Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft kritisiert die Bundesregierung scharf: Das Etappenziele für digitale und grüne Transformation ist deutliche verfehlt.
IW übt heftig KritikBund verzichtet auf etliche Milliarden aus Brüssel
Deutschland könnte 28 Milliarden Euro von der EU erhalten. Doch die Bundesregierung lasse sich das Geld entgehen, kritisiert das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) mit Sitz in Köln. Spanien und Italien machten demnach vor, wie es besser geht.
Seit Anfang 2021 gibt es den Brüsseler Fördertopf mit dem sperrigem Namen „Aufbau- und Resilienzfazilität“. Das Geld soll den Mitgliedstaaten zusätzliche Investitionen und Reformen ermöglichen, die die grüne und digitale Transformation voranbringen, sofern sie noch nicht national finanziert wurden.
Zwar hat Deutschland in Brüssel einen Plan mit 82 Investitionen und 47 Reformvorhaben vorgelegt. Die Aufbau- und Resilienzfazilität ist jedoch leistungsabhängig: Ein Land bekommt erst dann Geld aus dem EU-Topf, wenn es zuvor festgelegte Etappenziele bei der Umsetzung der geplanten Reformen und Investitionen erreicht. Und da schneidet Deutschland miserabel ab, berichtet das IW.
IW: Deutschland schneidet miserabel ab
Demnach lasse sich Deutschland signifikante Summen entgehen, die allerorts dringend gebraucht würden, um den großen Investitionsstau anzugehen. Das sei nicht nur unverständlich, sondern sogar fahrlässig. „Die Bundesregierung müsste einfach ihre Hausaufgaben machen“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. „Es ist ihre Aufgabe, die Meilensteine endlich anzugehen.“ Dann könnten auch die Gelder fließen.
Andere Länder sind da flotter unterwegs. Spitzenreiter ist Spanien. Das Land bietet fast 30 Prozent erfüllte Ziele und Meilensteine. Auch Frankreich und Italien haben 21 und 18 Prozent ihrer Etappenziele erreicht.
IW: Nicht einmal zehn Prozent abgerufen
Deutschland hingegen hat die Mittel so gut wie nicht abgerufen, sondern bisher lediglich eine vorgelagerte Finanzierung von 2,25 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Dies entspreche nicht einmal zehn Prozent der Gesamtmittel, die der Bundesrepublik zustünden, bemängelt das IW.
Das in Berlin geäußerte Argument, man habe im Gegensatz zu den anderen EU-Staaten finanziell vorgeleistet, kann die IW-Experten schon angesichts des enormen Bedarfs nicht überzeugen. Auch die Aussage, die Mittel seien nur für inzwischen veraltete Investitionspläne und nicht für zusätzliche Investitionen verfügbar, lassen sie nicht gelten. „Das ist eine Ausrede, die einer genauen Überprüfung nicht standhält“, heißt es in der Mitteilung.
Die EU-Kommission berücksichtige die geopolitischen Umbrüche des vergangenen Jahres und ermögliche ausdrücklich Änderungen und Anpassungen der ursprünglichen Pläne an die neuen Gegebenheiten, sagt IW-Chef Hüther. „Deutschland muss sich daher die Frage gefallen lassen, weshalb man Milliardensummen nicht nutzt.“