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Gegen Abfindung3000 Bauern in Holland sollen fürs Klima aufgeben

Lesezeit 3 Minuten
Sie sind viele, und sie sind laut: Niederländische Bauern protestieren gegen Umweltauflagen ihrer Regierung.

Sie sind viele, und sie sind laut: Niederländische Bauern protestieren gegen Umweltauflagen ihrer Regierung.

Die niederländische Regierung will Abfindungen zahlen, um den CO2-Ausstoß zu senken.

Niederländische Landwirte haben in diesen Tagen schlaflose Nächte. Sie quälen sich mit der Frage: Aufhören oder weitermachen? Denn die Regierung in Den Haag lockt die Landwirte mit hohen Abfindungsprämien, wenn sie die Agrarproduktion in ihren Betrieben einzustellen. Der Grund: Die landwirtschaftlichen Betriebe sind mitverantwortlich für den viel zu hohen Stickstoff-Ausstoß in den Niederlanden.

Umwelt- und Stickstoffministerin Christianne van der Wal will daher mindestens 3000 Bauernhöfe im Land schließen. Sie bietet den Bauern Abfindungen von mindestens 100 Prozent und maximal 120 Prozent des Marktwertes ihrer Betriebe an, wenn sie beispielsweise die Rinder- oder Schweinezucht oder die Milchproduktion beenden.

„Piekbelaster“ im Visier

Die Regierung hat es vor allem auf „Piekbelaster“ abgesehen, die Spitzenverschmutzer. Damit sind landwirtschaftliche Betriebe gemeint, die näher als 25 Kilometer an Naturschutzgebieten liegen und deren Stickstoff-Ausstoß einen bestimmten Grenzwert übersteigt. 60 Prozent der betroffenen Betriebe liegen in der Provinz Gelderland an der Grenze zu Deutschland. Zur Ermittlung entsprechender Betriebe ließ Ministerin van der Wal eigens eine Webseite einrichten, auf der Landwirte nach Eingabe ihrer Betriebsdaten erfahren, ob sie „Piekbelaster“ sind oder nicht.

Doch nicht alle Bauern wollen vor der Regierung blank ziehen: „Ich mache meinen Laptop nicht auf, um mich auf dieser Webseite einzuloggen. Ich gebe meinen Betrieb nicht auf. Ich mache weiter“, sagt der 41-jährige Milchbauer Bas ten Hove. „Wenn ich alle Daten meines Betriebes auf dieser Webseite eingebe, dann weiß die Regierung alles über mich und meinen Betrieb. Das will ich vermeiden. Ich fürchte auch, dass ich nicht ausreichend kompensiert werde.“ Sein Hof ist nur 600 Meter von einem Naturschutzgebiet entfernt. Wahrscheinlich fällt sein Betrieb damit in die Kategorie Spitzenverschmutzer.

Das ist ein schwarzer Tag für uns Bauern.
Bäuerin Gerda van den Heuvel, Landwirtin

Bäuerin Gerda van den Heuvel, die gemeinsam mit ihrem Mann auf ihrem Hof Kälber züchtet, lehnt die Abfindungsofferte der Haager Regierung ebenfalls ab: „Das ist ein schwarzer Tag für uns Bauern. Wir haben unseren Hof modernisiert und beispielsweise den Ammoniak-Ausstoß durch Säuberungsanlagen drastisch reduziert. Die Regierung bietet uns auch keine Alternativen an. Was sollen wir denn machen, wenn wir die Kälberzucht einstellen? Diese Ungewissheit ist schlimm.“

Das Misstrauen unter den niederländischen Landwirten gegenüber der Haager Abfindungsprämie ist groß. Wird es überhaupt 3000 Bauern geben, die sich „freiwillig“ melden? Und wenn nicht, werden die Landwirte dann enteignet? Viele fürchten genau das.

Im Agrar-Business sind die Niederlande allerdings nicht irgendwer. Nach den USA ist das Land der zweitgrößte Exporteur von landwirtschaftlichen Produkten in der Welt. Rund 54000 niederländische Agrarbetriebe exportierten nach Angaben des Zentralamtes für Statistik CBS im vergangenen Jahr Waren im Wert von rund 98 Milliarden Euro ins Ausland. Überall auf der Welt werden Schweine-, Kalb-, oder Hähnchenfleisch, Tomaten, Paprika und Gurken aus den Niederlanden verkauft. Mit 20 Millionen beheimatet das Land sogar knapp drei Millionen mehr Schweine als Einwohner. Der Hauptgrund für den relativ hohen Stickstoffausstoß in den Niederlanden ist denn auch die intensive Massentierhaltung.

Viele Bauern fürchten nun allerdings um ihre Existenz. Der Unmut über die drastische Stickstoff-Politik der Regierung ist nicht nur unter Bauern groß. Das zeigte sich bei den letzten Provinzwahlen im März, bei denen die Protest-Partei „BoerBurgerBeweging BBB“, die Bauern-Bürger-Bewegung, aus dem Stand zur stärksten Kraft wurde.