TierwohlAldi verbannt Trinkmilch aus Anbindehaltung aus Regalen

Kühe stehen angeleint im Stall. Aldi will Milch aus Anbindehaltung bis 2030 aus den Regalen verbannen – mit Ausnahmen.
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Köln – Das Wettrennen der großen deutschen Handelskonzerne um die besten Tierwohlprodukte in den Regalen geht weiter. Nach Fleischprodukten ist nun Milch an der Reihe: Wenige Tage nach der Ankündigung von Edeka und Netto bei der Trinkmilch künftig nur noch Milch von Kühen zu verkaufen, die nicht das ganze Jahr angebunden im Stall stehen, zieht nun Discounter Aldi nach und setzt sogar noch einen oben drauf.
Bis 2030: Aldi will Trinkmilch-Sortiment auf Haltungsformen drei und vier umstellen
In einer gemeinsamen Mitteilung von Aldi Nord und Süd heißt es, das Trinkmilch-Sortiment solle bis 2030 auf die Haltungsformen drei und vier umgestellt werden. Das bedeutet: Aldi will künftig nicht nur keine Milch mehr von Kühen aus sogenannter ganzjähriger Anbindehaltung (Haltungsform 1) verkaufen. Auch soll bis 2030 solche Milch aus den Regalen fliegen, bei der die Tiere nur im Winter im Stall angebunden sind und die Sommermonate auf der Weide verbringen dürfen. Im Stall selbst müssen die Bauern den einzelnen Tieren zudem mehr Platz einräumen.
Bereits bis 2024 will der Discounter auf Milch verzichten, bei deren Herstellung nur die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Tierhaltung erfüllt werden – also auf Trinkmilch der Haltungsformstufe 1.
Die Änderung beziehen sich allein auf Trinkmilch der jeweiligen Eigenmarken. Für Produkte namhafter Molkereien gilt die Umstellung nicht. Ebenso wenig für Käse- oder Joghurt-Produkte und Schokolade.
Ampel-Koalition will Anbindehaltung bei Rindern abschaffen
Anbindehaltung von Rindern ist schon lange umstritten. Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampelregierung darauf verständigt, die Haltungsform abzuschaffen, bei der Rinder entweder ganzjährig oder zumindest über kältere Monate angebunden im Stall stehen. Als Zeitfenster für den Ausstieg sind zehn Jahre angegeben.
Die Haltungsform ist vor allem in Süddeutschland verbreitet, wo Betriebe mit Milchvieh im Schnitt deutlich kleiner sind als etwa im Norden. Viele Weidetiere kommen aber immerhin über die Sommermonate auf die Alm. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in München werden in Bayern noch in jedem zweiten Betrieb Kühe angebunden.
Der Deutsche Bauernverband betonte, die Milchviehhalter seien bereit, sich neuen Erwartungen ans Tierwohl zu stellen. Der Vize-Präsident des Verbandes, Karsten Schmal, forderte aber, dass bei der Umstellung Rücksicht auf die Möglichkeiten der Bauern genommen werde und auch die höheren Kosten gedeckt würden. Den Milchviehhaltern mit ganzjähriger Anbindehaltung eine kurzfristige Auslistung anzudrohen, sei nicht der richtige Weg. „Damit werden vor allem kleinere Familienbetriebe ins Aus gedrängt“, warnte er. Auch wenn diese Haltungsform kein Zukunftsmodell sei, bestehe keine realistische Möglichkeit, innerhalb weniger Monate auf andere Haltungssysteme umzustellen.
Anbindehaltung noch in 13 Prozent deutscher Landwirtschaftsbetriebe
Etwa 87 Prozent aller Milchkühe in Deutschland werden nach Angaben des Bundesinformationszentrums in offenen Laufställen gehalten. Aber auch die Anbindehaltung, die in früheren Zeiten die Regel war, gibt es heute noch in rund 13 Prozent der Betriebe. Nur knapp 31 Prozent der deutschen Milchkühe haben im Schnitt etwa sechs Monate pro Jahr Weidegang.
Mit der Ankündigung der Handelskonzerne dürfte sich der Druck auf solche Tierhalter erhöhen. Schon jetzt gibt es Molkereien, die für entsprechende Milch weniger zahlen. Die Absatzmöglichkeiten werden nun wohl noch geringer. (dpa)