KommentarKeine klare Strategie bei Thyssenkrupp
Köln – Natürlich ist es nur ein Zufall, dass gerade in jener Woche, in der Thyssenkrupp seinen beabsichtigten Neustart aufgegeben hat, die Dreharbeiten für einen Film über das außergewöhnliche Leben von Berthold Beitz und dessen Kampf um das Überleben des Krupp-Konzerns in den 70er Jahren begonnen haben. Doch irgendwie passt es zusammen.
Als Beitz das schlingernde Krupp-Schiff auf Kurs halten wollte, ging es ihm darum, größer zu werden. Die feindliche Übernahme von Hoesch war eine Station auf diesem Weg, die Fusion mit Thyssen Ende des vorigen Jahrhunderts eine andere.
Aufspaltung stand eigentlich hoch in der Prioritätenliste
Guido Kerkhoff, einer der Nachfolger von Beitz, hat es mit einer ähnlichen Strategie versucht, ist jedoch mit seinem Plan, mit dem indischen Tata-Konzern beim Stahl gemeinsame Sache zu machen, zum einen an der EU-Kommission und zum anderen an den schwierigen Marktbedingungen gescheitert. Die Brüsseler Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte Thyssenkrupp signalisiert, dass sie dem Tata-Deal nur zustimmen werde, wenn Unternehmensteile verkauft würden.
Das allerdings stellte sich vor allem wegen der drastisch gesunkenen Nachfrage nach Stahl in der Automobilindustrie als äußerst schwierig heraus. Doch deshalb die grundsätzliche Neuausrichtung des Unternehmens und die Aufspaltung in zwei börsennotierte Gesellschaften unter dem gemeinsamen Thyssenkrupp-Dach ganz abzublasen, wirkt nicht unbedingt wie eine klare Strategie. Schließlich hatte Kerkhoff immer wieder betont, wie wichtig ihm die Aufspaltung ist.
Zwischen Hoffnung und Vorsicht
Klar, der Aktienkurs ist seit Ende vorigen Jahres um rund 40 Prozent eingebrochen. Und wenn die Börse, beziehungsweise die Aktionäre, ihre Bedenken in dieser Form äußern, dann muss sich eine Konzernführung Gedanken darüber machen, ob die bisherigen Pläne noch realisierbar sind und wie sie das Unternehmen zukunftsfähig aufstellen will. Neue Einnahmen könnten – so hieß es am Freitag – aus einem Börsengang der Aufzugssparte kommen. Die arbeitet im Gegensatz zu anderen Konzernteilen ziemlich profitabel.
Dass die Aktienkurse bei der Ankündigung dieses Börsengangs steil nach oben gingen, zeigt: Die Aktionäre und Investoren setzen große Hoffnung auf die Aufzugssparte. Doch Achtung: Hier geht es um Tausende Arbeitsplätze. Die IG Metall hat recht, wenn sie jetzt zu bedenken gibt, dass jenes Geld, das an der Börse reinkommt, zuerst zur Stabilisierung des Konzerns eingesetzt werden sollte. Das wäre sicher auch im Sinne von Berthold Beitz.