die Landwirte dazu aufgerufen, bei ihren Protesten friedlich zu bleiben und sich nicht instrumentalisieren zu lassen. Übergriffe wie auf Habeck seien eine Straftat, so Merz. Markus Söder erklärte am Samstag bei der Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im Kloster Seeon unterdessen, die CSU lehne Radikalität ab.

Bei der versuchten Stürmung der Fähre Habecks handele sich um eine „Entgleisung, die unmöglich ist, die so nicht stattfinden darf“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Die Landwirte brauchen Unterstützung“, erklärte CSU-Chef Söder unterdessen, die Blockadeaktion gegen Habeck kommentierte er nicht direkt. Bundesbehörden befürchten derweil eine Radikalisierung und Unterwanderung der Proteste.

Bundesbehörden kritisieren Landwirte: „Schießen weit über das Ziel hinaus“

Polizeibehörden bundesweit erwarten Straßenblockaden und andere Aktionen mit Treckern und anderem landwirtschaftlichem Gerät. Das Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern rechnet mit Problemen „an den meisten Autobahnauffahrten“. „Zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung“ erlaubte die Behörde deshalb ausnahmsweise den Warenferntransport am Sonntag.

Die Polizeigewerkschaft in Bayern befürchtet eine Überlastung der Polizei und kritisierte die Landwirte. „Viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar“, erklärte der Polizeigewerkschafter Thorsten Grimm.

Bauernverband ruft trotz Zugeständnissen drohender Unterwanderung zu Protestwoche auf

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat zu einer Woche bundesweiter Protestaktionen gegen die Politik der Bundesregierung aufgerufen. Entzündet hatte sich die Wut der Landwirte an geplanten Kürzungen der Subventionen für die Branche im Zuge der Haushaltskrise. Angesichts der seit Dezember anhaltenden Proteste kassierte die Bundesregierung die Pläne aber mittlerweile weitgehend ein.

Der DBV hielt dennoch an seinen Plänen fest. Auch in Köln und der Region werden massive Verkehrsbeeinträchtigungen zu Wochenbeginn wegen der Proteste erwartet. Vertreter der Bauernverbände hatten sich wiederholt von Gewalt und extremistischem Vorgehen distanziert.

Sicherheitsbehörden verzeichneten zuletzt dennoch diverse Mobilisierungsaufrufe und Solidaritätsbekundungen von Rechtsextremisten, Gruppierungen der Neuen Rechten und der Querdenker-Szene. Bei Protestaktionen waren vereinzelt rechtsextreme Symbole zu sehen. Das Bundeskriminalamt registrierte laut einem Bericht der „Welt am Sonntag“ etwa Aufrufe zu einem „Generalstreik“ und „Umsturzrandale“ am 8. Januar. (das/dpa/afp)