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Prozess in FrankreichIkea soll Mitarbeiter mit „Stasi“-Methoden ausspioniert haben

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Ikea 071220

Den Ikea-Katalog wird es nicht mehr geben.

Versailles – Mit einer Art „Stasi“-Methoden soll die schwedische Möbelhauskette Ikea jahrelang Mitarbeiter in Frankreich ausspioniert haben. Am Montag begann vor dem Strafgericht von Versailles westlich von Paris ein Prozess gegen die französische Ikea-Niederlassung und frühere Manager des Möbelhauses.

Ikea in Frankreich: Manager drohen bis zu zehn Jahren Haft

Den Angeklagten drohen Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Ikea muss zudem mit einer Geldbuße von bis zu 3,75 Millionen Euro rechnen. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft nutzte das schwedische Unternehmen in Frankreich zwischen 2009 und 2012 ein illegales „Bespitzelungssystem“, um an vertrauliche Informationen über hunderte Mitarbeiter und Bewerber zu kommen. Die Vorwürfe lauten auf illegales Datensammeln, Verstoß gegen das Berufsgeheimnis und Vertuschung der Taten.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. Ikea versuchte damit, gegen „Diebe“ oder „mögliche radikale Islamisten“ in den eigenen Reihen vorzugehen, wie es laut Presseberichten in internen Konzerndokumenten heißt. Aber auch Gewerkschaftsmitglieder unter den Mitarbeitern standen im Visier - oder Kunden, die Rechtsstreitigkeiten mit dem Konzern hatten.

Ikea habe in Frankreich „eine kleine Stasi“ betrieben, erklärte der Anwalt Yassine Yakouti nach Angaben der Zeitung „Le Parisien“. Er vertritt rund 40 der insgesamt 74 Zivilkläger, die sich dem Prozess angeschlossen haben. Darunter sind auch die Gewerkschaften FO und CGT. Ikea-Anwalt Emmanuel Daoud bestritt den Vorwurf des Ausspionierens, räumte aber „organisatorische Schwächen“ in Frankreich ein.

Ikea wird vor Gericht von seiner Frankreich-Chefin Karine Havas vertreten. Zu den 15 weiteren Angeklagten zählen unter anderem die früheren Ikea-Chefs in Frankreich, Stefan Vanoverbeke und Jean-Louis Baillot. Im Zentrum der Affäre steht laut den Ermittlern aber der frühere Ikea-Risikomanager Jean-François Paris. Er soll Listen von „zu überprüfenden“ Mitarbeitern an eine private Sicherheitsfirma geschickt haben.

Ausspionieren kostete bis 600.000 Euro jährlich

Das Ausspähen ließ sich die Frankreich-Niederlassung jährlich bis zu 600.000 Euro kosten. Ebenfalls angeklagt sind vier frühere Polizisten. Sie sollen vertrauliche Informationen etwa über Vorstrafen von Mitarbeitern oder Bewerbern an das Unternehmen weitergegeben haben.

Ihre Anwälte betonen, sie hätten dafür keine finanzielle Gegenleistung erhalten, sondern seien schlicht „unvorsichtig“ gewesen. Der Spitzel-Skandal war 2012 von der französischen Satirezeitung „Canard Enchaîné“ und dem Enthüllungsportal „Mediapart“ aufgedeckt worden, nachdem sich Gewerkschaften über Ikea beschwert hatten. Der Prozess ist bis zum 2. April angesetzt. (afp)