Viele Unternehmen auf der Insel wollen ihre Mitarbeiter wieder häufiger im Büro sehen.
GroßbritannienWarum viele Firmen vom Homeoffice-Trend genervt sind
Die britische Serie „The Office“, die auch die deutsche Comedy-Serie „Stromberg“ inspirierte, zeigt im Stil einer Dokumentation den Alltag in einem Büro der Papiergroßhandelsfirma „Wernham Hogg“. Die Handlung ist nichts für Zartbesaitete. In den zwei Staffeln, die „BBC 2“ zum ersten Mal zwischen Juli 2001 und November 2002 ausstrahlte, zeigt sich der Chef David Brent (gespielt von Ricky Gervais) von seiner schlimmsten Seite. Er treibt seine Mitarbeiter an den Rand der Verzweiflung. „The Office“ hat inzwischen einen wahren Kultstatus.
Glücklicher ohne Pendeln
Natürlich handelt es sich bei der Comedy-Serie um Satire. Tatsächlich scheuen aktuell jedoch viele Briten, nach der Corona-Pandemie wieder ins Büro zurückzukehren, nennen dabei aber vor allem finanzielle Gründe. Laut einer aktuellen Umfrage des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung verbringen Arbeitnehmer auf der Insel im Schnitt 1,5 Tage pro Woche im Homeoffice, würden aber lieber 2,3 Tage auf diese Art und Weise arbeiten. Zum Vergleich: Deutsche Arbeitnehmer sind nur einen Arbeitstag pro Woche zu Hause und würden im Schnitt gerne 1,8 Tage am heimischen Computer sitzen.
Nirgendwo lässt sich der Trend zur Heimarbeit so gut beobachten wie in der „City of London“. Früher tummelten sich am Bahnhof „Liverpool Street“ frühmorgens hunderte Angestellte aus der Finanzbranche auf dem Weg zur Arbeit, jetzt ist sichtbar weniger los. Zahlen von „Transport for London“ (TfL) belegen, dass es in dem Londoner Stadtteil ruhiger geworden ist. So stiegen an der U-Bahnstation „Bank“ an einem typischen Freitag im Januar dieses Jahres etwa halb so viele Menschen aus wie im Januar 2020.
Abby, Angestellte einer Baufirma, pendelt zwei Tage pro Woche von der südenglischen Küstenstadt Brighton in die Metropole. „Ich ziehe es vor, hybrid zu arbeiten“, sagt sie. Ihr Kollege John betont, dass eine Fünf-Tage-Woche keine Option mehr für ihn ist. Laut einer Studie des britischen Versicherungsunternehmens „SafetyWing“ sind britische Arbeitnehmer, die weniger pendeln und stattdessen mehr von zu Hause aus arbeiten, glücklicher und finanziell bessergestellt. Denn wer weniger mit Bus, Bahn oder Auto unterwegs ist, gibt natürlich auch weniger aus.
Doch viele Unternehmen auf der Insel wollen ihre Mitarbeiter wieder häufiger im Büro sehen: Die Anwaltskanzlei „Osborne Clarke“ teilte beispielsweise mit, dass diese drei Tage pro Woche dort sein müssten, wenn sie einen Bonus erhalten wollten. Ausnahmen gebe es nur bei triftigen Gründen. Auch der Abgeordnete der konservativen Tory-Partei Jacob Rees-Mogg setzt sich dafür ein, dass Beamte wieder fünf Tage präsent sind. Er heftete sogar Zettel an ihre Türen. Darauf stand unter anderem: „Ich freue mich darauf, sie wiederzusehen.“ Nett gemeint war das nicht.
Jungen Arbeitnehmern fehlen wichtige Erfahrungen
Laut Mark Freebairn von der Personalberatung „Odgers Berndtson“ haben Unternehmen dabei insbesondere jüngere Mitarbeiter im Blick. Der Grund: Durch die Umstellung auf Telearbeit versiege der Talentpool. „Wahrscheinlich könnte ich jemandem, der intelligent ist, in einer Stunde die technischen Aspekte eines Jobs in der Personalvermittlung beibringen“, erklärte er. „Aber würde diese Person dann auch lernen, eine Situation subtil zu beeinflussen, zu überzeugen und zu ihrem Vorteil zu lenken? Nein. Denn hierzu muss man jemanden beobachten.“
Mit anderen Worten: Viele junge Mitarbeiter wissen offenbar nicht mehr, wie man in bestimmten Situationen mit Menschen umgeht, weil ihnen komplexe Lernerfahrungen fehlen. Im Büro zu arbeiten, hat also auch Vorteile.