Lindlarer Familie mit Nachrichten terrorisiert
Wipperfürth/Lindlar – Vier Tage lang stellt ein Wipperfürther im vergangenen Sommer einer Familie aus Lindlar nach und bombardiert sie mit Text- und Sprachnachrichten. Die Eltern suchen Hilfe bei Polizisten, die dem Mann gehörig ins Gewissen reden. Danach ist Ruhe. Doch das Verhalten des Mannes hat ein Nachspiel und beschäftigt jetzt das Strafgericht in Wipperfürth.
Der inzwischen 42-jährige Angeklagte fordert eine Strafe für das 15-jährige Mädchen, das ihn angeblich über ihr Alter täuschte. Daran hat sich nichts geändert. Er fordert sie damals und auch beim Prozessauftakt hat sich seine Sicht auf die Dinge nicht verändert.
Im vergangenen Sommer lernt der Wipperfürther die Jugendliche kennen, als er auf einem Grundstück in Lindlar arbeitet. Unter einem Vorwand kommt er an ihre Handynummer und die der Mutter. Am Folgetag eröffnet er der Familie, dass er das Mädchen zum Kaffeetrinken einladen möchte. Die Eltern lehnen ab – mit Hinweis auf das Alter der Tochter.
Vor Gericht lässt der Mann über seinen Verteidiger ausrichten, er habe die Lindlarerin seinerzeit auf etwa 21 Jahre geschätzt. Nach dem Alter gefragt habe er sie jedoch nie. Trotzdem hat sich der Wipperfürther seither in die Vorstellung hineingesteigert, dass das Mädchen nicht ehrlich mit ihm gewesen sei.
Mutter und Tochter trauten
sich nicht mehr aus dem Haus
Am nächsten Tag passt er die Jugendliche laut Anklage ab, als sie von der Schule nach Hause kommt. Er drückt sie zwischen Auto und eine Hecke, um sie zur Rede zu stellen. Den Eltern schickt er etliche Sprachnachrichten auf das Handy, in denen er das angebliche Fehlverhalten des Mädchens anprangert und verschiedene Arten der Bestrafung vorschlägt – zum Beispiel Gartenarbeit unter seiner Aufsicht. Schließlich kündigt er ihnen an, er werde das Mädchen im Auto mitnehmen, ob sie wolle oder nicht. Um ihr in Bordellen zu zeigen, „was mit Menschen passiert, die so sind“ wie die Tochter.
Mutter und Tochter trauten sich zeitweise nicht mehr aus dem Haus, so die Staatsanwaltschaft. „Seine Fantasien haben uns zunehmend Angst gemacht“, berichtet die Mutter im Zeugenstand und erinnert sich an einen entsetzten Anruf der Tochter, die glaubte, das Auto des Angeklagten in Lindlar entdeckt zu haben.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, er habe „massiv auf eine ganze Familie eingewirkt“, rügt seine „fordernde Art“ und plädiert für eine Verurteilung wegen Nachstellung zu 1600 Euro Geldstrafe, die das Gericht später auch erlässt.
Die Verteidigung des Angeklagten wirbt für einen Freispruch – denn das Geschehen begrenze sich auf vier Tage und erreiche damit nicht die Intensität, die von der Rechtsprechung in anderen Stalking-Fällen gefordert werde.
Das Gericht nimmt bei dem Mann eine verminderte Schuldfähigkeit an. Einverstanden ist dieser mit der Entscheidung trotzdem nicht. Das Urteil ist deshalb noch nicht rechtskräftig.