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Geld umtauschenWenn die Maus am Scheinchen rumknabbert

Lesezeit 6 Minuten

Zerrissene Scheine sind ein Fall für die Bargeld-Puzzler.

Wo tausche ich kaputtes Geld um? Werden auch Münzen ersetzt? Was passiert, wenn mein Hamster den 50-Euro-Schein zerfetzt hat? Leiter Rainer Elm, Gruppenleiter Michael Erbert und Bargeld-Gutachter Uwe Holz vom Nationalen Analysezentrum für beschädigtes Bargeld haben Antworten auf Fragen rund ums Bargeld.

Die Bundesbank ersetzt kaputte Banknoten problemlos, wenn noch mehr als die Hälfte übrig ist. Heißt das im Zweifelsfall, der Besitzer des Scheins muss ein Lineal anlegen?

Michael Erbert: Das Lineal müssen Sie nicht selbst anlegen, das machen unsere Spezialisten vor Ort. Im Normalfall kann man auf den ersten Blick feststellen, ob noch genug von der Banknote übrig ist. Manchmal müssen wir aber richtig puzzeln und einzelne Stücke mit einer Pinzette wieder zusammensetzen. Ist weniger als die Hälfte übrig, muss der Besitzer der Banknote nachweisen, dass der Rest zerstört wurde.

Vorausgesetzt, es ist noch was übrig: Wohin kann ich mein zerstörtes Geld bringen?

Rainer Elm: Als Bundesbank sind wir überregional aufgestellt. In Deutschland gibt es 41 Filialen, in denen Sie das zerstörte Geld zum Ersatz vorlegen können. In der Regel tauscht auch die jeweilige Hausbank leicht beschädigte Scheine um. In kritischen Fällen werden Sie an das Nationale Analysezentrum der Bundesbank weitergeleitet. Unser Service ist kostenlos – es geht uns darum, den Wert der Banknote und somit auch das Vertrauen in unser Zahlungsmittel zu erhalten.

Ab wann ist eine Münze nicht mehr für den Umlauf geeignet?

Michael Erbert: Auch wenn Münzen stabiler sind als Geldscheine: Fährt beispielsweise eine Straßenbahn über eine Münze hinweg, hält das Metall das kaum aus. Es kommt auch vor, dass ein Geldstück lange in der Erde liegt und korrodiert, sich also zersetzt. Laut Münzgesetz darf es für den Zahlungsverkehr nicht durchlöchert sein. Wer das mutwillig macht und die Münze etwa als Kettenanhänger um den Hals trägt, bekommt keinen Ersatz dafür.

Wenn eine Banknote mutwillig zerrissen wird, gibt es keinen Ersatz. Was ist denn, wenn mein Hund ihn zerkaut hat? Bin ich dann selbst schuld?

Uwe Holz: Wir haben immer wieder kuriose Fälle: Mäuse oder Goldhamster knabbern an Geldscheinen. Ein Hund frisst den kompletten Geldbeutel aus Leder. Einmal haben Wespen mit Papiergeld ihr Nest ausstaffiert – diese Scheine waren total verklebt. In der Regel gilt dies aber nicht als mutwillige Beschädigung. Für unsere Arbeit ist es immer gut zu wissen, wodurch das Geld beschädigt wurde. Denn unser Job kann durchaus riskant sein – nämlich wenn die Banknoten mit Chemikalien belastet sind. Dann arbeiten wir mit Schutzausrüstung.

Apropos Gefahr: Was bedeutet es, wenn Geldscheine „raubstoppverfärbt“ sind?

Michael Erbert: Raubstoppsysteme werden beispielsweise zum Schutz von Geldtransporten eingesetzt. Diese Systeme färben die Banknoten bei Aktivierung irreversibel ein, um sie für Diebe unbrauchbar zu machen. Solche Noten sind dann nicht mehr für den Umlauf geeignet.

Wie lange dauert es, bis man kaputtes Geld ersetzt bekommt?

Rainer Elm: Das kommt immer auf den Fall und den entsprechenden Bearbeitungsaufwand an. Dies kann ein paar Tage, mitunter aber auch mehrere Wochen dauern. Unser Ziel ist natürlich, den Menschen möglichst schnell zu helfen – manchmal hängt ja eine ganze Menge davon ab. Zum Beispiel wenn bei einem Einzelhändler die kompletten Einnahmen aus der Ladenkasse verbrannt sind.

Was muss ein Geldexperte wie Sie können?

Uwe Holz: Geld-Analyst ist in dem Sinne kein Ausbildungsberuf, man lernt am besten aus der Erfahrung. Aber bestimmte Talente sollte jeder Geld-Analyst von vorneherein mitbringen. Dazu gehören zum Beispiel viel Geduld, feinmechanisches Geschick und ein gutes Bild-Gedächtnis, wenn es um die Puzzlearbeiten geht.

Seit Jahren hat die D-Mark als Zahlungsmittel ausgedient – doch die alte Liebe zur Währung der Deutschen lebt fort. Nach Zahlen der Deutschen Bundesbank waren Ende November 2012 noch rund 171 Millionen D-Mark-Scheine und rund 23,7 Milliarden D-Mark-Münzen im Umlauf. Der Gesamtwert liegt bei stolzen 13,2 Milliarden D-Mark oder umgerechnet 6,75 Milliarden Euro. Oft führen aber nicht Treue oder Sammlerleidenschaft, sondern schlicht die Vergesslichkeit dazu, dass das ausgediente Geld nicht umgetauscht wird. Es bleibt jahrelang verschollen und wird dann zufällig bei Umzügen irgendwo im Keller oder in alten Koffern entdeckt.

Die Bundesbank berichtet von Geldschein-Funden im Wert von mehreren Tausend D-Mark, die etwa nach dem Tod der Großeltern beim Tapezieren hinter der alten Tapete entdeckt wurden. Eine Frau stieß nach dem Tod der Mutter auf eine außergewöhnlich wertvolle Gardine: In den Vorhang waren von oben bis unten 1000-DM-Scheine eingenäht.

Andere Hinterbliebene wunderten sich nach dem Tod von Oma und Opa darüber, dass der Arzneischrank vollgestopft war mit Tabletten-Röhrchen. „Als sie beim Ausräumen zufällig ein Röhrchen öffneten, stellten sie fest, dass sich in allen fein säuberlich eingerollt Banknoten befanden“, berichtet ein Experte der Notenbank. Auf 2500 D-Mark stieß ein Mann beim Verkauf seines Wohnwagens. Bei der Endreinigung entdeckte er die längst vergessenen Scheine, die ursprünglich für einen Urlaub gedacht waren, den er am Ende doch nicht antrat.

Die Bundesbank vermutet aber auch größere Mengen der D-Mark-Scheine im Ausland, betont ein Fachmann: „Die D-Mark wurde vor allem im damaligen Jugoslawien sowie seinen Nachfolgestaaten und in anderen Teilen Osteuropas zum Teil als Zweitwährung und weltweit als Transaktions- und Wertaufbewahrungsmittel genutzt.“

Dabei halten die Menschen vor allem ihre Münzen zurück. Im Vergleich zum Wert des D-Mark-Bargelds Ende 2000 befanden sich im November 2012 noch rund 2,4 Prozent der Banknoten, aber rund 43 Prozent der Münzen irgendwo auf der Welt im Umlauf.

Die Bundesbank wechselt das alte Geld weiterhin und unbefristet kostenlos in Euro - entweder direkt in einer ihrer Filialen oder postalisch über die Hauptverwaltung Mainz. Der Versand geschieht allerdings auf Risiko des Kunden. In Deutschland wurde von diesem Angebot in den ersten elf Monaten 2012 knapp 215.000 Mal Gebrauch gemacht. Dabei wurden Scheine und Münzen im Wert von 121,7 Millionen D-Mark (62,22 Mio. Euro) aus dem Verkehr gezogen - pro Geschäft gingen demnach bei der Bundesbank durchschnittlich rund 570 D-Mark ein.

Nicht alle Notenbanken des Eurosystems nehmen frühere nationale Währungen bis zum Sankt Nimmerleinstag an: Wer noch Französische Francs, italienische Lira oder griechische Drachmen hat, kommt zu spät. Wer noch Pesetas aus einem Spanien-Urlaub hat, kann sich hingegen Zeit lassen: Die Banco de España will wie die Bundesbank auf unbegrenzte Zeit alte Scheine und Münzen gegen Euro-Bargeld tauschen.