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Rundschau-AltenhilfeSo reagieren Sie richtig bei einem Schockanruf

Lesezeit 3 Minuten
Eine ältere Frau telefoniert mit einem schnurlosen Festnetztelefon.

Niemand ist davor sicher: Mit Schockanrufen wollen Verbrecher an das Geld ihrer Opfer kommen.

Die Altenhilfe-Telefonaktion hat gezeigt: Schockanrufe bewegen viele alte Menschen. Hier einige Tipps, wie sie sich schützen können.

Catrin Wagner fuhr auf dem Fahrrad, als ihr Handy klingelte. „Hallo, hier ist Stefan, ich habe Mist gebaut“, sagte eine Männerstimme, als sie angehalten und abgenommen hatte. Zum Glück war ihr sofort klar, dass hier etwas nicht stimmen konnte: „Ich kenne ja gar keinen Stefan.“ Aber was, wenn sie zufällig doch einen im Bekanntenkreis gehabt hätte?

Schockanrufe oder andere Betrügereien am Telefon trieben einige der Anrufer bei der Altenhilfe-Telefonaktion Anfang November um. Anlass genug, bei einer Expertin nachzufragen. Catrin Wagner macht mit ihrer Firma millimetertraining unter anderem Sicherheitstraining für Senioren und spricht mit ihnen in den Kursen auch über solche Anrufe.

Deren Name ist Programm: Die Täter wollen den Menschen am Telefon schocken, damit die nicht mehr klar denken und auf ihre Masche hereinfallen. „Typisch ist, dass sie sofort mit der Tür ins Haus fallen und dann sehr schnell nach Geld fragen“, sagt Catrin Wagner. „Ich habe einen Unfall gebaut, kannst du die Kaution bezahlen“, zum Beispiel. „Perfide“, nennt Wagner das. Mit der Schilderung „ganz traumatischer Situationen“ wird der Angerufene in einen Stresszustand versetzt, der ihn handlungsunfähig macht.

Und das kann auch Leuten passieren, die sich eigentlich mit dem Thema auskennen. Wie dem Polizisten im Ruhestand, der eigens in eines von Catrin Wagners Seminare kam, um von seinen Erfahrungen zu berichten. Bei ihm setzten die Verbrecher noch einen drauf, weil sie ihn nach dem Tod seiner Frau, also in Trauer, erwischten. Angeblich hatte seine Tocher einen Unfall und brauchte Geld. Er ging los und versuchte, 50 000 Euro bei verschiedenen Sparkassenfilialen abzuheben — bis eine Mitarbeiterin stutzig wurde und ihn ansprach. Da merkte er erst, auf welchen Trick er hineingefallen war.

Todesanzeigen durchzusehen und die Trauernden gezielt anzurufen, ist eine besonders gemeine Variante des Schockanrufes. Aber bei den meisten Anrufen, so Wagners Erfahrung, haben die Betrüger die Opfer vorher nicht ausspioniert. „Das sind Callcenter, die rufen mehrere Tausend Menschen an. Und ein gewisser Prozentsatz von ihnen kennt eben einen Stefan.“ Oder die Anrufer finden durch eine gezielte Fragetechnik sehr schnell heraus, wie die Tochter, der Enkel oder die Freundin wirklich heißen.

Deshalb ist auch ein Rat der Polizei, sich gar nicht erst auf ein Gespräch einzulassen. Catrin Wagner gibt zusätzlich den Tipp, sich einen Warnhinweis am Telefon aufzuhängen: „Achtung: Schockanruf!“ auf einem kleinen Zettel. Wenn dann der Anruf mit einer Hiobsbotschaft kommt, sich nicht unter Druck setzen lassen. Erstmal sagen, „ich lege jetzt auf und rufe dich zurück“. Und das dann auch tun. Oder: eine Rückfrage stellen. „Bist du gerade in Hamburg?“, wenn man genau weiß, dass derjenige, den man angeblich am Telefon hat, in München ist.

Besonders schwer ist solch ein überlegtes Handeln, wenn eine weinerliche Stimme um Hilfe fleht und der Vater darin seine Tochter zu erkennen glaubt. Doch auch das sei Zufall, so Catrin Wagner: „Sie können sich Beispiele solcher Anrufe auf der Internet-Seite der Polizei anhören — die klingen alle gleich.“ Der unter Stress stehende Angehörige interpretiert aber die bekannte Stimme hinein.

Wagner findet Aufklärung wichtig: Eine Forderung nach Kaution oder Lösegeld sollte immer auf Skepsis stoßen. „Die Polizei ruft niemals an und fragt nach Geld“, sagt sie. Sie verlangt auch kein Geld von Verursachern eines Unfalls.

Wer Zweifel hat, dass es bei einem Anruf mit rechten Dingen zugeht, darf natürlich auch einfach auflegen. Das hat auch Catrin Wagner gemacht. „Stefan“ rief sie tatsächlich noch einmal an. „Aber da bin ich dann nicht mehr drangegangen.“