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Baufinanzierung bei steigenden ZinsenKann ich mir die Hypothek überhaupt noch leisten?

Lesezeit 5 Minuten
Gerüste stehen an noch nicht fertig gebauten Häusern in einem Neubaugebiet.

Ein Neubaugebiet: Die Nachfrage nach Baufinanzierungen ist eingebrochen.

Der Wunsch nach dem eigenen Haus oder Eigentumswohnung ist immer schwieriger zu erfüllen. Tipps, um eine Finanzierung möglich zu machen.

Die Zahl der Stornierungen von Bauprojekten steigt, während gleichzeitig die Nachfrage nach Immobilienkrediten einbricht. Der Grund: Hohe Zinsen und steigende Baukosten lassen für viele den Traum vom Eigenheim platzen. Doch ist die Situation wirklich so ausweglos? Welche Möglichkeiten gibt es, um die monatlichen Kreditraten bei der Baufinanzierung zu senken, damit ein Immobilienkauf doch noch möglich wird? Ein Überblick über mögliche Hebel und wie sinnvoll diese sind:

Immobilienkauf: Eigenkapital senkt Monatsrate

Der beste Weg, die Monatsrate zu verringern, ist, mehr Eigenkapital aufzubringen. Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein nennt das „den Königsweg“. Denn wer mehr eigenes Geld in die Finanzierung einbringt, muss nicht nur weniger Kredit für die Finanzierung aufnehmen. Zugleich berechnet die Bank durch den kleineren Baukredit einen niedrigeren Zinssatz.

Beides senkt also die Monatsrate. „Jeder Euro mehr spart ganz erheblich Zinsen“, sagt Herte. Oft reichen schon wenige Tausend Euro mehr Eigenkapital, um von der Bank einen besseren Zinssatz zu bekommen und fünfstellige Summen zu sparen. Als mögliche Geldquellen können beispielsweise Riester-Verträge, Bausparguthaben oder Lebensversicherungen helfen.

Aber auch Immobilien, Aktien, Investmentfonds oder sonstige Wertpapiere zählen zum Eigenkapital. Vielleicht lässt sich bei manchem auch ein Teil des Erbes schon früher ausbezahlen. Wer auf all das nicht zurückgreifen kann, dem können eventuell Freunde oder Verwandte mit einem niedrig verzinsten oder zinslosen Darlehen aushelfen. Verbraucherschützer Herte zufolge sollte mindestens so viel Eigenkapital vorhanden sein, dass man die Kaufnebenkosten daraus finanzieren kann.

Kreditrate mit geringerer Tilgung senken

Eine andere Möglichkeit, die finanzielle Belastung im Monat zu senken, ist eine geringere Tilgung. Die monatliche Kreditrate setzt sich aus einem Tilgungs- und einem Zinsanteil zusammen. Die Höhe der Rate bleibt bei einem Annuitätendarlehen immer gleich. Mit jeder zurückgezahlten Rate verändert sich aber die Zusammensetzung der nächsten Zahlung.

Weil der Zins immer auf die Restschuld anfällt, wird die Zinszahlung bei jeder nächsten Rate geringer, und entsprechend erhöht sich die Tilgung um diesen Betrag. In Niedrigzinszeiten war es üblich, mit drei oder sogar vier Prozent Tilgung von der gesamten Kreditsumme zu beginnen. Weil sich viele Menschen das aber nicht mehr leisten können, weil sie ja schon mehr für die Zinsen bezahlen müssen als früher, lassen sich immer häufiger niedrigere Tilgungen beobachten.

Grundsätzlich gilt jedoch: Je höher die anfängliche Tilgung, desto schneller ist das Darlehen abbezahlt und desto weniger Jahre müssen Zinsen gezahlt werden. Der Tilgungssatz spielt deshalb für die Kosten des Darlehens eine bedeutende Rolle.

Verbraucherschützer Herte gibt deshalb zu bedenken: „Mit einer geringeren Tilgung wird die monatliche Belastung zwar reduziert, die Finanzierung verteuert sich jedoch insgesamt“, so der Experte. „Da sich die Zinsen nur auf den noch offenen Teil des Darlehens berechnen, dieser aber langsamer abgetragen wird, müssen über einen längeren Zeitraum Zinsen gezahlt werden.“

Baufinanzierung: Kürzere Zinsbindung kann Monatsrate senken

Die Sollzinsbindung bezeichnet die Dauer, in der der Zins für die Baufinanzierung festgeschrieben ist und nicht geändert werden kann. Diese Dauer hat dabei ebenfalls einen Einfluss auf die Höhe der monatlichen Kreditrate. Denn je länger die Zinsbindung ist, desto höher ist in der Regel auch der Zins. Für Kreditnehmer macht das insbesondere bei niedrigen Zinsen Sinn, da sie sich diese dann für Jahre festschreiben. Eine Möglichkeit, die Monatsrate zu senken, ist daher in der Regel eine kürzere Zinsbindung, allerdings hält sich der Effekt in Grenzen: Der Zinsabschlag liegt je nach Bank und Zinsbindung lediglich zwischen 0,2 und 0,6 Prozent.

Davon abgesehen: „Eine kürzere Zinsbindung lohnt dann, wenn man von sinkenden Zinsen ausgeht“, sagt Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. „So lange die Inflation noch auf einem hohen Niveau ist, halte ich das für unwahrscheinlich.“ Zudem ließe sich ein Darlehen auch bei 20 Jahren Bindung nach zehn Jahren gebührenfrei kündigen.

Immobilienmarkt: Kaufpreis verhandeln

Eine Rolle bei der Höhe der monatlichen Kreditrate spielt selbstverständlich auch der Kaufpreis. Denn je weniger eine Immobilie kostet, desto kleiner kann der Kredit ausfallen. Hier spielt der Immobilienmarkt gegenwärtig zumindest etwas Käufern in die Karte: Erstmals seit 16 Jahren sind die Preise für Wohnungen und Häuser nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts wieder leicht gesunken. Denn durch die hohen Kreditzinsen sinkt die Nachfrage.

Zwar sind die Preise nach wie vor hoch und von einem flächendeckenden Preisnachlass kann kaum die Rede sein. Allerdings muss, wer kaufen will, nicht mehr bei jedem Angebot zusagen, sondern kann sich verschiedene Immobilienobjekte anschauen und in Ruhe abwägen. Auch über den Preis lässt sich wieder sprechen.

„Wir empfehlen unseren Kundinnen und Kunden unbedingt, den Preis zu verhandeln“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin bei Interhyp. Ein Argument für einen Preisnachlass könne demnach das gestiegene Zinsniveau oder anstehende Sanierungen sein.

„Wir sehen Rücksetzer vor allem in strukturschwachen Regionen und bei Objekten, die viel zu viel Energie verbrauchen. Auch bei ehemals überbewerteten Immobilien in begehrten Metropolvierteln gibt es zum Teil deutliche Preisabschläge“, beobachtet auch Michael Neumann, Vorstandschef des Baufinanzierungsvermittlers Dr. Klein.

Weil Verkäufer über kurz oder lang deutlichere Kompromisse machen müssten, lautet sein Rat: gut vorbereitet und mutig in die Preisverhandlung gehen. Oftmals sei Noch-Eigentümern mittlerweile daran gelegen, einen zügigen Abschluss zu erzielen und das Risiko weiterer Preisrückgänge zu minimieren.

Allerdings: Wenngleich auch schon kleine Preisnachlässe helfen können, so sind Rabatte von 1.000.00 Euro und mehr, die die Monatsrate deutlich drücken würden, doch eher selten zu erzielen.