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Debatte um SicherheitNur noch ein Pilot pro Flieger? Gewerkschaften schlagen Alarm

Lesezeit 3 Minuten
Während des gesamten Fluges sind bei Linienmaschinen heute standardmäßig zwei Piloten im Cockpit. Das könnte sich ändern.

Während des gesamten Fluges sind bei Linienmaschinen heute standardmäßig zwei Piloten im Cockpit. Das könnte sich ändern.

Die Flugbranche diskutiert, ob in Zukunft nur noch ein Pilot in Linienflugzeugen im Cockpit sein muss. Gewerkschaften warnen vor Sicherheitsrisiken.

Statt zweien in Zukunft nur noch ein Pilot im Cockpit von Linienflugzeugen? Dieser Vorschlag wird in der Flugbranche gerade ziemlich kontrovers diskutiert. Die Diskussion dreht sich um die kryptische Abkürzung „eMCO“. Sie steht für „extended Minimum Crew Operations“, einfach ausgedrückt: die Idee einer erweiterten Mindestbesatzung.

Während heute Standard ist, dass zwei Piloten während der gesamten Dauer eines Fluges die Maschine überwachen und steuern, zielt der eMCO-Vorschlag auf eine Doppelbesatzung nur während der kritischen Phase eines Fluges ab – also während des Starts und der Landung. In der Zwischenzeit des Reisefluges dagegen könnte ein Mann oder eine Frau allein das Ruder übernehmen, während der andere Pilot sich ausruht. Aktuell sind für lange Flüge drei Piloten vonnöten, damit einer sich ausruhen kann und noch immer zwei das Cockpit steuern und überwachen.

Luftfahrtexperte sieht Technik bereit

„Der Vorstoß kommt jetzt, weil aus Sicht der Ingenieure der Flugzeughersteller die Technologie einen Status erreicht hat, dass man ernsthaft über so etwas nachdenken kann“, sagt Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt im Gespräch mit unserer Redaktion. „Und er kommt natürlich auch, weil Piloten teuer sind und in Zukunft Mangelware bleiben werden.“

Der aktuelle Vorstoß kommt vom Europäischen Luft- und Raumfahrtunternehmen Airbus und dem französischen Flugzeughersteller Dassault. „Technologisch ist es machbar“, sagte Christian Scherer, Chef des Verkehrsflugzeuggeschäfts bei Airbus, in einem Interview bereits vor Monaten. Und auf Anfrage unserer Redaktion heißt es bei Airbus, es handele sich um Studien, die Bestandteil der Weiterentwicklung seien, um mit den technologischen Branchentrends Schritt zu halten. Crew und Piloten würden immer die entscheidende Instanz bleiben. Der Automatisierung falle die Rolle der Assistenz und der Reduzierung der Arbeitsbelastung zu.

Weniger Piloten pro Flug: Agentur für Flugsicherheit prüft

Die Prüfung des Anliegens liegt bei der Agentur für Flugsicherheit der Europäischen Union (EASA). „Für die EASA ist die oberste Prämisse, dass die Sicherheit nicht beeinträchtigt werden darf“, teilt die Behörde auf Anfrage mit. „Daher muss der Betrieb nachweislich mindestens so sicher sein wie der derzeitige Betrieb mit zwei Piloten, um eine Zulassung zu erhalten.“

Genau das aber bezweifeln Vertreter von Piloten rund um den Globus. Die nordamerikanische Gewerkschaft ALPA sieht in dem Vorschlag eine Bedrohung für die Sicherheit in der kommerziellen Luftfahrt. Der Europäische Dachverband der Pilotenverbände hat eine Kampagne gestartet, um den Vorstoß der Flugzeugindustrie zu verhindern.

„Die Zusammenarbeit von zwei Piloten im Cockpit als entscheidender menschlicher Faktor im Umfeld komplexer Technik bildet das Fundament für sichere Flüge“, sagt Frank Blanken von der deutschen Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. Es sei schleierhaft, wie die gleiche Sicherheit im Flugverkehr mit einer reduzierten Cockpitbesatzung erreicht werden soll. Die Gewerkschaften warnen, dass sich bei nur einem Piloten die Arbeitsbelastung erhöhe, was zu Fehlern führen könne. Zudem sei im Fall der Handlungsunfähigkeit des Piloten ein Stellvertreter essentiell.

Wann eine Entscheidung fallen könnte, ist derzeit offen. Die ursprünglich von den Herstellern vorgeschlagene Umsetzungsfrist habe sich bereits erheblich verlängert, seit die EASA stärker in die technischen Diskussionen eingebunden ist, teilte die Behörde mit.