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Interview

Altersversorgung
Warum eine Absicherung jenseits der gesetzlichen Rente nötig ist

Lesezeit 4 Minuten

Die gesetzlichen Renten sind nicht gerade üppig in Deutschland. Ein Beitrag zu einer besseren Versorgung sind Betriebsrenten.

Der PSV-Vorstand Benedikt Köster tritt im Rundschau-Gespräch für obligatorische zusätzliche Altersversorgung ein.

14,1 Millionen Betriebsrenten und Anwartschaften schützt der Pensions-Sicherungs-Verein aktuell bei der Insolvenz des Unternehmens. Über Geschichte und Pläne des Vereins mit Sitz in Köln sprach Ralf Arenz mit Vorstandsmitglied Benedikt Köster.

Wie entstand die Idee zur Gründung des Pensions-Sicherungs-Vereins?

Die Idee kam Ende der 1960er beziehungsweise Anfang der 1970er Jahre auf. Die Zeiten des Wirtschaftswunders waren vorbei. Es gab zunehmend Insolvenzen und damit auch die Notwendigkeit, die Betriebsrenten abzusichern. Am 7. Oktober 1974 haben dann die Industrieverbände BDA, BDI und der Spitzenverband der Versicherungswirtschaft den Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit gegründet. Im Jahr 2002 hat sich übrigens Luxemburg diesem Sicherungssystem angeschlossen.

Wann musste der PSV das erste Mal in größerem Umfang Betriebsrenten sichern?

Das wurde bereits knapp zwei Jahre nach der Gründung erforderlich. Da rutschten die Anker-Werke, die Nähmaschinen, Registrierkassen und Buchungsmaschinen herstellten, in die Insolvenz. Weitere Großschäden für den PSV gab es unter anderem 1982 mit der Insolvenz von AEG, dann 2002, als der Baukonzern Holzmann insolvent wurde, und 2009 mit der Insolvenz des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor. Das war der größte Schaden für den PSV mit einem Volumen von über 4 Milliarden Euro. Damals stieg der Beitragssatz von 1,8 Promille im Jahr 2008 auf 14,2 Promille. Um die Belastung für die Mitgliedsunternehmen abzumildern, wurde ein Teil des eigentlich auf 2009 entfallenden Beitrags auf die folgenden vier Jahre verteilt. Im Durchschnitt liegt der PSV-Beitragssatz bei 2,7 Promille, in den letzten zehn Jahren waren es um die zwei Promille.

Sie treten auf den Plan, wenn der Schaden durch eine Insolvenz eingetreten ist. Bei Klöckner-Humboldt-Deutz, dem Vorläufer der Deutz AG, war das anders.

KHD war durch missglückte Geschäfte in Saudi-Arabien an den Rand des Konkurses geraten. Ein Sanierungskonzept, an dem sich auch der PSV beteiligte, war die letzte Rettung. Wir haben damals die Zahlung der Betriebsrenten für wenige Jahre übernommen. Der Konzern konnte sich in dieser Zeit erholen.

Mit steigenden Insolvenzzahlen wird auch jetzt wieder gerechnet. Ist der PSV bereits öfter gefordert?

Die Insolvenzzahlen sind zwar nach Corona wieder gestiegen, aber bislang nur auf ein Niveau, wie wir es in den Jahren vor Corona auch hatten. Wir haben jedes Jahr einige hundert Insolvenzen, bei denen wir die Betriebsrenten und die unverfallbaren Anwartschaften sichern müssen. Und das bei über 100.000 Mitgliedsunternehmen. Bei uns ist das Who-is-Who der deutschen und der luxemburgischen Wirtschaft mit insgesamt über 14 Millionen Versorgungsberechtigten.

Wie wichtig ist denn die betriebliche Altersversorgung?

Die Verbreitung der Betriebsrenten stagniert leider seit Jahren bei etwas über 50 Prozent. Dabei ist es nicht unser Ziel, mit mehr Betriebsrenten mehr Umsatz zu machen. Wir erfüllen einen gesetzlichen Auftrag und erledigen die Aufgabe der Insolvenzsicherung für unsere Mitgliedsunternehmen und die Versorgungsempfänger. Persönlich bin ich aber davon überzeugt, dass wir jenseits der gesetzlichen Rente eine zusätzliche Absicherung für das Alter brauchen. Das ist gerade für Geringverdiener wichtig. Deshalb bin ich für eine obligatorische zusätzliche Altersversorgung, idealerweise als betriebliche. Und ich bedauere, dass darüber wohl nicht vor 2028 entschieden wird, wenn die jetzt auf den Weg gebrachten Reformen evaluiert werden. Das sind verlorene Jahre.


50 Jahre Pensionssicherung

In der Kölner Flora feierte der Pensions-Sicherungs-Verein am Montag sein 50-jähriges Bestehen. „Ein Gutes bleibt nur ein Gutes, wenn es abgesichert ist“, sagte Ingo Kramer, Ex-Arbeitgeberpräsident und Aufsichtsratsvorsitzender des PSVaG in einem Grußwort.

Benedikt Köster, der zusammen mit Marko Brambach an der Spitze des PSVaG steht, wies in einem Vortrag darauf hin, dass die gesetzliche Rente in Deutschland im internationalen Vergleich keineswegs üppig sei. Er trat für ein einfaches, niedrigschwelliges Obligatorium zur Ergänzung der gesetzlichen Rente ein, idealerweise als kapitalgedeckte betriebliche. Aber auch das Renteneintrittsalter müsse an die gestiegene Lebenserwartung angepasst werden.

Verbesserung der Betriebsrenten

Eine Diskussionsrunde befasste sich mit Möglichkeiten, die betrieblichen Altersversorgung zu verbessern. Dabei trat auch Professor Fred Wagner von der Universität Leipzig für eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit ein. Das sahen Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, und Judith Kerschbaumer von der Gewerkschaft Verdi anders. Das tatsächliche Renteneintrittsalter solle zunächst wie geplant auf 67 Jahre erhöht werden, meinten beide. Diskussionen über eine weitere Erhöhung verunsicherten nur, so Schmachtenberg. Die Menschen müssten länger gesund arbeiten können.

„Ziel ist eine gute Absicherung für alle in diesem Land“, so Kerschbaumer. Gerade für Geringverdiener sei das wichtig. Sie trat für eine verpflichtende betriebliche Altersversorgung mit Beteiligung der Arbeitgeber ein. Sonst könnte in den unteren Lohngruppen nicht vorgesorgt werden. Gut sei die, wenn die Hälfte der Beiträge von den Unternehmen komme.

Christian Gleimann, Senior Vice-President im Personalmanagement von Eon, votierte für Modelle, die Mitarbeitende bewusst abwählen müssten. Für ihn ist das 2018 eingeführte Sozialpartnermodell der Tarifpartner ein geeignetes Instrument. Dabei werden in der Anwartschaft und in der Leistungsphase keine Garantien gewährt, ermittelt wird eine Zielrente. Sozialpartner können aber einen zusätzlichen arbeitgeberfinanzierten Sicherungsbeitrag vereinbaren. Der Zugang zu dem Modell müsse für kleinere und mittlere Unternehmen verbessert werden, so Gleimann.