Jeden Tag zehn KilometerLindlarer hat vor 70 Jahren die Zeitung ausgetragen
Lindlar – Wenn es das Wetter zulässt, sitzt Walter Schwirten jeden Morgen mit einer Tasse Kaffee auf der Terrasse vor seinem Haus in Lindlar-Berg und liest bei idyllischem Vogelgezwitscher und bester Aussicht die Bergische Landeszeitung. Rund 70 Jahre ist es nun her, dass er derjenige war, der sie in die umliegenden Ortschaften verteilte. Von 1948 bis 1952 trat er jeden Tag nach der Schule den rund zehn Kilometer langen Weg an, der ihn von seinem damaligen Heimatort Stolzenbach über Schneppensiefen, Waldbruch, Wurtscheid, Unterwaldbruch, Kemmerich, Lingenbach, Scheller, Klespe und Berg wieder zurück nach Hause führte.
Vier Stunden hat er für das Zeitungsaustragen tagtäglich gebraucht, wenn ihm sein Bruder Helmut Schwirten nicht zur Hilfe kam. Zu Fuß oder auf dem Rad machten sie sich mit dem Berg voller Zeitungen und über Wald und Wiese auf den Weg. „Egal ob es stürmte, schneite oder ich krank war – es gab keinen einzigen Tag, an dem ich die Zeitung nicht austrug“, erinnert sich der heute 83-Jährige. Für jeden Haushalt, den er belieferte, verdiente er am Ende des Monats 50 Pfennig. Bei rund 50 Haushalten kamen so 25 Deutsche Mark zusammen, die Schwirten und sein Bruder an die Mutter abgaben. „Die Jahre nach dem Krieg waren für alle schwer. Da war jeder Pfenning willkommen“, so der Pensionär.
Gerne zurückerinnern
Auch wenn es eine kräftezehrende Arbeit war, erinnere Schwirten sich gerne zurück: „Zu Weihnachten und anderen Feiertagen nahmen mein Bruder und ich einen zusätzlichen Beutel mit, weil wir wussten, dass die Landwirte uns Geschenke mitgeben würden.“ Süßigkeiten, Eier und Milch brachten sie mit nach Hause. Manchmal sei es vorgekommen, dass einige Haushalte statt der Bergischen Landeszeitung, die damals noch den Untertitel „Heiderische Zeitung“ trug, für bestimmte Monate die Kölnische Rundschau bekamen, die von anderen Zeitungsausträgern gebracht wurde. „Die meisten Haushalte haben uns am Ende des Monats trotzdem 50 Pfennig zugesteckt. Das war eigentlich verboten, aber wir haben uns natürlich gefreut“, erklärt der Lindlarer.
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