Die Weltmarktpreise für Kakao sind steil nach oben geschossen. Über die Folgen sprach Fairtrade-Vorständin Claudia Brück mit Ralf Arenz
Fairtrade-Vorständin in KölnWarum Bauern kaum von hohen Kakaopreisen profitieren

Von Bananen über Kaffee und Kakao bis zu Wein reicht die Palette fair gehandelter Produkte.
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Frau Brück, die Kakaopreise auf dem Weltmarkt sind stark gestiegen. Profitieren da auch die Bauern, die den Rohstoff etwa für fair gehandelte Schokolade liefern?
Nur bedingt. Auf dem Weltmarkt hat sich der Kakaopreis innerhalb der letzten zwei Jahre teils verfünffacht. 70 Prozent des Fairtrade-Kakaos kommt aus Ghana und der Elfenbeinküste, wo es staatlich festgesetzte Preise gibt. Hier sind die Preise ab Hof zwar angepasst worden, aber nicht analog zum Weltmarktpreis, in den nicht regulierten Märkten war die Preisanpassung höher.
Ein Grund für die hohen Kakaopreise sind schlechtere Ernten.
Solche Marktturbulenzen habe ich noch nicht erlebt. Wegen des Klimawandels sind die Ernten um etwa 30 Prozent niedriger ausgefallen. Danach hat eine Spekulation bei Kakao eingesetzt, die die Preise durch die Decke hat gehen lassen. Mit der Erntemenge hatte das nicht mehr unbedingt zu tun.
30 Prozent geringere Ernte und fünffach höher Preise. Bleibt da nicht doch etwas bei den Bauern hängen?
Die aktuelle Lage ist kompliziert. Was bei den Bauern angekommen ist, reicht jedenfalls nicht, um 50 Jahre Unterfinanzierung auszugleichen. Wir haben etwa das Problem, dass sich Bauern jetzt links und rechts umsehen und versuchen, ihren Kakao selbstständig zu verkaufen statt vereinbarte Verträge zu erfüllen. Das bringt einige Kooperativen und Exporteure in Schieflage. Auch die Industrie ist alarmiert. Gerade hier auf der ISM gibt es harte Verhandlungen, weil Abnehmer in den Industrieländern sagen, dass die Konsumenten nicht bereits sind, die hohen Preise zu bezahlen.
Ist denn schon spürbar, dass die Kunden weniger Schoko-Artikel kaufen?
Die deutschen Kunden sind sehr preissensibel. Sie schauen etwa stärker auf die Preise als Kunden in Österreich und der Schweiz etwa. Da betont der Handel, dass höhere Preise schlecht abbildbar wären. Es werden Rezepturen geändert, um Kakao durch billigere Rohstoffe zu ersetzen. Auch werden Packungen kleiner, so dass eine Tafel Schokolade manchmal nur noch 90 Gramm hat. Dadurch sinkt natürlich die Kakaomenge, die Bauern absetzen können.
Auch Kaffee ist im Supermarkt gerade teurer geworden.
Ja, auch hier ist das Phänomen zu beobachten und auch beim Orangensaft gibt es hohe Preissteigerungen. Der Klimawandel setzt den Erzeugern zu. Das bedeutet: geringere Ernten, Mehrarbeit oder auch höhere Kosten für Düngemittel, um die Erträge zu stabilisieren.
Können Sie für Fairtrade schon eine erste Bilanz für 2024 ziehen?
Es liegen noch nicht alle Zahlen vor. Über alle Segmente sind wir wohl stabil geblieben. Bei Gebäck habe wir um vier Prozent zugelegt, auch Tafelschokolade ist im Plus, und bei Trinkschokolade gibt es einen Zuwachs von neun Prozent.
Sie zahlen ihren Erzeugern nicht nur höhere Preise, sie bieten auch Programme zur Fortbildung. Ist das erfolgreich?
Das ist sehr erfolgreich. Unser Kollegen in Westafrika setzen speziell in der Kakao-Region ein Programm um, das den Kakao-Anbau ertragreicher und klimaresistenter macht und Einkommensdiversifizierung ermöglicht. Trotzdem ist uns klar: Hier ist eine großflächige Arbeit nötig. Wir wollen auf der ISM viele überzeugen, dass investiert werden muss, um die Industrie zu erhalten.
Kommt das an?
Wir haben in Gesprächen großes Interesse wahrgenommen. Ich bin zuversichtlich.