„Wir werden Sie nicht vergessen“Kanzlerin Merkel verspricht Münstereifelern Hilfe
Bad Münstereifel – Einen Eindruck wollte Angela Merkel (CDU) auf jeden Fall vermeiden. Dass Bundes- und Landespolitiker für gute Bilder in die zerstörten Teile des Bad Münstereifeler Stadtgebietes gekommen seien, und dann gelte: Aus den Augen, aus dem Sinn. Zu stark seien die Eindrücke von den zerstörten Häusern und Straßen, den eingerissenen Mauern, aber auch von den vielen Menschen, die anpacken, um aus der Kurstadt wieder das zu machen, was sie bis vergangenen Mittwoch war: ein mittelalterlicher Juwel.
Erste Soforthilfe soll noch diese Woche kommen
„Wir werden Sie nicht nach kurzer Zeit vergessen“, versprach die Bundeskanzlerin in einer Pressekonferenz in Höhe der Marktstraße, keine fünf Meter entfernt von der Erft, die normalerweise ruhig durch die Stadt plätschert, sie in der Nacht zu Donnerstag jedoch zu großen Teilen in ein Trümmerfeld verwandelte. Man werde alles daran setzen, „dass das Geld schnell zu den Menschen kommt“, sagte Merkel. „Ich hoffe, dass das eine Sache von Tagen ist.“
Neben der Kanzlerin steht Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) an dem anderen Rednerpult. Im Hintergrund stapeln Baggerfahrer unentwegt die Trümmer aufeinander. Einige Hundert Menschen haben sich kurz Zeit genommen, um den Worten der beiden Politiker zu lauschen, sofern das möglich ist. Einige Besucher rufen „lauter“, während die Kanzlerin spricht. Nur schwer kann sich die Tonanlage gegen den Arbeitslärm durchsetzen. Laschet spricht vom Wiederaufbau. Das sei nun die vorrangigste Aufgabe.
Er und Merkel versprechen Hilfen von Bund und Land für die Betroffenen. „Die Formulare und die Anträge müssen ganz simpel sein, ganz einfach sein“, sagt der CDU-Bundeschef und Kanzlerkandidat: „Und sie sollen noch in dieser Woche fertig sein, damit recht bald das Auszahlen der ersten Gelder beginnen kann.“ Er sei sehr dankbar dafür, dass das Bundeskabinett an diesem Mittwoch eine erste Soforthilfe auf den Weg bringen werde. Das Landeskabinett werde diese Summe in seiner Sitzung am Tag darauf verdoppeln.
Drestündiger Besuch mit wenig Presse
Merkel geht davon aus, dass die Wiedererrichtung der zerstörten Infrastruktur wie Straßen und Bahnstrecken sowie der Wiederaufbau der Stadt länger als ein paar Monate dauern wird. Es sei sehr klar, „dass wir hier einen sehr langen Atem brauchen werden“. Gerne werde sie wieder nach Bad Münstereifel kommen um sich den Wiederaufbau anzusehen, sagte sie: „Auch wenn ich dann nicht mehr im Amt sein werde.“
Merkel und Laschet hatten sich gut drei Stunden Zeit genommen, um sich mit Landrat Markus Ramers (SPD) und Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian (CDU) zunächst die Schäden in den stark betroffenen Ortsteilen Arloff und Iversheim und dann in der Altstadt anzusehen, mit Betroffenen zu sprechen, die teils ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, und den zahlreichen Helferinnen und Helfern.
Nur ein kleiner Pressetross durfte sie dabei begleiten, die Anwohner sollten nicht allzu sehr gestört werden. Anwesende berichteten von teils rührenden Szenen. So sei aus einem Helfertrupp, der kurz Pause machte, der Ruf gekommen sei: „Frau Bundeskanzlerin, wir haben noch ein paar Handschuhe für Sie.“ Die Kanzlerin habe das mit einem aufmunternden Lächeln quittiert, berichteten Teilnehmer. Ein kurzer Augenblick in einer traurigen Zeit.
Anwohner reagierten unterschiedlich auf den Besuch
Kanzlerin und Ministerpräsident wurden zumeist freundlich von den Menschen empfangen, stellenweise wurde ihren Worten mit Applaus begegnet. Von den in Sozialen Medien angekündigten Protesten war nicht viel zu sehen. „Was sollen die Politiker denn auch machen?“, zeigte etwa der Bad Münstereifeler Emanuel Walter, dessen Wohnstätte verschont geblieben war, der aber nun einem Freund in der Altstadt beim Aufräumen hilft, Verständnis: „Kommen sie, werden sie kritisiert, kommen sie nicht, werden sie auch kritisiert.“ Wichtig sei, dass die Hilfsversprechen keine leeren Worten seien, so der 36-Jährige.
Andere empfanden den Besuch eher als störend, wollten das aber nicht mit ihrem Namen in der Zeitung lesen. Durch den Besuch, so der CDU-Bundestagsabgeordnete Detlef Seif, werde die Hilfe für Merkel und Laschet „zu einer Herzenssache“. Das sei gerade an den Tagen vor den entscheidenden Kabinettssitzungen in Berlin und Düsseldorf wichtig. Beide könnten ihren Ministern nun von ihren Erlebnissen sehr authentisch berichten.
Bürgermeisterin Preiser-Maria bittet um schnelle Hilfe und lobt Solidarität unter Anwohnern
Heinz Geusen aus Rodert sieht in dem Besuch der Kanzlerin und des Ministerpräsidenten ein Stück Anerkennung für den großen Einsatz der Bürgerinnen und Bürger beim Wiederaufbau. „Es ist wichtig, dass sie die Schäden mit eigenen Augen sehen.“ Fernseh- und Zeitungsbilder könnten den direkten Anblick der Schäden nur bedingt ersetzen. Seit Donnerstag hilft der 66-Jährige einem Freund, eimerweise Schlamm, Schrott und Müll aus dem Laden zu schaffen. Szenen, wie man sie dieser Tage vielfach in der Stadt und ihren Außenorten sieht – und die die Kanzlerin später sagen lassen: „Das einzige, das tröstet, ist die Solidarität den Menschen gegenüber, die viel verloren haben.“
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Auch Bürgermeisterin Preiser-Marian (CDU) zeigte sich erfreut über den Besuch Merkels und Laschets. Die Stadt habe eine Katastrophe ereilt, sprach Preiser-Marian die beiden Politiker direkt an: „Wir sind dankbar, dass Sie da sind.“In den vergangenen Tagen habe sich eine Solidarität im gesamten Stadtgebiet und darüber hinaus entwickelt, wie sie bislang nicht vorstellbar gewesen sei – ob Kinder, ob Erwachsene, ob Münstereifeler oder Auswärtige, alle arbeiteten Hand in Hand. Allein könnten Bad Münstereifel und die Region diese Mammutaufgabe aber nicht schultern, es bedürfe der Unterstützung von Bund und Land.
„Unbürokratische Hilfe, das ist es, was wir jetzt brauchen“, so Preiser-Marian. Die versprachen Merkel und Laschet dann auch mehrfach. Der Ministerpräsident berichtete von einem Treffen in den vergangen Tagen. „Da sagte mir jemand: Sagen Sie der Bürgermeisterin von Bad Münstereifel, dass wir 250.000 Euro für den Wiederaufbau spenden.“ Preiser-Marian zeigte eine Geste der Dankbarkeit.
Laschet erinnerte daran, dass 46 Menschen in NRW wegen der Flut ihr Leben verloren hätten, die meisten davon im Kreis Euskirchen: „Das kann man nicht wieder gutmachen.“ Es gebe kaum Worte für das, was diese Menschen und ihre Angehörigen erlitten hätten. „Aber wir können alles tun, dass die Sachschäden behoben werden“, so Laschet. Viele Menschen in den Großstädten könnten gar nicht ermessen, wie wichtig ehrenamtliches Engagement in ländlichen Bereichen sei.
Er zeigte sich aber auch beeindruckt von der großen Solidarität der Bürgerinnen und Bürger – und in der Politik. Dass der Landrat der SPD und die Bürgermeisterin der CDU angehörten, spiele in dieser Situation gar keine Rolle, so Laschet. In diesem Moment hakte sich Preiser-Marian bei Markus Ramers unter. Auch Symbole sind in dieser Zeit so wichtig.