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Frugalisten und FIREWie sich der Traum vom Ruhestand mit 50 verwirklichen lässt

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Vorruhestand Symbolfoto

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  1. Anhänger einer neuen Sparbewegung haushalten so, dass sie früh in den Ruhestand können.
  2. Die FIRE-Bewegung und die Frugalisten haben dafür ein ausgefeiltes System entwickelt.
  3. Wie das aussieht, was es zu beachten gilt und wie viel man ansparen sollte, erklären wir hier.

Vom vorgezogenen Ruhestand träumen viele. Die Anhänger der FIRE-Bewegung oder Frugalisten, die einfach oder bescheiden Leben wollen - setzen diese Idee mit teils ausgefeilten Plänen um. Wir klären die wichtigsten Fragen.

Was bedeutet FIRE?

Die Abkürzung steht für das Englische Financial Independence, Retire Early. Übertragen heißt das: finanzielle Unabhängigkeit, um früh in Rente zu gehen. Die Idee ist nicht neu, sie findet aber gerade immer mehr Anhänger, die sich etwa in Blogs zu Wort melden. Da ist etwa Oliver, der seit zweieinhalb Jahren auf frugalisten.de die Idee propagiert. Er verwirft ein Lebensmodell, bei dem man 40 Jahre arbeitet, um ein bisschen auf der hohen Kante zu haben. Stattdessen will er mit 40 den Job an den Nagel hängen und den Rest des Lebens verbringen, wie und womit er will.

Wie erreicht man finanzielle Unabhängigkeit?

Das Prinzip ist einfach. Wer weniger ausgibt, als er einnimmt, und das Gesparte investiert, sollte zumindest den Grundstock dafür legen, dass er einen Teil seiner Einkünfte durch Kapitalerträge ersetzen kann. Derzeit verfügen aber in Deutschland 30 Prozent der Haushalte über kein nennenswertes Vermögen, so das Institut WSI der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Sie können allenfalls wenige Wochen oder Monate ihr aktuelles Konsumniveau aus ihren Vermögen sichern. Zehn Prozent der Haushalte können mindestens knapp 13 Jahre und fünf Prozent sogar über 21 Jahre ihren aktuellen Konsum aus dem Vermögen sichern.

Wie viel muss man sparen?

In Blogs ist immer wieder von der Vier-Prozent-Regel die Rede. Am Anfang der Entnahmephase sollte auf der sicheren Seite sein, wer zunächst vier Prozent des Vermögens entnimmt und in späteren Jahren die Inflationsrate dazu addiert. Und das gewünschte Jahreseinkommen im Ruhestand ist mit 25 zu multiplizieren. Wer also 20.000 Euro im Jahr ausgeben möchte, muss 500.000 Euro ansparen.

Wie kommt man an das nötige Vermögen?

Entscheidend ist die Sparrate. Wer die Hälfte seines Netto-Jahreseinkommens von 40.000 Euro spart, hat diese Summe in rund 17 Jahren erreicht, einmal eine Jahresrendite von vier Prozent vorausgesetzt und moderate Kosten wie Ausgabenaufschlag bei Fonds oder Depotgebühren. Wer also mit Mitte 20 so spart, hat das Ziel etwa mit Anfang 40 erreicht. Wer mehr spart, ist schneller am Ziel, bei Sparquote von 65 Prozent nach rund zehn Jahren. Bei einer Sparquote von 25 Prozent dauert es dagegen über 30 Jahre. Außerdem zahlt sich Bescheidenheit aus. Wer mit 1000 Euro im Monat auskommt, braucht "nur" 300.000 Euro. Bei einem Jahresnetto von 30.000 Euro und gesparten 18.000 Euro pro Jahr entsprechend einer Sparquote von 60 Prozent sollte diese Summe in gut zwölf Jahren erreicht sein. Bei Nettoeinkommen von 1000 oder 1500 Euro im Monat ist ein deutlich vorgezogener Ruhestand allerdings kaum zu erreichen.

Wo wird gespart?

Eigentlich an allem. Die Wohnkosten müssen sehr niedrig sein. Urlaub ist kaum drin, ebenso Restaurantbesuche oder Theater. Auf ein Auto sollte der Extremsparer verzichten und wohl auch auf Zigaretten und Bezahlfernsehen.

Wie wird investiert?

Rendite hilft deutlich, die Sparziele zu erreichen. Die ist gar nicht so leicht zu erzielen im Niedrigzinsumfeld. US-FIRE-Anhänger setzen in ihren Blogs oft auf ETFs, Indexfonds mit niedrigen Gebühren. Auch Immobilien oder Immobilienfonds werden empfohlen oder stille Unternehmensbeteiligungen. Da ist der deutsche Anleger in der Regel vorsichtiger. Rendite gibt es aber nicht ohne Risiko.

Wie wird entspart?

Vor der Rentenphase sollte sich der Sparer sein Vermögen ganz genau ansehen. Wie die Märkte in zehn oder 20 Jahren aussehen, lässt sich heute nicht sagen. Möglicherweise gibt es auch neue Steuergesetze, die berücksichtigt werden müssen. Vielleicht sollte das Vermögen von riskanteren Aktienanlagen umgeschichtet werden in Anleihen, die weniger schwanken. Ganz unangenehm ist eine Schwäche am Aktienmarkt zu Beginn des Ruhestands. Selbst eine Entnahme von konstant vier Prozent kann bei gleichzeitiger Marktschwäche das Kapital so stark schrumpfen lassen, dass es keine 20 Jahren mehr den Lebensunterhalt deckt. Dann muss der Rentner möglicherweise zumindest stundenweise wieder arbeiten.