Pflege, Einsamkeit und der Schwerbehindertenausweis: Viele Anrufe bei der Telefonaktion der Rundschau-Altenhilfe für Senioren.
Telefonaktion der RundschauAnspruch auf Beratung hat jeder
Manchmal kommt selbst der erfahrenste Seniorenberater an seine Grenzen. „Die Frage habe ich in 25 Jahren Tätigkeit noch nicht gehört“, sagt Stephan Hauser. Eine Frau aus dem Oberbergischen sucht eine Gruppenreise – aber sie will den Hund mitnehmen. Ihr Mann ist seit zwei Jahren tot, der Hund ihr ein und alles. Stephan Hauser, Seniorenberater der Caritas für Köln-Kalk und Köln-Mülheim, sucht im Internet. Er findet nur Anbieter, die sich solch eine Reise teuer bezahlen lassen. Und Geld hat die Anruferin keines.
Dieser Fall ist die Ausnahme. Den meisten, die sich bei der Telefonaktion der Rundschau-Altenhilfe zum Thema „Wo finde ich Hilfe“ melden, können die Fachleute aus der Seniorenarbeit helfen – indem sie zuhören, eine Antwort wissen oder zumindest den Hinweis geben, welches Beratungsangebot geeignet ist.
Die Pflegeberatung ist es, die heute oft ins Gespräch gebracht wird. Zum Beispiel bei der Frau aus Troisdorf, die selbst Pflegegrad 3 hat, einen Mann mit Pflegegrad 2, und jetzt noch die Pflege des Sohnes übernehmen will. Der liegt gerade mit einem schweren Herzinfarkt im Krankenhaus. „Es hört sich danach an, dass Sie ganz viel Hilfe brauchen“, sagt Elisabeth Igelmund-Schmidt. Die Seniorenberaterin von PariSozial gibt der besorgten Mutter die Telefonnummer und auch die Sprechzeiten der Senioren- und Pflegeberatung in Troisdorf durch. Und rät ihr dringend, sich dort Unterstützung zu holen.
Bei Gregor Pischke, Seniorenberater der Johanniter-Unfall-Hilfe, kommt eine Frage nach einem Kurzzeitpflegeplatz: „Bekomme ich den sofort?“ Nein, davon kann man nicht ausgehen, erklärt er. „Aber man kann auch Glück haben“, wissen seine Kollegen am Tisch im großen Konferenzraum. Iris Dockter-Kausen von der Wohnberatung wohn mobil, die kurzfristig für den erkrankten Niklas Tönnihsen eingesprungen ist, schaut für eine Anruferin auf dem Internetportal www.heimfinder.nrw.de nach einem Heimplatz für den Vater. Die 43-Jährige wohnt in Bergisch Gladbach und fährt drei bis vier Mal in der Woche nach Düsseldorf, um sich zu kümmern. Der Vater steht seit anderthalb Jahren auf mehreren Wartelisten von Heimen – bisher ohne Aussicht auf ein Zimmer. „Bei Heimfinder können Sie immer wieder nachsehen - aber wenn was frei ist, müssen Sie schnell sein.“ Heute ist nichts dabei.
Lange spricht Dockter-Kausen mit einem Mann aus Marienheide. Auch hier spielt die Sorge um den Hund eine Rolle. Der 74-Jährige klagt, er sei allein, habe nichts und niemanden, auch keine Kontakte im Ort oder der Nachbarschaft. Wer könne ihm denn helfen, wenn er ins Krankenhaus müsse, und sich um den Hund kümmern? Außerdem kommt er nicht mehr alleine in die Badewanne, braucht einen Pflegegrad und eine Wohnraumanpassung. Aber das Armband mit dem Notfallknopf trägt er nicht immer. „Das sollten Sie aber tun, gerade wenn Sie niemanden haben, der regelmäßig nach Ihnen sieht“, sagt die Seniorenberaterin. Doch, einen Nachbarn gebe es immerhin. Dem schreibe er jeden Abend eine What’s-App-Nachricht.
Einsamkeit war das Thema vieler Anrufe. Ein 76-Jähriger hatte die Meldung zur Telefonaktion auf der Titelseite der Rundschau gesehen und sofort zum Hörer gegriffen. Seine Frau ist gestorben; er selbst kann nicht mehr weit gehen. Annette Offermann von Kölsch Hätz kann direkt weiterhelfen: „Er wohnt in Zollstock, da sind wir auch – den nehme ich jetzt einfach dazu.“
Kölsch Hätz vermittelt Besuchspartnerschaften. Jetzt wird Annette Offermann einen Freiwilligen suchen, der zu dem Anrufer passt. Vielleicht muss der sich aber auch erst noch melden bei Kölsch Hätz: „Gerade in Zollstock suchen wir noch Ehrenamtliche.“
Bei Stephan Hauser fragt ein 77-Jähriger aus Kall in der Eifel, ob er wohl Anspruch auf Wohngeld habe. Ein paar Nachfragen und Berechnungen später rät er dem Anrufer, auf jeden Fall einen Antrag zu stellen. „Das ist für mich ein wichtiger Teil unserer Arbeit - den Mut zu machen, Anträge zu stellen.“
Einem Kölner mit einer Schwerbehinderung von 20 Prozent, der diesen Grad gerne erhöht haben möchte, rät Annette Offermann, sich einen Termin bei der Seniorenberatung zu holen: „Die machen auch Hausbesuche.“ Zum Beispiel bei eingeschränkter Mobilität. „Jeder hat einen Anspruch auf Beratung“, erklärt Elisabeth Igelmund-Schmidt, „das kann ja nicht daran scheitern, dass jemand nicht mobil ist“. Gregor Pischke findet die Hausbesuche noch aus einem anderen Grund wichtig: „So sieht man mehr von den Lebensumständen und bekommt viel eher mit, welche Hilfe noch gebraucht wird.“
Er hat jetzt einen Mann aus Zülpich am Ohr. Der 90-Jährige erzählt ihm ausführlich, wie er einst als Unternehmer Insolvenz anmelden musste, was ihn bis heute verfolgt. Gregor Pischke hat Verständnis. „Da bedauert jemand die nicht gewürdigte Lebenszeit“, sagt er anschließend. Tun kann er eigentlich nichts für den Mann. Doch der verabschiedet sich mit: „Vielen Dank, dass Sie sich das angehört haben.“