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Trockenheit am RheinWie Rheinschiffer sich um die niedrigen Pegel sorgen

Lesezeit 4 Minuten
Trockener Rhein bei Köln

Der Rhein bei Köln am 3. August 2022 

Köln – Weit ragen Sandbänke in die Flüsse. Die lange Trockenheit hat den Wasserstand sinken lassen. In Köln lag der Pegel des Rheins am Mittag noch bei 102 Zentimeter, in Kaub waren es 61 Zentimeter. Tendenz sinkend. Am Samstag sollen es nach Prognosen der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) noch 47 Zentimeter in Kaub sein (siehe Kasten).

Der Pegelstand könnte im Verlauf von weiteren sieben Tagen auf 40 Zentimeter sinken. Er könnte aber auch wieder auf etwa 60 Zentimeter steigen. Denn kräftige Gewitter könnten den Rhein wieder füllen. Doch die sind schwer vorherzusagen. Und deshalb wird die Bandbreite eines möglichen Pegelstands größer, je weiter die Prognose in die Zukunft schaut.

Schiffe transportieren weniger Ladung

Kaub ist das Nadelöhr im Rhein. Wenn Schiffe wenig Wasser unter dem Kiel haben, dann hier. Das hat Folgen. Zum Kölner Logistiker Hafen und Güterverkehr Köln (HGK) kommt regelmäßig ein mit Salz beladenes Schiff aus Heilbronn. Im August 2018, als der Rhein mit einem Stand von 25 Zentimetern bei Kaub und 67 Zentimetern in Köln besonders wenig Wasser führte, hatte es noch 300 Tonnen geladen, so Sprecher Christian Lorenz. Am 1. August bei einem Pegel von etwas über einem Meter in Köln hatte das Schiff noch knapp 900 Tonnen Salz an Bord, möglich wären bis zu 2100 Tonnen.

Der Rhein bei Düssldorf

Der Rhein bei Düsseldorf 

Weniger laden, diese Strategie fahren alle Schiffer. Sie sind schließlich dafür verantwortlich, dass sie ihre Ladung sicher ans Ziel bringen. Wegen Niedrigwasser gesperrt wird der Rhein für die Schifffahrt nicht. Die Fracht muss also auf mehr Schiffe verteilt werden. Einfach ist das nicht. Seit Wochen sinken die Wasserstände bereits. Das habe bei einer insgesamt sehr hohen Auslastung in der Binnenschifffahrt zur Folge, dass der Schiffsraum zunehmend knapp werde, so der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB). Dabei sind die Logistikketten derzeit ohnehin schon angespannt.

Nicht nur in Osterspai bei der Loreley ragen Sandbänke derzeit bis weit in den Rhein hinein.

Weil die Güterschifffahrt beim Transport von Kohle, Getreide, Futtermitteln, Baustoffen, Mineralöl, Containern und weiteren Rohstoffen, etwa für die Chemie- und Stahlindustrie, zu den systemrelevanten Größen im Transport- und Logistiksektor gehört, fordert sie die Beseitigung der seit Jahrzehnten bekannten Engstellen und eine Vertiefung der Fahrrinne am Mittelrhein.

Das kann dauern. So müssen sich die Schiffer, die bei Niedrigwasser Zuschläge für die Transporte erhalten, behelfen. Wer mehrere Standorte hat, in denen etwa Schrott gelagert wird, kann mit geringerer Ladung im südlichen Rhein starten und unterwegs zuladen, um Kunden die gewünschte Menge zu liefern.

Pegel und Wassertiefe

Wasserstände werden mit einem Pegel ermittelt. Dazu kann eine Messlatte genutzt werden, aber auch ein Schwimmpegel. Der Wert dient vor allem zum Vergleich von Wasserständen. Über die tatsächliche Wassertiefe in einem Fluss sagt der Wert nichts aus. Deshalb wäre es gar keine gute Idee, beim Pegelstand von 25 Zentimetern, wie es ihn im Sommer 2018 bei Kaub gab, mit Gummistiefeln durch den Rhein zu gehen.

In der Fahrrinne sind Flüsse tiefer. Kapitäne ermitteln, wie tief das Wasser dort ist. Dazu dient ein Bezugswert, der so genannte gleichwertige Wasserstand (GIW), der auch Ablagerungen durch Erosion in der Fahrrinne berücksichtigt. Für Kaub und Koblenz beträgt dieser Wert 78. Pegelstand minus GIW plus 2,10 Meter ergibt die garantierte Wassertiefe. Die betrüge selbst beim Pegelstand null noch 134 Zentimeter. (raz)

Auch Zug oder LKW könnten Transporte erledigen, wenn sie denn zur Verfügung stehen. Innerhalb weniger Stunden geht das auch bei Rheincargo nicht, so Lorenz. Vor zehn Jahren als Gemeinschaftsunternehmen der HGK und der „Neuss Düsseldorfer Häfen“ gegründet, betreibt sie neben sechs Rheinhäfen auch eine Güterbahn. Das Angebot von unterschiedlichen Verkehrsträgern sieht Rheincargo als Stärke.

Die HGK-Shipping, die innerhalb der HGK-Gruppe 350 Binnenschiffe betreibt, hat bereits seit 2017 niedrigwasserfähige Schiffstypen entwickelt. Die „Gas 94“ kann laut dem Unternehmen auch bei einem Pegel von 30 Zentimetern in Kaub noch 200 Tonnen verflüssigte Gase transportieren. Dafür sorgen optimierte Auftriebseigenschaften des Schiffskörpers durch eine ausgefeilte Anordnung von Komponenten wie Ladungsbehälter und die Antriebstechnologie. Der 110 Meter lange Gastanker ist mit 12,5 Metern zudem breiter als die üblichen Schiffe der Flotte.

Die neue „Synthese 18“ für den Transport chemischer Flüssigkeiten kann bei einem Pegel von 30 Zentimetern in Kaub noch 500 Tonnen zuladen. Maximal möglich sind 2700 Tonnen. Fünf weitere derartige Gastankschiffe will HGK-Shipping noch in Dienst stellen. Auch die BASF setzt auf derartige Schiffe.