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Klima-SanierungenAuf NRW rollt „Asbest-Welle“ zu – Lebensgefahr droht

Lesezeit 2 Minuten
Ein entkerntes Haus, an dem die Fenster und Türen mit Holz zugemacht wurden.

Asbestbelastete Häuser müssen aufwändig saniert werden.

Nicht nur Beschäftigte auf dem Bau, sondern auch Millionen Heimwerkende sind betroffen. Unerfahrenen kann bei der Klima-Sanierung von Häusern Lebensgefahr drohen.

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) warnt vor einer „Asbest-Welle“. Allein in NRW stecke dieser gefährliche Baustoff in mehr als zwei Millionen zwischen 1950 und 1990 errichteten Wohngebäuden: „Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten. Die energetische Gebäudesanierung wird enorm an Fahrt aufnehmen und damit auch die Asbest-Welle“, sagte Carsten Burckhardt aus dem Vorstand der IG BAU.

Nicht nur Beschäftigte auf dem Bau könnten bald verstärkt lebensgefährlichen Asbeststäuben ausgesetzt werden, sondern auch Millionen Heimwerkende, die ihre Wohnung oder ihr Haus umbauen möchten und womöglich nicht einmal ahnen, dass selbst das Entfernen alter Fliesen oder Fußböden die gefährlichen Stäube freisetzen kann.

Seit 30 Jahren verboten

Laut der IG Bau sind in Deutschland mehr als 9,4 Millionen Wohnhäuser „Asbest-Fallen“, in NRW rund 2,2 Millionen. Asbest, das einst als „Wunderbaustoff“ galt, ist zwar schon seit 1993 verboten, doch in den meisten Gebäuden, die davor gebaut wurden, vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren, stecken diese mineralischen Fasern noch immer, zum Beispiel im Zement, im Estrich, in Spachtelmassen, Putzen und Kitten.

Wer seine Atemwege diesen unsichtbaren Fasern aussetzt, kann Jahre später schwer erkranken, zum Beispiel an Asbest-Staublunge, Lungen-, Bauchfell und Kehlkopfkrebs, wie Michael Kirsch, Vize-Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, erklärte. Die Bewohner der mit Asbest belasteten Häuser seien zwar nicht direkt gefährdet, das Risiko sei aber groß, wenn am Gebäude gearbeitet werde.

Jährlich etwa 1500 Asbest-Tote

Von 431 Todesfällen, die im Jahr 2022 in Deutschland auf eine Berufskrankheit zurückzuführen waren, stünden 320 im Zusammenhang mit Asbest, erklärte die Bau-Berufsgenossenschaft. Jährlich zähle die offizielle Statistik etwa 1500 Asbest-Tote. Die Dunkelziffer sei aber sehr hoch.

Die IG BAU sowie Arbeitsmediziner fordern nun die Einführung eines „Asbest-Gebäudepasses“ und einen Asbest-Check beim Eigentümerwechsel. Aus solchen Daten könnten kommunale Schadstoff-Kataster entstehen. Der Staat solle zudem eine „Abwrack-Prämie“ für Asbest-Häuser einführen. Außerdem müsse es mehr Arbeitsschutzkontrollen und mehr Informationen zu Asbest für Hand- und Heimwerker geben.

André Loosen, der eine Schadstoffsanierungsfirma in Willich leitet, unterstützt die Forderung nach einem Schadstoff-Kataster und fordert ebenfalls mehr Kontrollen durch den Arbeitsschutz. Vor einer Sanierungsprämie für asbestbelastete Gebäude hingegen warnt er. Ein solches Förderprogramm könnte zu einer größeren Nachfrage führen. Doch dafür, so Loosen, gebe es zu wenige Fachfirmen und Facharbeiter: „Wir haben dafür keine Kapazitäten“, sagte er unserer Redaktion.