Wegen Corona geschlossenLindlarer Freilichtmuseum hat die vergangenen Monate genutzt
Lindlar – „Bettwäsche, Tischdecken, Handtücher, Topflappen“ steht auf einer von unzähligen flachen Pappschachteln. Gegenüber, auf einer Kleiderstange, hängen weiße Blusen und Hemden. In einer Schublade lagern Mützen, Kappen und Hüte.
Sie alle sind Teil der Textilsammlung des LVR-Freilichtmuseums Lindlar. Über 1700 Objekte lagern hier, vom Taschentuch bis zum Hochzeitskleid. Ninon Noack, wissenschaftliche Volontärin des Museums, greift eine Kappe aus dem Schrank. „Die hing früher an einem Haken“, erklärt sie und zeigt auf eine Stelle, wo der Stoff gelitten hat. Jetzt soll das gute Stück unterfüttert werden, damit es keinen weiteren Schaden nimmt.
Zeit für Dinge, die sonst liegen bleiben
Zusammen mit Astrid Beling, die als Volontärin für die Restaurierung im Museum arbeitet, nimmt sie eine rote Wildleder-Kombination aus den 1970er Jahren in Augenschein. Die beiden jungen Frauen entscheiden, dass sie nicht ein einem Karton gelagert, sondern auf einen gepolsterten Bügel gehängt werden soll. Denn durch Falten könnten Druckstellen entstehen.
Weil das Freilichtmuseum durch den Lockdown geschlossen ist, haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Museums jetzt mehr Zeit für Dinge, die im Alltag sonst liegen bleiben. Dazu gehört die Neuorganisation des Textildepots. „Kleidung ist ein ganz spannendes Thema, weil es so nah am Menschen ist“, sagt Marie Kramm, wissenschaftliche Volontärin des Museums.
Handschuhe sind Pflicht
Beim Sortieren von Textilien sind viele Regeln zu beobachten: Handschuhe sind für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Pflicht. Weil Sonnenlicht und ultraviolette Licht Farben ausbleichen, kommen die Depoträume des Museums am Schellerhof ohne Tageslicht aus. Hygrometer überwachen permanent die Luftfeuchtigkeit. Werden neue Stücke in die Sammlung aufgenommen, müssen diese als erstes sorgfältig auf Schädlinge wie Motten untersucht werden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Und schließlich sollen im Rahmen der Neuorganisation die einzelnen Objekte vollständiger als bislang in einer Datenbank erfasst werden. Dazu kommt eine neue Systematik. Bislang wurden die Lagerboxen nach Eingang katalogisiert, künftig geschieht das systematisch: Hut kommt zu Hut, Schuh zu Schuh, Tischtuch zu Tischtuch. „Das älteste Stück in der Sammlung ist eine russische Uniform aus den 1850er Jahren“, berichtet Petra Dittmar, Volkskundlerin des Museums. Die Uniform, von der nicht ganz klar ist, wie sie ins Bergische kam, hing viele Jahrzehnte auf einem Dachboden.
Wozu aber dient die Textilsammlung? „Sammeln ist unser Grundauftrag“, erklärt Archivar Frederik Grundmeier. Anhand von Kleidung und dem Umgang damit lässt sich der kulturgeschichtliche Wandel gut dokumentieren. Vor 60 Jahren etwa wusste jede Hausfrau noch, wie man Strümpfe stopft – ein Wissen, das heute weitgehend verloren ist. Für Ausstellungen kann dass Museum sowohl auf eigene Stücke als auch auf Leihgaben aus anderen Museen zurückgreifen, etwa aus dem LVR-Industriemuseum Oberhausen. Im Vergleich zu Lindlar ist das Oberhausener Textilarchiv sehr viel umfangreicher.