Auf dem Weg zur Elektromobilität stehen die Kölner Ford-Werke vor Herausforderungen.
Rückblick auf ein schwieriges JahrAuf dem Weg zur Elektromobilität haben Kölner Ford-Werke große Probleme
Energiewende, Wärmewende und Mobilitätswende. Schon im abgelaufenen Jahr sollte im Land kräftig modernisiert und umgesteuert werden. Fortschritte gab es, aber auch Rückschritte.
E-Autos boomten. In den ersten elf Monaten des Jahres wurden 469 565 reine E-Pkw in Deutschland zugelassen, 28,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Ihr Anteil an den Zulassungen betrug 18 Prozent. Doch Ford konnte an diesem Geschäft nur mit dem Mustang Mach-E teilhaben, der in den USA gefertigt wird.
Dabei hätte 2023 das Jahr werden sollen, in dem für Ford die Elektromobilität in Europa anbricht. Um zu anderen Herstellern aufzuschließen, orderte Ford Plattformen von VW, auf die die Entwickler in Köln-Merkenich zwei SUV genannte Autos in Geländewagenoptik stellten.
Fords Elektroauto-Center wird im Juni feierlich eingeweiht
Im März dieses Jahres hob sich der Vorhang vom Explorer, dem ersten Kölner E-Auto. Im Juni weihte Fords Nr. 1, William Clay (Bill) Ford Jr., in Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz das Kölner Electric Vehicle Center feierlich ein.
In Ford-Blau strahlte der Himmel über dem Kölner Werk da schon nicht mehr. 2300 Stellen fallen weg, darunter 1700 von 3800 in der Produktentwicklung. Der Großteil der Arbeit – so schien es – an den beiden E-Autos war erledigt. Große Nachfolgeaufträge eher nicht in Sicht, weil Ford die Produktpalette zusammenstreicht und Entwicklungskapazitäten in die USA verlagert.
Weitere schlechtere Nachrichten folgten. Im Juli war der letzte der rund 9,5 Millionen Fiestas in 44 Jahren in Köln montiert worden. Damit war auf den Montagestraßen Platz für E-Autos. Doch es gab eine Vollbremsung. Ford verschob im August die Markteinführung des Explorers. Angeblich erfordern neue Richtlinien von UN und EU neue Traktionsbatterien und damit auch Änderungen am Fahrzeug. Doch diese Regeln waren bereits zum Jahreswechsel 2021/2022 veröffentlich worden.
Ford verliert Marktanteile in Deutschland und Europa
Jedenfalls wurde es nichts mit Anlauf und Hochlauf der Fertigung. Statt geplanter 30 000 Explorer, die in diesem Jahr gebaut und verkauft werden sollten, werden nur wenige Fahrzeuge montiert, die auf Messen gezeigt werden und in den Schauräumen der Ford-Händler. So wurden nur 108 875 Autos in Deutschland in den ersten Monaten des Jahres neue zugelassen. Das entspricht einem Marktanteil von 4,2 Prozent. Ein zehntel Prozentpunkt darunter liegt noch der Anteil von Ford in Westeuropa. Besser läuft es bei den leichten Nutzfahrzeugen. Hier ist Ford seit Jahren Marktführer mit einem Anteil von rund 15 Prozent. Doch die leichten Nutzfahrzeuge werden vor allem in der Türkei gebaut.
Klar, dass sich die Belegschaft große Sorgen macht. Mitarbeitende forderten im November von der US-Konzernführung eine Produktionsstrategie und wollten wissen, welche Fahrzeuge ab 2026/27 in Europa wo gebaut werden.
Markt für E-Autos ist härter geworden
Während die Montage von Ford-Fahrzeugen in Saarlouis 2025 endet, wenn der Focus ausläuft, ohne dass das Werk ein Nachfolgemodell bekommt, wird für Köln ein Neustart fällig. Ab Juni wird endlich der Explorer in größeren Stückzahlen gebaut und kommt auf den Markt.
Der hat sich inzwischen allerdings gedreht und ist rauer geworden. Förderung für die für E-Autos gibt es Stand jetzt dann nicht mehr. Das dürfte Käufer abschrecken angesichts der hohen Preise, die vor allem deutsche Hersteller für E-Autos aufrufen. Weiteres Ungemach droht. Tesla zunächst, dann auch weitere Hersteller versuchen mit Rabatten Käufer zu locken. Da wird es spannend, ob der Explorer wie geplant zu Preisen ab 45 000 Euro auf den Markt kommt und wie lang die Aufpreisliste noch sein kann.
Experten erwarten einen Rückgang der Verkäufe von E-Autos in Deutschland im kommenden Jahr. Durchsetzen werden sie sich allerdings. Und die wollen dann mit Strom versorgt werden, ebenso die Wärmepumpen, die verstärkt Häuser und Wohnungen wärmen sollen.
Zweifel an der sicheren Stromversorgung
Gleichzeitig sollen zum Schutz des Klimas die Kohlekraftwerke stillgelegt werden, im Rheinischen Revier bis 2030. Darauf fußen Pläne für die Umgestaltung des Reviers und die Revitalisierung von Dörfern wie Morschenich, die vom Tagebau verschont werden sollen.
Zwar hat der Aufbau der Windkraft an Land und auf See hat endlich Fahrt aufgenommen. Und in Wochenfrist werden neue große Solaranlagen auf Kölner Dächer in Betrieb genommen. Dennoch stellen die Chefs von Versorgern verstärkt die Frage, woher der Strom kommen soll, wenn im Winter die Erneuerbaren wenig Strom liefern. Sie mahnen etwa Konzepte zum Einsatz von Gaskraftwerken und deren schnelle Genehmigung für eine Übergangszeit an. Später sollen sie mit Wasserstoff betrieben werden, für den es aber noch ein Netz zu schaffen gilt. Die Rheinenergie plant Großwärmepumpen, für die es eine Förderung braucht, die gerade auf Eis liegt.
Der starke Rückgang des Stromverbrauchs um 20 Prozent im 3. Quartal, über den das Statistische Bundesamt berichtete, dürfte trotz aller Einsparbemühungen nicht von Dauer sein. Er ist Folge einer Abschwächung in der energieintensiven Industrie, die wie die hiesigen Covestro und Lanxess unter den hohen Preisen leidet (siehe Kasten).
Lanxess nimmt energie-intensive Betriebe unter die Lupe. Für zwei Werke in Uerdingen könnte das das Aus bedeuten. Wie die gesamte Branche verlangen Lanxess und Covestro Entlastung bei den Energiepreisen.
Die Industrie investiert außerhalb Deutschlands
„Der Standort Deutschland verliert weiter an Attraktivität“, so Lanxess-Chef Matthias Zachert bereits im Frühjahr. Das Unternehmen werde nur noch in den Erhalt der Werke in Deutschland investieren. Den Wachstumsmarkt USA werde der Kölner Konzern ausbauen.