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Kitakrise300 Wissenschaftler warnen vor den Folgen und richten Appell an Bundesregierung

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Ein Kind spielt mit einer Erzieherin im Sandkasten einer Kita.

Ein Kind spielt mit einer Erzieherin im Sandkasten einer Kita. 300 Wissenschaftler und Organisationen prangern in einem offenen Brief eine Überlastung vieler Kindertagesstätten in Deutschland an.

Die Wissenschaftler warnen vor den negativen Auswirkungen von Stressbelastung in den ersten Lebensjahren vieler Kinder und einer Gefährdung des Kindeswohls.

300 Wissenschaftler und Organisationen prangern in einem offenen Brief eine Überlastung vieler Kindertagesstätten in Deutschland an. Das Schreiben, das der „Zeit“ vorab vorliegt, richtet sich an die Parteispitzen der Regierungskoalition und wird am Donnerstag veröffentlicht.

Die Wissenschaftler warnen vor den negativen Auswirkungen von Stressbelastung in den ersten Lebensjahren vieler Kinder und einer Gefährdung des Kindeswohls. Aufgrund von Personalmangel und überfüllten Gruppen zeigten bereits Ein- und Zweijährige Zeichen von Erschöpfung und Unwohlsein.

Dauerhafte Schäden

In dem offenen Brief heißt es: „Die Folgen für Kinder, Eltern, Fachkräfte und die gesamte Gesellschaft sind jetzt schon durch eine Zunahme psychischer Auffälligkeiten sowie eine wachsende Bildungslücke - insbesondere bei von Armut betroffenen oder bedrohten Kindern - fast irreparabel.“

Initiiert wurde der offene Brief von Rahel Dreyer, Professorin für Pädagogik und Entwicklungspsychologie an der Alice Salomon Hochschule Berlin, und Michael Schulte-Markwort, Kinder- und Jugendpsychiater an der Medical School in Hamburg. Unter den Unterzeichnern sind namhafte Entwicklungspsychologinnen, Kindheitspädagogen, Bildungsforscherinnen und Mediziner.

Hohe Zahl an Krankheitstagen

Vor wenigen Tagen hatte auch der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder Entlastungen des Kita-Personals gefordert. Der drohende Kita-Kollaps wegen einer überdurchschnittlich hohen Zahl an Krankheitstagen beim pädagogischen Personal müsse verhindert werden, betonte der Verband. Angesichts des branchenweiten Mangels an Fachpersonal könnten kurzfristig Ergänzungskräfte eingesetzt werden, die den Erziehern und Erzieherinnen Verwaltungsaufgaben abnehmen. Auch sollte der Dokumentationsaufwand reduziert werden.

Zuvor hatte die Bertelsmann-Stiftung von „dramatisch hohen Krankheitsausfällen beim Kita-Personal“ berichtet. 2023 seien sie im Schnitt an 30 Tagen und damit 10 Tage mehr als alle Berufstätigen arbeitsunfähig gewesen, so die Stiftung unter Bezug auf Krankenkassendaten.

„Viele Kitas stecken in einem Teufelskreis“, erklärte Anette Stein, Expertin der Stiftung für frühkindliche Bildung. „Aufgrund der steigenden Krankenstände fallen immer mehr Fachkräfte aus, wodurch die Überlastung für die verbleibenden Beschäftigten weiter zunimmt.“ Angesichts der Ausfallzeiten müssten in Deutschland zusätzlich knapp 97.000 Vollzeitkräfte für Vertretungen eingestellt werden. (kna)