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Wipperfürth/LindlarSo gehen freikirchliche Gemeinden mit dem Lockdown um

Lesezeit 4 Minuten

Livesendung der Mühlenberggemeinde: Astrid Knörk am Livestreamrechner und Manuel und Michael Vater im Musikteam.

Wipperfürth/Lindlar – Seit zehn Tagen gilt in Oberberg kreisweit ein Verbot von Präsenzgottesdiensten. Während in vielen katholischen und evangelischen Gemeinden die Präsenzgottesdienste ohnehin abgesagt wurden, gab es vor allem im Süden Oberbergs Kritik an den Freikirchen. Wie gehen die freikirchlichen Gemeinden in Wipperfürth und Lindlar mit dem Verbot um?

Mühlenberg-Gemeinde Wipperfürth

Die Evangelisch-Freikirchliche Mühlenberg-Gemeinde in der Hansestadt setzt in der Pandemie auf Online-Formate. „Seit Heiligabend übertragen wir die Gottesdienste wieder ausschließlich per Videostream über Zoom“, berichtet Andreas Veit, Mitglied des Leitungsteams. Seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 habe man technisch aufgerüstet. „Wir starteten mit einer Live-Cam, dann zwei und später sogar drei Live-Cams. Ein paar Wochen später sah unser Gemeindesaal aus wie ein großes Studio“, schildert Veit die Entwicklung .Es seien engagierte Audio- und IT-Teams entstanden.

Hintergrund

Verboten sind Präsenzgottesdienste seit dem 10. Januar im gesamten Oberbergischen Kreis. Zuvor galt dieses nur in einigen Kommunen mit besonders hohen Infektionszahlen. Außerdem gilt zwischen 22 und 5 Uhr eine Ausgangssperre. Zudem dürfen sich Mitglieder eines Haushaltes nur mit einer Person aus einem anderen Haushalt treffen.

Bislang gilt diese Verordnung zunächst bis zum 25. Januar. Ob es zu einer Verlängerung kommt, war Dienstagnachmittag noch unklar. „In Abstimmung mit Land und Bund wird der Kreis über das weitere Vorgehen entscheiden“, teilte die Pressestelle des Kreises mit. (cor)

Die Internetübertragung biete zudem einige tolle Möglichkeiten, um interaktiv und live mit dem Gemeindemitgliedern zu kommunizieren, etwa per Chat. Zwischen 20 und 30 Haushalte würden die sonntäglichen Übertragungen verfolgen, so Veit. Die Jugendlichen der Gemeinde würden sich ohnehin online treffen.

Die Mühlenberg-Gemeinde möchte ihr Internet-Angebot noch weiter ausbauen, gedacht sei etwa auch einen theologischen Online-Stammtisch, der sich mit Fragen zur Bibel beschäftigt. Was den Gemeindemitgliedern dagegen wirklich fehle, sei das gemeinschaftliche Singen und Beten, so Veit.

Gemeinschaft Entschiedener Christen

Einen anderen Weg geht die „Gemeinschaft Entschiedener Christen“, die ihr großes Gebetshaus an der Egener Straße in Wipperfürth haben. „Baptisten, aber auch ehemalige Memnoniten zählen zu unserem Gemeindemitgliedern“, erklärt Viktor Klassen, der seit 2018 in der Leitung der Gemeinde arbeitet.

Die Gottesdienste im Gemeindehaus laufen ein wenig anders ab als in katholischen oder evangelischen Gemeinden üblich. Im Zentrum steht zwar auch hier eine Predigt, doch die wird nicht von einem Pfarrer gehalten, vielmehr teilen sich drei Personen diese Aufgabe. Der Sonntagsgottesdienst, die Gebetsstunde und die Bibelstunde werden derzeit ausschließlich per Telefonkonferenz ausgestrahlt, die Gläubigen können von zuhause aus zuhören, eine Videoübertragung gibt es nicht. Für Klassen ist das eine „Notlösung“, er hofft, dass möglichst bald wieder direkte Begegnungen möglich sind.

In einigen Kommunen in Oberberg, die einen hohen Anteil von freikirchlichen Christen haben – wie etwa Waldbröl – gab es zeitweise besonders viele Corona-Infektionen. Die Frage, ob hier ein Zusammenhang besteht, wird kontrovers diskutiert. Laut Kreis finden rund 50 Prozent der Ansteckungen innerhalb der Familien statt. Manche Familien, die sich zur Freikirche bekennen, sind sehr kinderreich.

Viktor Klassen betont, dass man an der Egener Straße schon seit Beginn der Pandemie, als Präsenzgottesdienste noch erlaubt waren, großen Wert auf Vorsichtsmaßnahmen gelegt habe. „Bei uns hat jeder Besucher seinen festen Sitzplatz, so dass wir stets genau nachverfolgen können, wer neben wem gesessen hat.“ Mittlerweile gebe es zwar einige Mitglieder, die sich mit dem Corona-Virus infiziert hätten. „Es gab aber keinen Fall, wo sich ein Nachbar, der im Gottesdienst daneben saß, infiziert hat“, so Klassen.

Freie Evangelische Gemeinde Wipperfürth

Auch bei der Freien Evangelische Gemeinde (FEG) am Wipperfürther Stauweiher leidet das Gemeindeleben unter der Pandemie. Zunächst wechselte man in einen zweiwöchigen Rhythmus, seit Anfang Dezember hat gar kein Gottesdienst mehr stattgefunden. Die für der 20. und 24. Dezember vorgesehenen Veranstaltungen wurden kurzerhand abgesagt.

Angela Kern ist sei 2013 in der Gemeinde aktiv, seit 2019 ist sie in der Leitung. „Wir halten uns an alle staatlichen Auflagen“, betont sie. Schon im Frühjahr 2020 habe man ein Hygienekonzept erstellt, es mehrfach überarbeitet und an die geänderten Regeln angepasst. Anmeldungen zum Gottesdienst sind vorgeschrieben, die Stühle werden entsprechend gestellt. „Als es noch erlaubt war, haben wir vor unserem Gemeindezentrum auf dem Parkplatz gesungen.“ Doch das sei jetzt auch nicht mehr erlaubt, „und daran halten wir uns auch“. Kern hat von freikirchlichen Gemeinden gehört, wo trotz Verbots gesungen wurde.

Die Wipperfürther Gemeinde ist eine Tochter der größeren FEG Hückeswagen, mit Hückeswagen teilt man sich auch den Pastor. Dort finden Videogottesdienste auf Youtube statt. „Für eine kleine Gemeinde wie uns mit rund 30 Mitgliedern ist das derzeit nicht machbar“, sagt Kern.

Neuapostolische Gemeinde Lindlar

In der kleinen Neuapostolischen Kirche an der Ludwig-Jahn-Straße in Lindlar finden schon seit längerer Zeit keine Präsenzgottesdienste mehr statt. Stattdessen bietet die Neuapostolische Kirche West zentrale Videogottesdienste über YouTube an, die alternativ auch über das Telefon empfangen werden können.

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Auf ihrer Internetseite gibt die Neuapostolische Kirche Westdeutschland viele konkrete Vorgaben zu Gottesdiensten während der Corona-Pandemie. Man unterstütze die Maßnahmen der Regierung und habe das Gemeindeleben und damit auch die Kontakte auf ein Minimum reduziert, so ist es dort zu lesen.