Betrug bei der Klimabilanz?Auch Unternehmen im Rheinland unter Verdacht

Lesezeit 3 Minuten
Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau.

Das Umweltbundesamt hat hat Anzeige gegen Unternehmen in NRW und Bayern erstattet. Der Vorwurf lautet: unerlaubte Erschleichung von Umweltzertifikaten.

Möglicherweise haben Unternehmen in der Region durch Tricks ihre Klima-Bilanz verbessert. Das Umweltbundesamt hatte bereits im Mai Anzeige erstellt. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Berlin ermittelt nun auch gegen Firmen in Köln und Kerpen.

Nach Hinweisen auf mögliche Betrugsfälle bei Klimaschutzprojekten, mit denen Mineralölkonzerne ihre Klima-Bilanz verbessern wollen, haben Polizisten Unternehmen in Nordrhein-Westfalen und Bayern durchsucht. In Räumen von Unternehmen in Kerpen, Köln und Langenbach seien am vergangenen Freitag zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt worden, teilte die zuständige Berliner Staatsanwaltschaft mit.

Um welche Unternehmen sowie Prüfstellen es sich handelt, dazu wollte die Ermittlungsbehörde in Berlin auf Nachfrage der Rundschau keine Angaben machen – mit der Begründung, dass dies eine Identifizierung der Beschuldigten ermögliche, deren Persönlichkeitsrechte im jetzigen Verfahrensstadium den presserechtlichen Auskunftsanspruch überwiegen.

Ermittlungen gegen Unternehmen im Rheinland

Die Behörde ermittelt nach eigenen Angaben gegen 17 Beschäftigte wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges. Im Visier sind die Geschäftsführer der Unternehmen sowie Mitarbeiter von Prüfstellen. Laut Staatsanwaltschaft besteht der Verdacht, dass bei Angaben gegenüber der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) falsche Angaben gemacht wurden. Nach aktuellen Stand seien fünf Projekte betroffen und ein Schaden von über 1,12 Millionen Euro entstanden sein.

Das Umweltbundesamt (UBA) hatte bereits Ende Mai Anzeige erstattet bei der Staatsanwaltschaft in Berlin. Das UBA mit Sitz in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) hatte zuvor Hinweise von Whistleblowern bei Projekten in China geprüft.

Zertifikate von deutschen Prüfinstituten erhalten

Mit Projekten zur Minderung von Emissionen will die Mineralölindustrie gesetzliche Klimaschutzauflagen erfüllen. Sie werden von deutschen Prüfinstituten zertifiziert und vom UBA genehmigt. Eine Fälschung der Projekte könnte bedeuten, dass die Klimabilanz des Verkehrssektors noch schlechter ist als bislang angenommen. Nachdem das ZDF Anfang Mai über die mutmaßlichen Betrugsfälle berichtet hatte, hatte das UBA von einer internen Prüfung gesprochen. Man habe bei chinesischen Behörden um Amtshilfe gebeten, gab der Sprecher des Amtes Ende Mai an. „Das müssen wir machen, weil wir in China keine Hoheitsrechte haben.“ Die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft sei wegen aller in Betracht kommenden Delikte bezogen auf die Vorgänge zu den in China durchgeführten Projekten gestellt worden. Im Vergleich zum UBA habe die Staatsanwaltschaft ganz andere Möglichkeiten, um zu ermitteln.

Laut dem Umweltbundesamt gehe man bei den Untersuchungen aktuell bei mindestens 40 von den weltweiten 79 Projekten von Verdachtsfällen aus. 67 Projekte davon seien in China und weitere neun in den Vereinigten Staaten (1), Oman (3), Nigeria (2), Aserbaidschan (1), Ägypten (1) und Usbekistan (1). Das UBA werde aber ausnahmslos alle 79 Projekte noch einmal gründlich untersuchen, so ein Sprecher auf Nachfrage der Rundschau. Die Überprüfung beziehe sich sowohl auf Alt-Projekte, denen schon zugestimmt wurde, sowie alle Neu-Projekte, die noch in 2024 oder 2025 laufen. Bei Fehlern werden diese Projekte rückabgewickelt, was bei einzelnen Projekten schon geschehen ist. Für eine abschließende Einschätzung der Schuldfrage und der Beteiligung sei es jedoch noch zu früh. (mit dpa)