Trotz steigender Zinsen sind Verbraucher ihrem Geldinstitut oft lange treu – Schuld sind mehrere Vorurteile. Wir räumen damit auf.
Schluss mit MythenWie einfach es wirklich ist, das Bank-Konto zu wechseln
Sie kann die Kontogebühren erhöhen, Leistungen kürzen, kompliziertes Online-Banking anbieten, in Finanzskandale verwickelt sein – und trotzdem bleibt die einmal gewählte Bank meistens doch die Bank des Vertrauens. Ein Phänomen?
Eher nicht. Auch jetzt, wo die Zinsen wieder steigen und trotzdem vor allem viele Regionalbanken und Sparkassen diese nicht an ihre Kunden weitergeben, zögern viele Sparer damit, ihre Hausbank zu wechseln. „Einfach, weil man schon immer Kunde war oder auch weil der Berater vor Ort zum Kunden eine gute Beziehung pflegt und dadurch einen Vertrauensvorschuss hat“, sagt David Riechmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Viele möchten auch einfach nichts falsch machen und keine unnötigen Risiken eingehen – schon gar nicht beim Thema Geld. Was ist dran? Ein Überblick über häufige Vorurteile und Irrtümer, die Sparern den Wechsel ihres Kontos unnötig erschweren:
1. „Das Konto zu wechseln ist sehr aufwendig“
„Das Konto ist Mittelpunkt des Lebens“, sagt Riechmann. „Dort gehen Gelder wie Rente, Gehalt, Sozialhilfe ein und Beträge etwa für Miete, Strom und Telefon ab.“ Daueraufträge und Lastschriften müssten also auf ein neues Konto umgestellt werden. Entsprechend scheuten viele den Aufwand eines Bankwechsels sowie Papierberge und Komplikationen. „Dabei ist der Wechsel selber nicht so grauenhaft, wie viele denken“, sagt Riechmann. Auch, weil es eine gesetzliche Kontowechselhilfe gibt. Das heißt: Sparkassen, Volksbanken, Geschäftsbanken und auch reine Onlinebanken müssen beim Wechsel helfen und untereinander zusammenarbeiten. Die Kunden können den Wechsel komplett von der neuen Bank aus steuern, indem sie dort ein Konto eröffnen und das Institut ermächtigen, beim Kontowechsel zu helfen. Das funktioniert per Formular in der Filiale oder per Online-Banking-Portal. Anschließend leiten die Banken dann untereinander in die Wege, dass Daueraufträge und Lastschriftmandate von der alten Bank auf die neue mit umziehen. Das alte Institut muss die Informationen innerhalb von fünf Werktagen zur neuen Bank schicken, die wiederum in weiteren fünf Tagen alles eingerichtet haben muss. Für den Service können allerdings Kosten entstehen.
2. „Onlinebanken sind unseriös“
Viele Banken zahlen inzwischen höhere Zinsen auf Tages- und Festgeldkonten. Dabei schneiden Direktbanken in der Regel besser ab als regionale Kreditinstitute, die ihren Sparern häufig noch immer keine oder kaum Zinsen zahlen. Dennoch zögern viele, ein Tages- oder Festgeldkonto bei einer Onlinebank zu eröffnen. „Viele Verbraucher schätzen einfach noch den persönlichen Kontakt“, sagt Verbraucherschützer Riechmann. Vor allem, wenn Fehler unterlaufen, suchen Sparer schnell den direkten Weg in die Filiale.
„Gerade Kundengruppen, die sich digital nicht so sicher füllen, schätzen dies. Wobei wir auch immer mehr feststellen müssen, dass bei Filialbanken mittlerweile nicht mehr jede Dienstleistung vor Ort erbracht wird, sondern in Fachbereichen, die man dann auch nur postalisch erreichen kann.“ Für unseriös hält der Verbraucherschützer die Digitalbanken nicht, „aber bei manchen haben wir viele Beschwerden über die schlechte Erreichbarkeit des Kundensupports“.
3. „Ein paar Prozent Zinsen lohnen keinen Wechsel“
„Die Entscheidung liegt final sicherlich in der Differenz der laufenden Verzinsung und der Höhe des Geldes auf dem Konto“, sagt Nicolas Pilz von der Societas Vermögensverwaltung. „Zahlt die Hausbank gar nichts auf dem Girokonto und man hat zum Beispiel dauerhaft einen Sockelbetrag von 50000 Euro auf dem Konto, dann kann ein Wechsel zu einer Bank, die dauerhaft zwei Prozent Zinsen bezahlt, schon mal 1000 Euro brutto im Jahr betragen.“ Anwalt und Verbraucherschützer Riechmann empfiehlt Sparern bei den Angeboten allerdings genau hinzuschauen, wie lange diese gelten. Zwar machten auch ein paar Prozentpunkte über die Zeit eine stattliche Summe, „häufig können es aber auch befristete Lockangebote sein, die vielleicht gar nicht so viel besser sind als die Konditionen bisher“.
4. „Viele Konten sind nicht gut für den Schufa-Eintrag“
Prinzipiell können Verbraucher unbegrenzt viele Girokonten eröffnen, wenn da nicht der Schufa-Score wäre, der die Kreditwürdigkeit einer Person anzeigt. Es gilt: Mehrere Konten können diesen verschlechtern – das gilt aber nur für Giro- und nicht für Tagesgeldkonten, wo sich meist nur Geld parken und auf ein anderes Konto verschieben lässt. „Solange die Konten nur zur Anlage verwendet werden und nicht jedes Konto überzogen wird, sollte dies jedoch für Kunden nicht wirklich relevant sein“, sagt Vermögensverwalter Pilz. „Bei der Schufa kommt es immer auf mehrere Faktoren an. Zieht man ständig um, hat fünf Konten, die alle regelmäßig überzogen werden und dazu noch einige Kreditkarten, dann sieht der Score schlecht aus. Hat man aber andersrum fünf Konten und dort jeweils 50000 Euro im Tagesgeld, so wird der Schufa-Score sicherlich nicht spürbar negativ beeinflusst.“
Generelle Faktoren, die einen Wechsel des Geldinstituts nahelegen könnten, sind laut Verbraucherschützer Riechmann Filialschließungen, der Rückbau von Geldautomaten oder die nächste Gebührenerhöhung. „Aber auch andere Faktoren spielen mittlerweile eine Rolle, zum Beispiel wenn die Bank unzulässige Gebühren nicht erstattet oder Sparverträge kündigt. Aber auch die aktuelle Zinswende sollte ein Anlass sein“, sagt der Experte.