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Keine 1000 Meter Abstand mehrWie die Windkraft in NRW ausgebaut werden soll

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Bergheim: Windräder stehen auf einer Anhöhe. Im Hintergrund sind die Braunkohlekraftwerke Niederaußem und Neurath zu sehen.

Bergheim: Windräder stehen auf einer Anhöhe. Im Hintergrund die Braunkohlekraftwerke Niederaußem und Neurath

Grünen-Ministerin Mona Neubaur kippt die 1000-Meter-Abstandsregel und genehmigt Anlagen im Wald. Über die Lockerung von Natur- und Anwohnerschutz war noch im Frühjahr heftig gestritten worden.

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) hat erste konkrete Maßnahmen für einen massiven Ausbau der Windkraft an Rhein und Ruhr noch in diesem Jahr angekündigt. Vor der parlamentarischen Weihnachtspause werde sie einen Erlass herausgeben, „der ermöglicht, dass wir im ersten Schritt die pauschale 1000-Meter-Abstandsregel beim Repowering wegnehmen“, kündigte Neubaur vor Journalisten in Düsseldorf an.

Damit könnten auf bisherigen Windkraft-Standorten leistungsfähigere und höhe Anlagen errichtet werden, die weniger als 1000 Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernt stehen. Außerdem werde man mit dem Erlass für Windkraft im Wald die „Flächenausweisung auf Kalamitäts- und Nadelholzflächen ermöglichen“, bekräftigte die grüne Vize-Regierungschefin.

Mitten in Wäldern, die von Dürre und Sturm geschädigt sind, könnten somit schneller Windräder aufgestellt werden. Auch Photovoltaik-Anlagen auf großen Freiflächen sollen durch den Erlass leichter genehmigt werden können.

Veränderte Debattenlage durch den Ukraine-Krieg

Über die Lockerung von Natur- und Anwohnerschutz war noch im NRW-Landtagswahlkampf im Frühjahr heftig gestritten worden. Mit Ausbruch der Energiekrise in Folge des Ukraine-Krieges sieht Neubaur aber eine veränderte Debattenlage: „Es gibt den Wunsch des Ausbaus von Erneuerbaren Energien, es gibt den Wunsch, die Verfahren zu beschleunigen.“

Neubaurs Erlass soll allerdings nur ein erster Schritt sein. Parallel arbeitet die schwarz-grüne Landesregierung bereits an einem neuen Landesentwicklungsplan (LEP). Nordrhein-Westfalen will das erste Bundesland sein, das 1,8 Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen „rechtssicher“ zur Verfügung stellt. Dafür soll bis Mai 2024 der LEP verändert werden und große Vorrangflächen für Windkraftanlagen gerecht über das Land verteilen.

Aktuell sind zwar bereits 1,2 Prozent der Landesfläche theoretisch für Windräder nutzbar, doch entsprechen diese Gebiete längst nicht alle den aktuellen Anforderungen an Windkraft-Standorte. Derzeit untersucht das Landesumweltamt (Lanuv) potenzielle Flächen in NRW und wird dazu im kommenden Jahr sechs Planungsregionen für eine Konzentration von Windrädern vorschlagen.

Wüst freut sich über schnellere Planung

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte zu Wochenbeginn die neuen bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen begrüßt: „Die Auswirkungen eines Projektes auf den Artenschutz wird auf die gesamte Population betrachtet, nicht auf das einzelne Exemplar. Das heißt, dass die eine Haselmaus nicht den ganzen Windpark verhindern kann“, sagte Wüst im Gespräch mit dem dem „Westfälischen Anzeiger“. Eine vergleichbare Planungsbeschleunigung wünsche er sich auch für andere Infrastrukturprojekte.

CDU und Grüne hatten einander in ihrem Koalitionsvertrag vom Mai „mindestens 1000 zusätzliche Windenergie-Anlagen“ bis zum Jahr 2027 versprochen. Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) kritisiert jedoch bereits jetzt ein Vollzugsdefizit. Bis Mitte November habe der Netto-Zubau der neuen Koalition landesweit lediglich 59 Anlagen umfasst. Für die selbstgesteckten Ziele und die energiepolitischen Notwendigkeiten sei das viel zu wenig.