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Idee aus NRWWie ein „Reparaturbonus“ beim Vermeiden von Elektroschrott helfen könnte

Lesezeit 4 Minuten
An einem Kaffee-Vollautomaten in einer Reparaturwerkstatt werden elektronische Messgrößen ermittelt.

An einem Kaffee-Vollautomaten in einer Reparaturwerkstatt werden elektronische Messgrößen ermittelt.

Die SPD im NRW-Landtag hat eine Idee, die die Reparatur von gebrauchten Elektrogeräten aus Verbrauchersicht attraktiver machen könnte.

In den kommenden zwei Jahren müssen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) das „Recht auf Reparatur“ von Elektrogeräten einführen. Ob das zu einer Erfolgsgeschichte wird, ist ungewiss. Denn bisher landen Geräte wie zum Beispiel Spülmaschinen, Rasenmäher, Toaster und Smartphones oft auf dem Müll, weil sich die Instandsetzung wirtschaftlich nicht lohnt. Die SPD im NRW-Landtag hat nun eine Idee, die die Reparatur von gebrauchten Elektrogeräten aus Verbrauchersicht attraktiver machen könnte: den „Reparaturbonus“.

Diese Erfahrung machen viele Bürgerinnen und Bürger: Die Waschmaschine ist nach ein paar Jahren kaputt. Eine neue würde 500 Euro kosten, die Reparatur 300 Euro. Vor diese Wahl gestellt, entscheiden sich viele Betroffene lieber für ein neues Gerät, vermutet SPD-Landtagsfraktionsvize Alexander Vogt. Was aber wäre, wenn der Staat die Hälfte dieser Kosten übernähme? Dann würde die Reparatur aus Verbrauchersicht nur noch 150 Euro kosten. Das Ja zur Reparatur fiele dann leichter.

Reparaturbonus in Thüringen bereits Realität

Dieser „Reparaturbonus“ ist kein Hirngespinst, sondern heute schon mancherorts Realität, allerdings nicht in NRW. In Thüringen sollen mit diesem Bonus über drei Jahre bis zu 15.000 Elektrogeräte vor der Verschrottung bewahrt worden sein, rechnet Alexander Vogt – selbst ein gelernter Elektroinstallateur – vor. In Sachsen seien nach einem halben Jahr „Reparaturbonus“ mehr als 45 Tonnen Elektroschrott eingespart worden. Auch Österreich und Frankreich unterstützten ihre Bürgerinnen und Bürger finanziell, wenn sie ihre alten Geräte länger nutzen wollen. Einzelne Städte, zum Beispiel Bielefeld, bezuschussten Reparaturen zu 50 Prozent und mit bis zu 150 Euro.

Etwa zehn Millionen Euro im Jahr würde ein „Reparaturbonus“ das Land NRW kosten, sagt Vogt. Grundlage für diese Kalkulation sind die Erfahrungen mit den Bonusprogrammen in Thüringen und Sachsen. 50 Prozent der Reparaturkosten könnte das Land NRW übernehmen, die Höchstgrenze solle bei 200 Euro liegen. Der NRW-Zuschuss soll nach den Vorstellungen der SPD unbürokratisch über ein Online-Portal beantragt, ausgestellt und ausgezahlt werden können - für Menschen ohne Internetzugang auch über ein Papierformular. Handwerksbetriebe, Reparaturwerkstätten und örtliche „Reparatur-Cafés“ könnten sich als Partnerbetriebe für den Bonus im Online-Portal einschreiben und ihre Angebote auflisten, so die Idee.

Nachhaltig und gut fürs Handwerk

„Die Reparatur von Elektrogeräten spart Ressourcen und Geld, schafft Arbeitsplätze, stärkt das Handwerk, vermeidet Abfall und schützt die Umwelt“, sagt der Landtagsabgeordnete Vogt. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert schon lange einen „Reparaturbonus“, allerdings nicht nur auf Landes-, sondern auf Bundesebene. „Dort, wo es ihn schon gibt, ist der Reparaturbonus sehr erfolgreich und zudem ausgesprochen wirkungsvoll“, meint der Verband.

Die Idee, in NRW einen „Reparaturbonus“ einzuführen, knüpft an einen im Frühjahr getroffenen Beschluss des Europaparlaments zum „Recht auf Reparatur“ an. Die neuen Vorschriften sollen dafür sorgen, dass die Hersteller künftig rechtzeitig und kostengünstig Reparaturen durchführen und die Verbraucher über ihr Recht auf Reparatur informieren. Dieses Recht greift unter Umständen auch nach der zweijährigen Garantie. Die Hersteller müssen außerdem über einen längeren Zeitraum Ersatzteile zur Verfügung stellen, selbst dann, wenn das Produkt nicht mehr verkauft wird. Die EU-Staaten müssen diese Vorschriften bis zum 31. Juli 2026 in nationales Recht umsetzen.

Laut der EU-Kommission werden in den EU-Mitgliedsstaaten jedes Jahr 35 Millionen Tonnen an „vermeidbarem Elektroschrott“ produziert. Das entspreche 2,8 Millionen Lastwagen-Ladungen und verursache fast doppelt so viele Treibhausgase wie die deutschen Braunkohlekraftwerke. Der überwiegende Teil der Altgeräte stamme aus Privathaushalten. In Deutschland fallen nach Berechnungen des „Global E-Wast-Monitors“ jährlich etwa 20 Kilo Elektroschrott pro Einwohner an.


Hintergrund: Bonustaugliche Geräte

Die SPD-Landtagsfraktion schlägt folgende Geräte für einen „Reparaturbonus NRW“ vor: Haushaltsgeräte (zum Beispiel Kühlschrank, Spülmaschine, Kaffeemaschine, Küchenmaschine, Staubsauger), elektrische Gartengeräte und Werkzeuge (zum Beispiel Rasenmäher, Bohrmaschine), Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (zum Beispiel Fernseher, Spielekonsole, Laptop, Telefon, Smartphone) und Klimageräte (zum Beispiel Wärmepumpe und Klimaanlage).

Die NRW-Landesregierung kündigte am Dienstag an, den Übergang zu einer „umweltverträglichen Kreislaufwirtschaft“ beschleunigen zu wollen. Das Ziel sei, „die wirtschaftliche Entwicklung von der Ressourceninanspruchnahme zu entkoppeln, unter dem Strich sogar möglichst zu einer Ressourceneinsparung zu kommen.“