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Neuer VersicherungsrieseGothaer und Barmenia unterzeichnen Fusion

Lesezeit 4 Minuten
Die Vorstände der Barmenia und der Gothaer, Dr. Andreas Eurich und Oliver Schoeller bei der Unterzeichnung der Fusionsverträge für die künftige Holding.

Die Vorstände der Barmenia und der Gothaer, Dr. Andreas Eurich und Oliver Schoeller bei der Unterzeichnung der Fusionsverträge für die künftige Holding.

Mit gemeinsamen Beitragseinnahmen von rund 8 Milliarden Euro rückt die "BarmeniaGothaer" an Platz 10 deutschen Versicherer. Die Fusion des Kölner mit dem Wuppertaler Unternehmen ist jetzt vertraglich besiegelt.

„Besser. Gemeinsam.“ Diese zwei Worte geben die Marschrichtung für den Zusammenschluss der Versicherungsgesellschaften Gothaer und Barmenia vor. Am Donnerstag kamen die beiden Traditionsunternehmen aus Köln und Wuppertal der seit dem vergangenen Jahr geplanten Fusion einen großen Schritt näher: Die Mitgliedervertreterversammlungen beider Versicherungsvereine stimmten den Fusionsverträgen zu. Gestern unterzeichneten die Vorstände Oliver Schoeller für die Gothaer und Andreas Eurich für die Barmenia die Fusionsverträge. Die Aufsichtsräte der beiden Versicherungsvereine hatten schon im Vorfeld grünes Licht gegeben.

Es fehlt noch die Genehmigung der Fusion durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). „Wir hoffen, dass diese im Laufe des Augusts erteilt wird“, so Gothaer-Konzernchef Schoeller. Sobald diese Genehmigung vorliegt, soll die Eintragung in die Handelsregister beantragt werden. Das Closing, der Vollzug des Zusammenschlusses, könnte dann im September erfolgen, weniger als ein Jahr nach der Ankündigung der Pläne.

Barmenia.Gothaer rückt an Nr. 10 vor

Die zukünftige Holdinggesellschaft soll den Namen Barmenia.Gothaer Finanzholding AG tragen und in Köln angesiedelt sein. „Wir haben es alphabetisch gemacht“, so Martina Faßbender, Sprecherin der Kölner Gothaer. Auch wenn die Gothaer nach Beitragseinnahmen die größere der beiden Versicherungen ist.

Die Gothaer soll laut Vertragswerk 64 Prozent der Anteile halten, die Barmenia 36 Prozent. Dennoch schreibt das Vertragswerk Parität vor: „Eines der grundlegenden Gestaltungsprinzipien bei diesem Zusammenschluss ist für uns, dass alles auf Augenhöhe geschieht. Daher haben wir in der Satzung verankert, dass trotz der unterschiedlichen Anteile alle wichtigen Entscheidungen nur einstimmig getroffen werden können. Ebenso wichtig ist uns die Maßgabe, dass wir ein gemeinsames Unternehmen bauen“, erklärte Schoeller. Beide Konzerne sind Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die ihren Mitgliedern gehören. An der Spitze des fusionierten Konzerns sollen künftig zwei (statt drei) Versicherungsvereine stehen.

Bei der Idee des Zusammenschlusses sei es nicht um Kosteneinsparungen gegangen, betont Faßbender. „Beide Unternehmen sind sehr unterschiedlich und bedienen unterschiedliche Geschäftsfelder. Und weil sie unterschiedlich sind, passen sie sehr gut zusammen.“ Während der Schwerpunkt bei der Gothaer auf Lebens- und Sachversicherungen und auf Firmenkunden liegt, sind es bei der Barmenia eher das Privatkundengeschäft und die Krankenversicherungen. Mit der Fusion wird die neue „Barmenia.Gothaer“ mit ihren Beitragseinnahmen auf den zehnten Platz deutschlandweit vorstoßen. Die prognostizierten Einnahmen belaufen sich dann auf rund acht Milliarden Euro, der Anteil der Gothaer liegt, laut Konzernsprecherin, aktuell bei 4,9 Milliarden Euro. Im Geschäftsjahr 2023 hatten die Einnahmen um 6,2 Prozent zugelegt.

Beschäftigungsgarantie und Erhalt der Standorte

Die Personenversicherungen sollen über mehrere Stufen zusammengeführt werden, beginnend mit den Lebensversicherern. Laut gemeinsamer Erklärung von gestern soll schon im August insbesondere der Bestand der Barmenia Lebensversicherung auf die Gothaer Lebensversicherung übertragen werden. Die beiden Versicherungsvereine (a.G.) der Barmenia (für Leben und Sachversicherungen) werden zu einem verschmolzen. Mit dem Closing soll schließlich auch die Verschmelzung der Gothaer Kranken auf die Barmenia Kranken angestoßen werden. Ein Prozess, der bis zu drei Jahre dauern kann.

Die Standorte Köln und Wuppertal bleiben erhalten. Auch gibt es ab dem Tag des Zusammenschlusses eine dreijährige Beschäftigungsgarantie für die 7500 Mitarbeitenden (5000 bei der Gothaer und 2500 bei der Barmenia). Zusammen kommen beide Versicherungsunternehmen künftig deutschlandweit auf 4500 Vertriebspartner, die sich darauf freuen, so Fassbender, „da sie nun eine breitere Produkpalette und noch mehr Service anbieten könnten.“ Wie eine spätere Führungsspitze genau aussehen wird, blieb offen. Da bei der Gothaer absehbar drei Vorstände ausscheiden, gebe es Möglichkeiten, den Vorstand kompetent und schlank zu besetzen, erklärte der 53-jährige Schoeller im April. Die verbleibenden Vorstandsmitglieder blieben im Amt.

„Für Kunden ändert sich unmittelbar nichts“, erklärt Reiner Will, Geschäftsführer der Kölner Rating-Agentur Assekurata auf Rundschau-Anfrage. Auf längere Sicht könnte die Fusion durchaus Vorteile für die Kunden zum Beispiel bei der Überschussbeteiligung und im Service mit sich bringen. „Beide Häuser zeichnet auch der Einsatz für Nachhaltigkeit aus“, so Will. „Bei der Schadensregulierung auch mal auf Reparieren statt Erneuern setzen“, sei ein Mittel, mit dem man Nachhaltigkeit demonstrieren könne.