Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Westspiel-PrivatisierungJetzt geht es um die Zukunft der Casinos in NRW

Lesezeit 5 Minuten
Casino

So sollte das geplante Casino in Köln aussehen. Mittlerweile ist der Entwurf überarbeitet und der Standort unklar.

Düsseldorf – Jetzt kommen die Karten auf den Tisch. In der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses will die Landesregierung am Dienstag in Düsseldorf den Grundstein für die Privatisierung der Westspiel GmbH legen.

Was plant die schwarz-gelbe Koalition?

Die Landesregierung hat ein Ziel: Gewinn machen, indem weitere Verluste vermieden werden. Die geplante Privatisierung der Westspiel-Gruppe ist für die schwarz-gelbe Koalition kein Glücksspiel, sondern ein Ass im Ärmel. Die landeseigene Gesellschaft, die in NRW vier Spielbanken betreibt und ein fünftes Casino in Köln bauen möchte, macht seit Jahren Verluste in Millionenhöhe.

Wie rot sind die Zahlen?

Westspiel habe seine Ziele bei mehreren Kennzahlen 2016 nicht erreichen können, heißt es im Geschäftsbericht des Unternehmens. Der Jahresabschluss für 2017 liegt noch nicht vor. Deutliche Rückgänge von 2,4 Prozent gab es etwa bei den Besucherzahlen.

Mit einem leichten Plus um ein Prozent auf 80,4 Millionen Euro sei auch die Entwicklung der Bruttospieleinnahmen hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Die Bruttospieleinnahmen errechnen sich aus den Spieleinsätzen abzüglich der an die Spieler ausgezahlten Gewinne. Unterm Strich stand 2016 ein Minus von 2,9 Millionen Euro für die Spielbanken in Nordrhein-Westfalen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wie hoch war die Spielbankabgabe?

Dem Minus von 2,9 Millionen Euro standen 2016 abgeführte Spielbankabgaben an die öffentliche Hand von 39,7 Millionen Euro gegenüber, von denen auch die jeweiligen Kommunen profitieren konnten.

Andreas Elbracht von Verdi, der auch im Aufsichtsrat der Westspiel GmbH sitzt, stellt die Höhe der Spielbankabgabe, die der Stiftung Wohlfahrtspflege zugutekommt, zur Debatte: „Da muss nachjustiert werden.“

Die Spielbankabgabe beträgt in NRW 30 Prozent und erhöht sich für Bruttospielerträge, die je Spielbank 15 Millionen Euro übersteigen, um weitere zehn Prozent der Bruttospielerträge.

Welche Interessenten gibt es?

Bei der Frage nach einem potenziellen Käufer der Westspiel-Gruppe fällt immer wieder ein Name: der, der Gauselmann-Gruppe.

Mario Hoffmeister, Leiter des Zentralbereichs Kommunikation der Unternehmensgruppe, berichtet: „Natürlich haben wir ein grundsätzliches Interesse an der Übernahme. Wenn das Thema werden sollte, hören wir uns das gerne an und entscheiden, ob es eine lohnenswerte Investition sein könnte.“ Es müsse aber, so Hoffmeister, eine Perspektive geben, Gewinne an den Standorten zu machen: „Dazu müssen die Rahmenbedingungen stimmen und Details bekannt sein.“ Dass das Unternehmen Glücksspiel könne, habe es an den Standorten in Magdeburg und Leuna-Günthersdorf (beide Sachsen-Anhalt) bewiesen.

Neu ist das Interesse der Gauselmann-Gruppe nicht, die nach eigenen Angaben rund 330 Spielhallen in Deutschland und 360 im Ausland sowie Casinos neben den beiden in Sachsen-Anhalt auch noch in Berlin und auf Kreuzfahrtschiffen betreibt. Bereits vor zwei Jahren hatte das Unternehmen seinen Hut in den Ring geworfen, als der damalige NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) versucht hatte, die Westspiel-Gruppe zu privatisieren. Duins Plan scheiterte an Widerständen innerhalb der damaligen Regierung. 

„Kein Verstoß gegen das Kartellrecht“

„Ich sehe auf den ersten Blick keinen Verstoß gegen das Kartellrecht, sollte die Westspiel GmbH komplett in eine private Hand gegeben und nicht per Losvergabe aufgesplittet werden“, berichtet ein auf Vergaberecht spezialisierter Anwalt, der aus geschäftspolitischen Gründen nicht namentlich genannt werden möchte.

Es habe bereits in der Vergangenheit Privatisierungen gegeben, beispielsweise bei der Bundesdruckerei, die ebenfalls nicht an mehrere Interessenten vergeben worden seien. Entsprechend sei die Aussage von NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) zu werten, dass Westspiel als Ganzes verkauft werden soll.

Das widerspricht aber der Regel, dass es aus Wettbewerbsgründen möglichst viele Anbieter geben sollte. „Eigentlich soll eine einheitliche Leistung nicht mehr als Block vergeben werden“, so der Anwalt. Im Falle von Westspiel sei es zwar denkbar, dass bei einer Privatisierung die Standorte Duisburg, Dortmund, Bad Oeynhausen und Aachen sowie das geplante Casino in Köln jeweils an einen Interessenten zugelost werden. „Es gibt aber faktische Gründe, die die rechtlichen ausstechen. So ist es für die Mitarbeiter doch besser, ihre Verträge wechseln im Falle eines Verkaufs komplett zum neuen Eigentümer als an verschiedene Unternehmen aufgeteilt zu werden.“ (tom) 

Fallen Arbeitsstellen weg?

Das befürchtet Andreas Elbracht von Verdi. Der Arbeitnehmervertreter, der im Aufsichtsrat der Westspiel-GmbH sitzt, sagt: „Egal, wer der künftige Betreiber ist, das Personal wird schrumpfen.“ So seien die Arbeitsplätze in der Unternehmenszentrale der Westspiel GmbH seiner Meinung nach „massiv gefährdet“, wenn die Gauselmann-Gruppe den Zuschlag erhalten würde, da diese sicherlich auf ihre eigenen Mitarbeiter setzen werde.

Konkret wird Gauselmann-Sprecher Hoffmeister zwar nicht, doch er verweist auf die beiden Vorzeige-Casinos des Unternehmens. „Die Spielbanken in Magdeburg und Leuna-Günthersdorf gelten als die modernsten in Europa“, berichtet er.

Teil des Konzepts sei das sogenannte Ticketing, das Menschen an den Casino-Kassen überflüssig mache. Beim Ticketing wird das Bargeld direkt am Roulette-, Poker- oder Black-Jack-Tisch oder an einem Automaten gegen Chips getauscht. Nach dem Spiel können die Chips mit einem Barcode auf dem Ticket am Automaten wieder in Bargeld getauscht werden. Nach einem Jackpot dürfte das für die mehr als 1000 Westspiel-Mitarbeiter nicht klingen.

Standort Köln bleibt bestehen

Was sagt die Regierung?

NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper lässt sich nicht in die Karten schauen, nannte im Kabinett aber politische Voraussetzungen für einen möglichen Deal: Die Westspiel-Gesellschaft solle „als Ganzes“ verkauft werden. Gleichzeitig soll die staatliche Aufsicht über die Spielbanken bei einer Privatisierung gestärkt werden. Es soll auch künftig niemand einfach so ein Casino aufmachen können. Es geht nur um die bestehenden Lizenzen plus Köln“, heißt es aus Kreisen des Finanzministeriums.

Was wird aus dem geplanten fünften Standort in Köln?

An dem will die Landesregierung festhalten. Die Landesregierung hatte Köln 2013 ausgewählt, – auch Münster, Düsseldorf, Neuss und Königswinter hatten Interesse bekundet. Allerdings gebe es noch keine neuen Entwicklungen bei der Suche nach einem Standort. Noch sei kein Grundstück angekauft. Ursprünglich war das Casino am Ottoplatz in Deutz vorgesehen. Dort drohen aber Probleme mit dem Untergrund. „Der Standort Köln würde bei unserem Interesse an einer Übernahme der Westspiel GmbH eine entscheidende Rolle spielen“, so Gauselmann-Sprecher Hoffmeister.

Wie ist die Situation in anderen Bundesländern?

In Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, sind die Spielbankkonzession nach dem deutschem Glücksspielrecht in privater Hand. Abgesehen von Rheinland-Pfalz (Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG / Spielbank Mainz GmbH & Co. KG mit je drei Standorten) werden die Casinos nur von einer Gesellschaft betrieben.