WeltpremiereSchweizer Firma stellt in Jülich Solarsprit her

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Solartum und Spiegelfeld sind das Herz der Anlage von Synhelion in Jülich

Wie Sonnenschirme sehen die Spiegel im Solarfeld im Brainergy Park in Jülich aus. Demnächst folgen sie der Sonne und lenken deren Strahlen auf den Solarturm. Bis zu 1500 Grad Hitze entstehen so. 

20 Meter über ein Spiegelfeld erhebt sich ein Solarturm im Brainergy Park in Jülich. In der Dawn genannten Anlage des Unternehmens Synhelion sollen jetzt die ersten synthetischen Treibstoffe mit Solarwärme industriell produziert werden. Die sind nahezu CO2-neutral, da sie bei der Verbrennung nur so viel CO2 ausstoßen, wie für ihre Herstellung verwendet wurde. Als „historischen Tag“ und „Wendepunkt für nachhaltige Mobilität“ bezeichnete Philipp Furler, Chef und Mitgründer von Synhelion die Einweihung der Anlage am Donnerstag.

Auch Hartmut Höppner, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, das den Aufbau der Anlage mit 3,9 Millionen Euro gefördert hat, traut den Verfahren einiges zu. „Das Potenzial von erneuerbaren, synthetischen Kraftstoffen ist riesig. Um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen, brauchen wir Alternativen zu fossilen Treibstoffen“, so Höppner in seiner Festansprache. Für Heike Birlenbach, Chief Commercial Officer bei Swiss International Air Lines ist der großflächige Einsatz von nachhaltigen Flugkraftstoffen einer der wichtigsten Maßnahmen, um die CO2-Ziele im Luftverkehr zu erreichen. Swiss hat nicht nur in Synhelion investiert, die Lufthansatochter wird den Treibstoff auch abnehmen.

Synthesegas aus Wasser und Kohlenstoff

Aus Wasser und Kohlenstoff wird ein Synthesegas hergestellt. Das besteht aus Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid. Als Kohlenstoffquelle verwendet werden Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan. Das kommt aus einer Biogasanlage, die mit Abfallprodukten aus der Papierherstellung gefüttert wird. Die Umwandlung der Stoffe erfordert viel Energie, die aus erneuerbaren Quellen stammen muss.

Synhelion nutzt Solarenergie, nachdem es dem Unternehmen zuerst gelungen ist, mit konzentrierter Sonnenstrahlung Prozesswärme von 1500 Grad zu erzeugen. Die nutzt Synhelion in Jülich, um im Reformierungsreaktor das Synthesegas zu erzeugen. Das ersetzt fossiles Erdöl und wird in einer norddeutschen Raffinerie weiterverarbeitet. So entsteht Solarkerosin, das in konventionellen Turbinen verbrannt werden kann, oder solares Benzin oder solarer Diesel.

Demonstrationsanlage soll in diesem Jahr in Betrieb gehen

Die Demonstrationsanlage zeigt die ganze Technologiekette. Sie besteht aus dem Solarturm und einem Heliostatenfeld mit einer Spiegelfläche von 1500 Quadratmetern. Die Steuerungstechnik des Feldes, bei dem die Spiegel der Sonne folgen, wurde von Synhelion entwickelt. 19 Patente hat das Unternehmen. Im Solarturm befinden sich ein Solarstrahlungsempfänger, ein thermochemischer Reaktor und ein Energiespeicher, der einen Betrieb rund um die Uhr ermöglicht. Diese Teile wurden ebenfalls von Synhelion entwickelt. Die Anlage soll in diesem Jahr in Betrieb gehen und dann einmal mehrere Tausend Liter Treibstoff pro Jahr produzieren. Sie dient als Modell für künftige, kommerzielle Anlagen.

Synhelion wurde 2016 als Spin-off der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) gegründet. 2019 konnte das Unternehmen erstmals in einer Mini-Raffinerie auf dem Dach der ETH Zürich zeigen, dass sich der Herstellungsprozess ausschließlich mit Solarwärme antreiben lässt. Mit der Herstellung von solarem Synthesegas im industriellen Maßstab 2022 in Jülich gelang der letzte große technische Meilenstein. Da benutzte Synhelion noch Solarturm und Spiegelfeld der DLR. Heute hat das Unternehmen 50 Mitarbeitende.

Kommerzielle Anlage soll bis 2027 in Spanien entstehen

2027 ist die Inbetriebnahme der ersten kommerziellen Produktionsanlage im sonnenreichen Spanien geplant. Hier können nach den Plänen pro Jahr 1000 Tonnen Treibstoff hergestellt werden. So soll der Preis deutlich sinken. Durch einen globalen Rollout der Technik ab 2033 soll eine Produktionskapazität von einer Millionen Tonnen Solartreibstoff pro Jahr erreicht werden. Das ist grob knapp ein Zehntel des deutschen Kerosinverbrauchs. Dabei strebt Synhelion Produktionskosten von einem Euro pro Liter an.

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