Verantwortlich für Monsanto-DealVerlängerung mit Bayer-Vorstand stößt auf Erstaunen
Leverkusen – Die Entscheidung traf an einigen Stellen auf Unverständnis: Obwohl die Glyphosat-Klagen noch immer nicht erledigt sind, hat der Bayer-Aufsichtsrat den Vertrag von Konzern-Chef Werner Baumann verlängert – einstimmig, wie Bayer erklärte. Baumann bleibt nun bis zum 30. April 2024 Vorstandsvorsitzender des Leverkusener Dax-Konzerns, wie die Rundschau am Freitag berichtete.
Die frühzeitige Verlängerung ist nicht selbstverständlich. Schließlich ist die Übernahme des US-Konzerns Monsanto Baumanns Kind. Und bis heute ist die Klagewelle rund um den Unkrautvernichter von Monsanto nicht beigelegt, der Aktienkurs hat sich seit Baumanns Amtsantritt im Mai 2016 halbiert.
Nur um drei Jahre verlängert
Allerdings wird Baumanns Vertrag, der zur Hauptversammlung 2021 ausgelaufen wäre, nur um drei statt der maximal möglichen vier Jahre verlängert. „Ich freue mich, dass der Aufsichtsrat meinem Wunsch entsprochen hat und damit meiner persönlichen Lebensplanung entgegenkommt“, erklärte der 57-Jährige.
Ingo Speich, Fondsmanager bei der Deka, zeigte sich verwundert: „Der Zeitpunkt der Vertragsverlängerung ist überraschend“, sagte er unserer Redaktion. „Bisher konnte keine signifikante Rechtsstreitigkeit beigelegt werden. Die Rechtsrisiken bestehen weiterhin und belasten den Aktienkurs.“ Auch ein Aktienhändler reagierte erstaunt und verwies auf den Ärger, den Bayer sich mit Monsanto eingefangen hat. Die Bayer-Aktie legte am Freitag dennoch leicht zu auf 56 Euro.
Wie wird mit künftigen Klagen umgegangen?
Der US-Bundesrichter Vince Chhabria hatte den im Juni mühsam ausgehandelten Vergleich mit Zehntausenden Klägern, die Glyphosat für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen, gekippt. Bayer musste daraufhin nachsitzen und erklärte nun, man habe das Konzept zur Beilegung möglicher künftiger Ansprüche mit den Klägeranwälten überarbeitet. „Die Details werden in den kommenden Wochen finalisiert“, so Bayer. Strittig war bis zuletzt der Umgang mit künftigen Klagen. Bayer will zehn Milliarden Dollar zahlen, um sich mit 125000 Klägern zu verständigen. Der neue Aufsichtsrats-Chef, Norbert Winkeljohann, lobte Baumann dennoch für seine strategische Stärke und die „robuste operative Performance“ von Bayer. Er forderte aber auch Erfolge bei der Lösung der Glyphosatkrise: „Wir erwarten, dass der Rechtskomplex Glyphosat in einer für das Unternehmen zufriedenstellenden Weise gehandhabt wird, die so strukturiert ist, dass mögliche künftige Fälle effizient geregelt werden können.“
Auch die Arbeitnehmer stimmten für Baumanns Vertragsverlängerung. Betriebsrats-Chef Oliver Zühlke lobte: „Wir schätzen seine Verbindlichkeit sowie sein offenes Ohr für die Belange der Belegschaft.“ Doch wer beerbt den Krefelder, wenn er 2024 abtritt? Sollte es eine interne Lösung geben, gilt Liam Condon als Favorit. Der 52-jährige Ire, der Deutsch, Gälisch, Französisch, Japanisch und Mandarin spricht, ist Chef der Agrochemiesparte und Bayer-Vorstand. Zusammen mit Baumann focht er den Monsanto-Deal durch.
Geht die Rechnung nach Beendigung der Klagen auf, ist er ein strahlender Sieger. Bei der Belegschaft genießt er hohes Ansehen.
Als Langstreckenläufer ist Condon bei Rennen im Rheinland gerne am Start. Doch wenn sich der Monsanto-Deal am Ende als Fehler für den Konzern herausstellt, könnte es auch eine externe Lösung geben. Das ist selten bei Bayer, aber durchaus möglich: Baumanns Vorgänger Marijn Dekkers kam vom US-Konzern Thermo Fisher. Die nächsten drei Jahre will Baumann nun nutzen, um zu zeigen, dass sein großer Monsanto-Plan für den Traditionskonzern doch noch aufgeht.