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Medienstandort KölnKöln ist die deutsche TV-Hauptstadt

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In Köln werden zahlreiche Show-​ und Comedyformate vor allem für die verschiedenen Privatsender produziert. Eine der größeren Produktionsfi­men ist Brainpool, wo jetzt Entlassungen drohen. (Foto: dpa)

Köln – Ganze Stapel mit Kündigungsschutzklagen zeigen, dass es auch in der erfolgsverwöhnten Kölner Medienwirtschaft nicht immer nur nach oben gehen muss. Auf Weiterbeschäftigung pochen Brainpool-Mitarbeiter, die zum Jahresende ihre Jobs verlieren sollen, wenn Stefan Raab dem Fernsehen Ade sagt. 80 von insgesamt 230 Beschäftigten der Produktionsfirmen sollen ihre Jobs verlieren, viele wehren sich mit Klagen vor dem Kölner Arbeitsgericht dagegen.

Besonders sicher waren die Jobs bei Produktionsfirmen eigentlich nie. Die arbeiten mit kleinem Stammpersonal und stocken die Belegschaft auf, wenn eine Idee zündet und eine Sendung gut läuft. Meist gibt es Zeitverträge für die Mitarbeiter. Es wurde vielleicht auch schnell gefeuert, aber noch schneller wieder angeheuert, wenn eine neue Sendung entstand in vielen Jahren des boomenden Fernsehgeschäfts. Denn immerhin rund ein Drittel des gesamten deutschen TV-Programms entsteht in Köln: Show- und Comedyformate von Brainpool wie "Schlag den Raab", Filmpool macht den Polizeiruf aus Rostock und wirkt am Tatort aus Münster mit. Auch der "Letzte Bulle" kam aus Köln.

Passanten drehen sich kaum noch um, wenn wieder einmal ein Filmteam auf den Straßen unterwegs ist. Satt über 1000 Drehgenehmigungen erteilt die Stadt Köln. Manch ein Anwohner ist freilich weniger erfreut, wenn wieder einmal Crew- und Cateringfahrzeuge der Filmteams die Parkplätze in der Straße belegen. In Köln entstehen aber auch große Kinofilme, etwa in den MMC-Studios in Ossendorf, oder Bewegtbilder für das Netz durch Clipfish, Mediakraft oder Videovalis. Gut 8300 Beschäftigte hat die Filmwirtschaft im Bereich der Industrie- und Handelskammer Köln. Das reicht nur zu Platz drei in der Kultur- und Medienwirtschaft mit ihren insgesamt zwölf Teilbranchen vom Verlagsgewerbe über die Film-, TV- und Rundfunkwirtschaft, Bildenden Künste, Buchhandel, Architekturbüros, Werbung sowie Software- und Computerspiele-Industrie mit insgesamt 26 000 Firmen, darunter 22 500 Kleingewerbetreibenden.

Rund 10 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und Selbstständige hat außerdem die Rundfunkwirtschaft. 4700 Angestellte auf rund 4300 Stellen beschäftigt allein der WDR, die größte öffentlich-rechtliche Rundfunk- und TV-Anstalt Kontinentaleuropas. Dazu kommen noch 1900 feste Freie und ungezählte freie Mitarbeiter. Weitere Dickschiffe sind RTL sowie Deutschlandfunk und Deutschlandradio. Dazu kommen noch ntv, SuperRTL, Vox oder Köln.tv.

Lesen sie auf der nächsten Seite: Kölns Wachstumsmotor stottert

Die aufstrebende Software- und Computerspieleindustrie hat rund 9400 Beschäftigte. Branchengrößen wie Turtle Entertainment, ein Unternehmen, das Online-Turniere plant und hinter der Electronic Sports League steckt, hat hier seinen Sitz, der Spiele-Riese Electronic Arts seine Deutschlandzentrale. Und nicht zuletzt übernimmt der Kölner Werbevermarkter Ströer mit t-online.de das reichweitenstärkste Internetportal Deutschlands.

Über Jahre war die Kultur- und die Kreativitätswirtschaft mit der Medienwirtschaft ein Wachstumsmotor für Köln und Umgebung, wie eine Studie im Auftrag der IHK Köln aus dem vergangenen Jahr herausstellte. Rund 51 200 Beschäftigte hatte sie im Jahre 2009. Bis 2012 - neuere Zahlen liegen nicht vor - stieg die Zahl der Beschäftigten trotz einer Delle 2010 um 6,4 Prozent auf 54 500 Erwerbstätige. Damit arbeiten in der Kultur- und Kreativitätswirtschaft etwa doppelt so viele Menschen wie im Fahrzeugbau oder der Chemie- und Kunststoffindustrie, die ebenfalls eine starke Stellung in der Region haben. Zusammen erzielten sie einen Umsatz von 9,1 Milliarden Euro, elf Prozent mehr als drei Jahre zuvor.

Jetzt scheint der Wachstumsmotor zu stottern. Nicht nur Brainpool streicht Stellen, auch der WDR baut in den nächsten fünf Jahren 500 Stellen ab. "Anzeichen zu einem gravierenden Einschnitt sehen wir nicht", sagt dagegen Ulrich S. Soénius, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Köln.

Köln sei als Medienstadt in der Breite der Themen und Unternehmen bundesweit nach wie vor an der Spitze. Veränderungen werde es auch in Zukunft viele geben, kaum eine Branche sei so im Umbruch wie die klassischen Medien. "Auf der anderen Seite bietet Köln der Medienbranche und der Kreativwirtschaft mit dem starken Mix aus Industrie, Handel und Dienstleistung ein sehr gutes Kundenpotenzial", so Soénius weiter.