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Kölner Unternehmen mit RekordbilanzTüv Rheinland geht auf Wachstumskurs

Lesezeit 3 Minuten
TÜV Rheinland

Ein Prüfer des Tüv Rheinland untersucht einen Roboter.

Köln – Der Prüfdienstleister Tüv Rheinland hat im 150. Jahr seines Bestehens ein Rekordergebnis eingefahren.

Der Umsatz sprang über zwei Milliarden Euro und übertraf damit nicht nur das Vorjahresergebnis, sondern auch leicht den Umsatz des Jahres 2019. „Der Tüv ist sehr solide durch die Pandemie gekommen“, sagte Konzernchef Michael Fübi bei der Vorlage der Geschäftszahlen für 2021 am Dienstag.

Tüv Rheinland verzeichnet bisher höchstes Betriebsergebnis

Mit 157,8 Millionen Euro verzeichnete der Tüv Rheinland das höchste Betriebsergebnis (Ebit) seiner Geschichte. Das Ergebnis für 2021 lag damit deutlich höher als im Vorjahr, als Rückstellungen für mögliche Schadenersatzzahlungen rund um schadhafte Brustimplantate des französischen Herstellers PIP in Höhe von rund 90 Millionen Euro das Ergebnis belastet hatten (siehe Grafik).

Diese Rückstellung bestehe unverändert fort, so Fübi, auch wenn der Tüv Zahlungsverpflichtungen bestreitet. Drei Verfahren liegen inzwischen beim französischen Kassationsgericht. Verhandelt würden diese erst im kommenden Jahr, so Fübi. Auch im Vergleich zu 2019 hat der Tüv sein operatives Ergebnis um 22,2 Millionen steigern können.

Die 2020 eingeleitete Restrukturierung, bei der Stellen in der Verwaltung gestrichen worden waren, zahle sich aus, so Fübi. Auch die Umsatz- und Ergebnisziele für das abgelaufene Jahr seien übertroffen worden. Die Investitionen sanken nach hohen Ausgaben in den Vorjahren für IT leicht auf 57,7 Millionen.

Umsatz in allen Geschäftsbereichen vom Tüv Rheinland gestiegen

In allen fünf Geschäftsbereichen konnte der Tüv die Umsätze steigern. Größter Bereich ist die Produktprüfung. Rund um die Prüfung von Spielzeug, Kosmetik, Textilien, Maschinen oder Solarmodulen stieg der Umsatz um 8,5 Prozent auf 604,1 Millionen. Das mit einem Umsatz von weniger als einer Million Eurovergleichsweise kleine Russlandgeschäft, bei dem Möbel geprüft wurden, hat der Tüv laut Fübi eingestellt und wird es auch nicht wieder aufnehmen.

Die Wurzeln

Am 31. Oktober 1872 schlossen sich Textilfabrikanten im heutigen Wuppertal zum „Verein zur Überwachung der Dampfkessel in den Kreisen Elberfeld und Barmen“ zusammen. Vorangegangen waren zahlreiche Unfälle mit solchen Dampfkesseln. Die sollten verringert werden – dadurch, dass vom Verein angestellte Ingenieure die Kessel unabhängig und qualifiziert prüften. Aus diesem ersten Dampfkessel-Überwachungs-Verein (Düv), der sich auch schon bald um Unfallverhütung und Schulungen kümmerte, ging der weltweit tätige Prüfkonzern Tüv Rheinland hervor. (raz)

Im Bereich Mobilität stieg der Umsatz um 7,5 Prozent auf 595,4 Millionen. Teils litt der Bereich noch unter der Corona-Pandemie, die Führerscheinprüfungen im ersten Quartal des Jahres in Deutschland behinderte. Auch das Fahrzeugprüfgeschäft war etwa in Spanien und Frankreich schwächer als im Vorjahr.

Der Bereich Industrie Service & Cybersecurity erzielte ein Umsatzplus von 4,2 Prozent auf 560,7 Millionen Euro. Besonders Prüf- und Zertifizierungsleistungen rund um die Branchen Energie und Umwelt waren stark nachgefragt, der Bereich Cybersicherheit gewinne an Bedeutung, so Fübi.

Der Geschäftsbereich rund um Aus- und Weiterbildungen sowie betriebliches Gesundheitsmanagement legte um 6,9 Prozent zu auf 244,7 Millionen. Der Bereich um die Zertifizierung von Managementsystemen wuchs um 11,9 Prozent auf 239,9 Millionen. Es habe Nachholeffekte nach dem pandemiebedingten Rückgang gegeben.

Kölner Unternehmen sucht wieder Mitarbeiter

Nach dem Abbau von 416 Vollzeitstellen vor allem in der Verwaltung sucht der Tüv derzeit wieder Mitarbeitende. 900 Stellen in Deutschland seien offen, so Fübi. Geplante Restrukturierungen seien in der Umsetzung und weit fortgeschritten. „Mittel- und langfristig plant der Tüv Rheinland mit einem weiteren Aufbau neuer Arbeitsplätze, wie es in den vergangenen Jahrzehnten bereits kontinuierlich der Fall war“, sagte Fübi.

Der Tüv will organisch wachsen. Schwerpunkt ist etwa die Begleitung neuer Technologien bis zur Marktreife durch unabhängige Prüfungen auf Sicherheit und Qualität. Im Juni eröffnet in Aachen ein Prüfzentrum für 20 Millionen Euro, in dem Batterien von bis zu 800 Kilo Gewicht geprüft werden können. Ein Bunker erlaubt auch Tests, bei dem die Batterien zerstört werden.