Die Verbraucher würden mehr Geld für Reisen ausgeben und für das Essen auf den Terrassen der Restaurants. Es gebe offenbar noch Nachholbedarf nach den Corona-Jahren.
„Sommerwetter ist kein Möbelwetter“Umsatz der Möbelindustrie stark gesunken – Branche sieht Talsohle erreicht
„Sommerwetter ist kein Möbelwetter“, sagte Jan Kurth, Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie, am Mittwoch in Köln. Da teilte er mit, dass die Möbelindustrie in den ersten sechs Monaten des Jahres 9,7 Prozent weniger Umsatz gemacht hat. Die Verbraucher würden mehr Geld für Reisen ausgeben und für das Essen auf den Terrassen der Restaurants. Es gebe offenbar noch Nachholbedarf nach den Corona-Jahren. In denen hatte die Möbelindustrie profitiert, weil Geld in die eigenen vier Wände gesteckt wurde.
Stockender Wohnungsneubau, Kaufzurückhaltung der Verbraucher wegen Verunsicherung aufgrund des Zustands der Ampel-Regierung hätten ein Übriges dazu beigetragen, dass die Möbelindustrie im ersten Halbjahr gerade einmal 8,35 Milliarden Euro umgesetzt habe. Zweistellig war das Minus im zweitgrößten Segment der Wohn-, Ess- und Schlafzimmermöbel sowie bei Kleinmöbeln oder Polstermöbeln. 9,8 Prozent betrug das Minus bei Küchenmöbeln, dem größten Segment mit einem Umsatz von 2,94 Milliarden. „Dabei gab es keine Preiseffekte“, so Kurth. Im Vergleich zum Sommer 2023 hätten sich Möbel nicht verteuert.
Möbel im Wert von 2,77 Milliarden Euro exportiert
Im Inland betrug der Umsatz 5,58 Milliarden. Deutsche Hersteller haben laut Kurth einen Marktanteil von etwas über 50 Prozent. Eingeführt wurden Möbel im Wert von 4,8 Milliarden, ein Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die wichtigsten Lieferländer waren Polen und China mit 1,43 und 1,36 Milliarden. Geliefert werde überwiegend preisgünstige Ware, vor allem aus China.
Exportiert wurden Möbel im Wert von 2,77 Milliarden, ein Minus von 10,9 Prozent. Hauptabnehmer sind die Nachbarländer, angeführt von Frankreich, der Schweiz, Österreich und den Niederlanden. Hier gebe es eine ähnliche Kaufzurückhaltung wie in Deutschland. Polens Wirtschaft wachse dagegen mit Raten von etwa drei Prozent. Es gebe auch Einkommenszuwächse, so dass sich die Menschen zunehmend Möbel aus dem mittleren Preissegment kaufen würden. Davon habe die deutsche Möbelindustrie profitiert, die die Ausfuhren nach Polen um über 20 Prozent steigern konnte.
Schwächer war auch der Auftragseingang in den ersten sechs Monaten. Im Juli war das Minus aber laut Kurth schon nicht mehr ganz so hoch.
Ausgelastet ist die Branche derzeit nicht. Die Quote liege zwischen 80 und 90 Prozent, so Kurth. Nach wie vor nutze die Industrie Kurzarbeit. 38 Prozent der 420 Unternehmen der Branche nutzten das Instrument im laufenden Monat. Im Juni waren es noch 49 Prozent. Kurth führt das auf die Befristung der Kurzarbeit auf zwölf Monate zurück und nicht auf eine Belebung.
„Die Branche versucht mit allen Mitteln, Ihre Fachkräfte zu halten“, sagte Kurth. Bei wieder anziehender Konjunktur würden die dringend gebraucht. Dabei war die Zahl der Mitarbeitenden im abgelaufen Jahr in den damals noch 431 Betrieben mit über 50 Beschäftigten bereits auf 75 300 (2022: 78 304) gesunken. Die Branche baut – gefördert durch das Land NRW – auch gerade eine Lehrfabrik in Ostwestfalen für 25 Millionen, um die Fachkräfte von morgen hier aus- und weiterzubilden. Im November soll sie eröffnet werden.
Dass die Konjunktur wieder anzieht, davon zeigt sich Kurth überzeugt. Ohnehin sei die zweite Jahreshälfte für die Branche die bessere. „Die Talsohle ist durchschritten“, so Kurth. Im Herbst gebe es wieder ein stabileres Geschäft für die Branche, ohne dass das schwache erste Halbjahr kompensiert werde. Kurth rechnet mit einem Umsatzminus im Gesamtjahr zwischen sieben und neun Prozent. Der Umsatz werde dann bei etwa 16,4 Milliarden liegen — so niedrig wie im Jahr 2014. Danach wurde die Marke von 17 Milliarden regelmäßig übertroffen, 2022 wurde gar ein Umsatz von 18,79 Milliarden erreicht.
Die imm
Messen sind für das Auslandsgeschäft der Branche ausgesprochen wichtig. Neben der Teilnahme an Auslandsmessen, auch mit Gemeinschaftsständen, setzt die Branche auf die Kölner Messe imm. Die findet vom 12. bis zum 16. Januar statt. Belegt werden sieben Hallen, eine weniger als im Vorjahr, so Matthias Pollmann, Geschäftsbereichsleiter der Kölner Messe. Zur Zahl der Aussteller konnte er noch nichts sagen. Messestände würden immer später gebucht. Auch verkleinerten die Aussteller ihre Stände. (raz)