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Corona-KriseSupermärkte profitieren von „Selbstkochern“ – Gastronomie erliegt

Lesezeit 4 Minuten
Leere Gaststätte

Stühle hoch, keine Gäste: Restaurants und Gaststätten haben immer weniger Gäste wegen des Coronavirus.

Berlin/Köln – Geschlossene Schulen und Kitas, Kantinen im Notbetrieb, leere Kneipen und Cafés: Das sich ausbreitende Coronavirus und die zunehmenden Einschränkungen im Alltag schlagen sich auch im Konsumverhalten nieder: Es wird wieder mehr zu Hause gekocht und gegessen - Gaststätten als „öffentliche Wohnzimmer“ werden gemieden.

Das dürfte nach Beobachtungen des Lebensmittelhandels und von Branchenexperten dazu führen, dass in Supermärkten anders und mehr eingekauft wird. Auch Lieferdienste profitieren momentan. Auf Großkunden spezialisierte Lebensmittelhändler dagegen müssten mit deutlichen Einbußen rechnen, so die Fachleute. Die prekäre Situation für Hotels und Gaststätten schlage bei Großhändlern und Großmärkten durch.

Corona-Krise: Auch die Hotel- und Tourismus von Virus stark betroffen

Der Nachfragerückgang von Gastronomen, Hotels, Kitas und Kantinen sei deutlich spürbar, sagt Marcus Schwenke, Geschäftsführer des Großhandelsverbandes Foodservice. Einbrüche seien leicht zeitversetzt zum Gastgewerbe zu erwarten. Sollten Insolvenzen in der Gastronomiebranche zunehmen, könne dies dramatische Folgen für Großhändler haben - noch weit nach dem Pandemie-Ende, fürchtet der Verband, der Anbieter wie Metro und Selgros/Transgourmet vertritt.

Die Warnungen des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga verheißen nichts Gutes. „Die Umsatzeinbußen erreichen ein nie gekanntes Ausmaß“, schlägt Dehoga-Präsident Guido Zöllick Alarm. Auch die private Nachfrage gehe spürbar zurück: „Inzwischen leidet die gesamte Branche in der gesamten Republik – ob Hotels, Restaurants, Caterer, Kneipen, Bars, Diskotheken und Clubs, ob Betriebs-, Stadion- und Verkehrsgastronomie“ - ob in der Stadt oder auf dem Land.

Folgt man Experten der Boston Consulting Group (BCG), können Lebensmittelhändler nicht nur in Deutschland „über mehrere Wochen“ mit einem anhaltenden Plus von 10 bis 15 Prozent rechnen. Zwei Haupttreiber gebe es: Zum einen lagerten Kunden Hygiene- und Gesundheitsprodukte ein. Andererseits mieden Menschen Restaurants und verbrächten mehr Zeit zu Hause. Das Onlinegeschäft sei zuletzt rasant gestiegen. Allerdings: Aus Angst vor Ansteckung könnten Konsumenten ihren Aufenthalt im Supermarkt begrenzen, was die Nachfrage nach frischen Produkten wiederum dämpfen dürfte.

BCG-Einzelhandelsexperte Markus Hepp macht in Deutschland in der Coronavirus-Krise drei Phasen aus. In der ersten Krisenwelle seien in hohem Maße Produkte wie Desinfektions- oder Reinigungsmittel gekauft worden. In Welle zwei seien Vorräte gebildet worden, nachdem klar gewesen sei, dass mit längerfristigen Auswirkungen zu rechnen sei.

Coronavirus: Nachfrage nach frischen Produkten steigt

Aktuell befinde sich Deutschland in Welle drei: Es gibt teils starke Einschränkungen im sozialen Leben. Dadurch steige die Nachfrage nach frischen Produkten. Aber auch nach Fertiggerichten, weil vermehrt zu Hause gekocht wird, sagt Hepp. „Das schlägt sich natürlich in den Verkaufszahlen dieser Kategorien nieder, wo wir beispielsweise 10 bis 20 Prozent Wachstum im italienischen Markt beobachten konnten.“ Besonders negativ betroffen seien Großhändler für Restaurants oder Hotels, wo ein Einbruch der Nachfrage um bis zu 30 Prozent drohe.

Ungewöhnliche Umsatzsprünge in den Supermarktketten hatte das Nürnberger Forschungsinstitut GfK schon vor gut einer Woche ermittelt: Die Verkaufsumsätze mit Fertigsuppen seien im Lebensmitteleinzelhandel um 112 Prozent im Vergleich zur Vorwoche gestiegen, bei Fisch- und Obstkonserven um je 70 Prozent, bei Teigwaren um 73 Prozent. Der gesamte Lebensmitteleinzelhandel habe damit in dieser Zeit über alle Waren ein Plus von 14 Prozent verzeichnet. Sicher ein Einmaleffekt, aber der aktuelle Rückzug ins Private dürfte weiter für gute Geschäfte sorgen.

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Online-Lieferdienste für Lebensmittel und Essen könnten ebenfalls zu den Gewinnern gehören. Anleger jedenfalls bekommen Appetit auf Aktien börsennotierter Essenslieferanten. Die Anbieter selbst geben sich vorerst zurückhaltend. Beim Lieferdienst Delivery Hero etwa wird aktuell ein „leichter Anstieg der Kundennachfrage“ registriert, „da immer mehr Menschen beschließen, ihre Mahlzeiten und Lebensmittel online zu bestellen, um überfüllte Räume zu vermeiden“. Aber es gebe „keine großen Veränderungen“ beim globalen Wachstum.

Zugeknöpft gibt man sich beim Kochbox-Versender Hellofresh. Man könne „sehr schnell auf Nachfrageschwankungen“ reagieren. Zum derzeitigen Bestellvolumen aber werden keine Angaben gemacht. Die Branche reagiert zudem so: Lieferando-Kuriere stellen zur Eindämmung der Ansteckungsgefahr bestelltes Essen nur noch an der Wohnungstür ab, wie die niederländische Lieferando-Mutter Takeaway mitteilte.