Zwei Kölner Institute legen mit Blick auf den Black Friday Zahlen vor, die den Handel wohl nicht sehr hoffnungsvoll stimmen.
Black FridayExperten aus Köln sehen kaum Bereitschaft zu Spontankäufen
Die US-amerikanische Tradition, den letzten Freitag im November als Black Friday mit besonderen Angeboten im Einzelhandel zu inszenieren, greifen seit Jahren vermehrt auch hiesige Händler auf – und das lange mit Erfolg: In der sich daran anschließenden Woche, die die Schnäppchenjäger als „Black Week“ oder „Cyber Week“ feiern, machen Händler normalerweise einen großen Teil ihres Jahresumsatzes. In diesem Jahr sehen Experten die Zeichen jedoch nicht auf Kaufrausch.
„Insgesamt planen Konsumenten, 30 Prozent weniger auszugeben als im Vorjahr, 33 Prozent wollen auf teure Marken verzichten“, berichtete das in Köln ansässige Institut für Handelsforschung (IFH), das mit Blick auf den bevorstehenden Black Friday den neuen Trend Check Handel Vol. 9 seiner Tochtermarke ECC vorlegte. Dieser richtet den Blick schwerpunktmäßig auf das E-Commerce, also den Versandhandel und kommt zu dem Ergebnis, dass dieses Jahr 91 Prozent der Verbraucher ihre Produkte während der Black-Friday-Aktionen bei Amazon kaufen wollen. Letztes Jahr sprachen sich nur 78 Prozent der Konsumenten für den Marktführer aus.
Gekauft wird, was sowieso geplant war
Der Versuchung, durch günstige Angebote spontan etwas zu kaufen, wollen aber nur 26 Prozent der Kunden nachgeben – deutlich weniger als 2022, als sich dazu noch 33 Prozent der Befragten bereit erklärten, oder gar 2021, als diese Gruppe auf 46 Prozent kam. Wer etwas kauft, wählt Artikel aus, die sonst zu teuer sind (63 Prozent) oder deren Anschaffung ohnehin geplant war (58 Prozent). Der Sparkurs geht ausgerechnet zu Lasten saisonaler Artikel: Adventskalender, Weihnachtsbäume und Weihnachtsmarktbesuche werden hier genannt.
Nachdem zuletzt der Handelsverband Deutschland meldete, dass für November und Dezember ein Umsatzminus von 5,5 Prozent gegenüber 2022 zu erwarten sei, legt jetzt auch der Kreditversicherer Atradius nach. Das Unternehmen erwartet eine steigende Zahl von Insolvenzen, sieht aber nicht für alle Bereiche gleichermaßen düster in die nächste Zeit. Für das vierte Quartal kalkuliert das Unternehmen Umsatzrückgänge in Höhe von 1,6 Prozent. Besonders schlecht sehe es aus für Anbieter von Haushaltsgeräten und Textilien, für die Umsatzrückgänge von fünf Prozent zu erwarten seien. Anders die Unterhaltungselektronik: Hier erwartet das weltweit tätige Unternehmen mit Sitz in Köln einen Umsatzrückgang von nur zwei Prozent im Vergleich zu den Zahlen vom Vorjahr.
Kreditversicherer: 21 Prozenten mehr Insolvenzen 2023 und zehn Prozent mehr 2024
Trotz einer sich verlangsamenden Inflation, eines robusten Arbeitsmarktes und solider Lohnzuwächse sei die Kauflaune der Verbraucher gesunken, zumal sie angesichts abzubauender Lagerbestände seit Monaten mit attraktiven Preisen konfrontiert seien: „Dieses Überangebot führt zu ganzjährigen Preisaktionen.“ Die daraus resultierenden niedrigeren Gewinnspannen treffen in den Unternehmen zusammen mit steigenden Kosten, und nicht nur das: „Gleichzeitig sind neue Kreditfazilitäten im Vergleich zur aktuellen Zinsentwicklung wesentlich teurer, was die Lage zusätzlich verschärft“, so Frank Liebold, Country Director Deutschland bei Atradius.
Auch im Online-Handel sei nicht mit Entspannung zu rechnen. Die erwarteten Folgen: Atradius geht davon aus, dass die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im Jahr 2023 generell um 21 Prozent und im Jahr 2024 um zehn Prozent steigen werden. Für den Einzelhandel lasse sich diese Größenordnung übertragen: „Angesichts der großen Herausforderungen des Handels im zweiten Halbjahr 2023 und im nächsten Jahr, wird die Zahl der Insolvenzen im Einzelhandel das Niveau des Gesamtmarktes widerspiegeln“, so Liebold.
Kritik am Black Friday
„Der Black Friday ist Sinnbild für schnellen Konsum und den Billigwahn unserer Zeit“, kritisiert Claudia Brück, Vorständin von Fairtrade Deutschland. Der Verein nimmt den Tag zum Anlass, um besonders auf die Missstände der Textilindustrie hinzuweisen: Diese verursacht Fairtrade Deutschland zufolge weltweit mehr CO2-Ausstoß als der gesamte Schiffs- und Flugverkehr zusammen.
Bei Rabatten von bis zu 70 Prozent würden diejenigen draufzahlen, die Kleidung und andere Textilien herstellen. Selbst reguläre Preise seien aber derzeit nicht ausreichend, um fairen Lohn für Textilarbeiter zu gewährleisten. Im indischen Tiruppur, einem der wichtigsten Produktionsstandorte für Strickwaren, verdiene eine Näherin nur etwa 44 Prozent des existenzsichernden Lohnes.