Haribo-Chef im InterviewWie das Gummibärchen-Geschäft in Corona-Zeiten läuft

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- Haribo-Deutschland-Geschäftsführer Andreas Patz über das Gummibärchen-Geschäft in Corona-Zeiten, welche Grundsätze sich 100 Jahre nach Firmengründung bewährt haben und was unternehmerische Fehler waren.
- Mit Patz sprach Delphine Sachsenröder.
Haben die Menschen sich im Corona-Lockdown mit Süßigkeiten getröstet?
Laut Marktforschern wurden während der Corona-Krise im Lebensmitteleinzelhandel mehr Süßwaren verkauft. Gleichzeitig ist jedoch das Außer-Haus-Geschäft, etwa an Kiosken, Bahnhöfen oder Flughäfen, eingebrochen. In manchen Warengruppen besonders stark: Unter einer Maske lutscht kaum jemand Pfefferminzpastillen.
Wie sieht es bei Haribo aus?
Wir sind generell gut durch die Krise gekommen. Auch bei uns gibt es Bereiche die besser und andere, die schlechter laufen. Für 2020 sind die Einflüsse so kurzfristig, dass wir aktuell keine realistische Prognose treffen können. Aber ich sehe, dass wir von der Öffnung des Lockdowns gerade profitieren.

Andreas Patz leitet Haribo Deutschland.
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Das Geschäft ist anders geworden. Lose Ware wird zum Beispiel weniger nachgefragt, etwa in Büros oder an Kiosken. Gefragt sind eher klein verpackte Süßigkeiten.
Wie geht Haribo intern mit der Pandemie um?
Wir haben den Vorteil als Lebensmittel-Unternehmen, dass wir es gewohnt sind, unter extrem hohen Hygienestandards zu arbeiten. Außerdem haben wir schnell reagiert und schon im Februar ein Präventionsteam gegründet, das erst einmal die technische Infrastruktur für die Mitarbeiter im Homeoffice vorbereitet hat. Von den rund 530 Beschäftigten aus der Grafschafter Verwaltung arbeitet derzeit noch jeder vierte von zu Hause aus. Die etwa 170 Mitarbeiter in der Produktion arbeiten unter besonderen Hygienemaßnahmen natürlich vor Ort.
Solche Maßnahmen kosten Geld. Werden die Gummibärchen teurer?
Natürlich verursacht die Corona-Krise zusätzliche Kosten. Und wie alle anderen Unternehmen müssen auch wir schauen, wie wir diese Kosten letztendlich in der Kalkulation abbilden können.
Schon vor der Pandemie hatte Haribo zu kämpfen. 2018 ist der Umsatz deutlich eingebrochen. Hat sich das Unternehmen von diesem Jahr erholt?
Es gab in der Tat einige Probleme, unter anderem mit der Umstellung auf die Software von SAP. Aber wir haben erfolgreich gegengesteuert. Es ging vor allem darum, uns wieder mehr auf unsere klassischen Produkte und Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Neubau mit Platzreserve : Haribo hat seine Zentrale nach Grafschaft verlegt.
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Vegetarische Fruchtgummis und Süßigkeiten mit weniger Zucker haben für uns zwar in der Nische durchaus weiter ihre Berechtigung. Vielleicht haben wir damals jedoch den Fehler gemacht, uns zu stark darauf zu konzentrieren. Die Mehrzahl der Kunden kauft unsere Produkte in dem Wissen, dass es sich um Zucker handelt und will das auch so genießen. Das anzuerkennen, hat unsere Lage deutlich verbessert. 2019 lagen wir sogar über unserem ursprünglichen Ziel von drei Prozent mehr Umsatz.
Wie haben sich die Erträge entwickelt? Die Gemeinde Grafschaft erwartet für das laufende Jahr deutlich weniger Gewerbesteuer, und Haribo ist hier der wichtigste Steuerzahler.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu Zahlen grundsätzlich nicht äußern.
Ist am Standort Grafschaft nach dem Produktionsstart 2019 heute die volle Kapazität erreicht?
Als Familienunternehmen plant man nicht für morgen, sondern für Generationen. Das gilt auch für den Standort Grafschaft. Hier können wir weiter wachsen und haben uns damit auch zu der Produktion in Deutschland bekannt.
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Heute laufen hier in beachtlichen Mengen unter anderem Goldbären und Colaflaschen vom Band. Alle Maschinen, die installiert wurden, sind ausgelastet.
Wie geht es in Bonn-Kessenich nach dem Umzug weiter?
Da die Verwaltung nun in Grafschaft arbeitet, sind die Büros vermietet. Aber die Produktion läuft in Kessenich nach wie vor und das soll auch so bleiben. Bonn ist ein Traditionspunkt unserer Geschichte, dem wir stets verbunden sein werden.
100 Jahre nach der Gründung von Haribo – Was ist die Strategie für das nächste Jahrhundert?
Die verraten wir nicht. Aber wir fokussieren uns erst einmal weiter auf unsere Produktgruppe Fruchtgummi und stellen Evolution vor Revolution. Einen Haribo-Schokoriegel sehe ich zum Beispiel nicht. Aber wir befassen uns in Grafschaft mit einer Forschungsabteilung intensiv mit der Weiterentwicklung unserer Produkte.
Es heißt, Holdingchef Hans-Guido Riegel ziehe sich in das Aufsichtsgremium zurück. Was ist da dran?
Zunächst einmal möchte ich betonen, dass Haribo ein klassisches Familienunternehmen ist, auch wenn es wegen seiner Größe nach außen wie ein Konzern wirken mag. Die Familie Riegel ist täglich im Unternehmen präsent und für die Mitarbeiter ansprechbar. So nehme ich die Zusammenarbeit wahr. Hans Guido Riegel ist außerdem maßgeblich mit der Internationalisierung des Unternehmens befasst.