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Interview mit IHK-PräsidentinWie Innenstädte den Folgen der Krise begegnen können

Lesezeit 4 Minuten
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Präsidentin der IHK Köln Nicole Grünewald 

  1. Die Folgen der Corona-Krise sind mehr und mehr Thema.
  2. Die Zukunft der Innenstädte gehört dazu. Benötigen wir Rettungsmaßnahmen für unsere Einkaufszentren? Die Rundschau hat die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Köln, Nicole Grünewald, dazu befragt.

Frau Grünewald, sind die Innenstädte in Köln und der Region nach der Pandemie in Gefahr, weil eine Pleitewelle im Einzelhandel droht?

Wir wissen im Moment noch gar nicht genau, wie die Folgen der Pandemie für die Innenstädte in den Regionen im Rheinland sein werden. Das wird sich erst in den kommenden Wochen und Monaten herausstellen und davon abhängen, ob und wie die Kunden zum Einkaufen in die Zentren zurückkommen.

Zur Person

Die Kölnerin

Dr. Nicole Grünewald (48) ist seit Anfang 2020 Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Köln. Sie ist gelernte Kommunikationswissenschaftlerin und Geschäftsführerin einer Kölner Werbeagentur. Noch als Vizepräsidentin der IHK Köln initiierte sie den IHK- und HWK-„Frauen-Business-Tag“.

Muss man dennoch etwas tun?

Ja, denn Fakt ist, dass die Lage angespannt ist und etwas für die Innenstädte getan werden muss. Leider haben sich die Probleme in den Zentren, die auch schon vor der Pandemie bestanden, in den letzten Monaten der Lockdown-Phasen noch einmal manifestiert und verstärkt.

Sind die Forderungen aus der Politik die richtigen?

Die Vorschläge der CDU- und FDP-Fraktionen im NRW-Landtag sind ja nicht neu. Seit Anfang des Jahres hat zum Beispiel unser Ausschuss „Stadt- und Regionalentwicklung“ seine Arbeit aufgenommen, in dem diese, aber auch andere Konzepte ausgearbeitet und mit den Beteiligten, sprich den Immobilien-Eigentümern, Einzelhändlern und Vertretern der Städte, besprochen werden.

Wie ist nach Ihrer Einschätzung die Lage in den einzelnen Städten der Region?

Städte wie Leverkusen und Bergisch Gladbach beschäftigen sich schon länger mit dem Thema. In Köln zum Beispiel steht die Diskussion, wie man die Innenstadt in Zukunft attraktiver gestalten kann, um größere Ladenleerstände zu vermeiden, mittlerweile weit oben auf der Agenda. Wir sind mit allen Bürgermeistern unseres Bezirkes im Gespräch.

Initiativen und Forderungen der Politik

Die NRW-Landtagsfraktionen von CDU und FDP dringen auf eine Offensive, um die sterbenden Innenstädte in NRW wiederzubeleben. In einem Antrag fordern sie unter anderem ein professionelles Leerstandsmanagement, ein neues Berufsbild „City-Manager“, die Digitalisierung des Handels und einen grundlegenden Wandel der urbanen Zentren.

Die Landesregierung strebt an, dass Nutzungsänderungen von Immobilien schneller und ohne langwierige Bürokratie möglich gemacht werden. So könnten beispielsweise obere Geschosse leerstehender Immobilien in Parkplätze, Wohnungen, Seniorenheime oder Logistik-Zentren umgewandelt werden. „Mit Concept- oder Pop-up-Stores kann man abwechslungsreiche Einkaufserlebnisse ermöglichen – und auch jüngere Menschen, die das Angebot der klassischen Einkaufsstraße nicht wahrnehmen, wieder für die City gewinnen“, so Stephen Paul. Wohnen in der Innenstadt solle zudem durch erleichterte Umwandlung von Gewerbe- in Wohnimmobilien attraktiver gemacht werden. (mk)

Was kann man schnell tun, um dem Handel in den Innenstädten zu helfen?

Wichtig ist, dass die Politik in den jeweiligen Kommunen ihre Hausaufgaben macht und Maßnahmen trifft, die eine hohe Aufenthaltsqualität in den Innenstädten garantieren können. Und dabei denke ich nicht ausschließlich an moderne Einkaufskonzepte, sondern vor allem erst einmal an relativ schnell umsetzbare Themen wie Aufenthaltsqualität, nachhaltige Sauberkeit und die Unterbindung von Kriminalität oder auch Drogenkonsum im öffentlichen Raum.

Und längerfristig?

Es muss gewährleistet sein, dass Kunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad in die Innenstädte kommen, aber auch mit dem Auto genügend Stellplätze finden. Ich denke da an den Ausbau von Park & Ride-Angeboten und Parkhäusern. Zudem benötigen wir leidenschaftliche Visionen seitens der Kommunen, wie sie sich für die Zukunft in diesen wichtigen Stadtbereichen der Innenstädte aufstellen wollen. Dazu gehören dann natürlich Überlegungen wie neue Laden-Konzepte, aber auch, wie mehr Grün- und Aufenthaltsflächen in den Einkaufsvierteln entstehen können.

Wie kann man vor allem die kleineren Einzelhändler in den Innenstädten noch unterstützen?

Da sind sicher die Mieten ein wichtiges Thema. Wenn wir wieder mehr Geschäfte mit einem Alleinstellungsmerkmal wollen, dann werden sich auch die Vermieter bewegen müssen. Allerdings geht das nur im Dialog mit allen Beteiligten und nicht über Eingriffe in Privateigentum. Da sind wir ganz klar.