Das Wipperfürther Amtsgericht verurteilt Lindlarer Rentner zu einer Strafe von 12.000 Euro.
Ehefrau mit blutender KopfwundePolizei-Einsatz in Lindlar lief aus dem Ruder – Ehemann verurteilt
Was sich genau im Mai in der Wohnung des 71-jährigen Ingenieurs abgespielt hatte, wird wohl nie ans Tageslicht kommen. Die Nachbarn hatten gegen 20.45 Uhr die Polizei gerufen, weil die Ehefrau mit einer blutenden Kopfwunde Zuflucht bei ihnen gesucht hatte. Doch der Einsatz der Beamten lief aus dem Ruder, da sich der Ehemann standhaft dagegen gewehrt hatte, seine Wohnung zu verlassen. Eine junge Polizistin wurde dabei erheblich verletzt. Nun stand der Ruheständler vor dem Richter des Wipperfürther Amtsgerichts.
„Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ lautete die Anklage. Ein 34-jähriger Polizist erinnerte sich noch gut an den Einsatz. „Es war kurz vor Dienstende als wir eintrafen, die Ehefrau hatte eine blutende Wunde am Kopf, der Rettungswagen war schon vor Ort“, schilderte er die Situation bei seiner Zeugenaussage und fügte hinzu: „In so einem Fall wird der Beschuldigte für zehn Tage des Hauses verwiesen.“ Die beiden Beamten gaben dem 71-Jährigen Zeit, seine Tasche zu packen.
Angeklagter spricht von Mordversuch
Doch die Situation geriet ins Stocken und die anfängliche kooperative Stimmung kippte. Gegen den Griff der Polizisten am Arm habe sich der Angeklagte gewehrt und die Füße in den Boden gestemmt, um das Haus nicht verlassen zu müssen. „Er hat geschrieben, getreten und geschlagen. Wir sind dann alle drei zu Boden gegangen und haben ihn fixiert“, sagte der Beamte aus.
Auch im Streifenwagen soll die Gegenwehr nicht abgerissen sein, wie die 24-jährige Kollegin als Zeugin aussagte. „Er hat sich stark gewehrt, lautstark geschrien und mir in den Arm gebissen. Ich habe seinen Kopf dann mit meiner Hand fixiert.“
Neben der Bisswunde hatte sich die Polizeibeamtin beim zu Boden gehen mit dem Angeklagten das Handgelenk gebrochen. „Ich war fünfeinhalb Wochen berufsunfähig“, fügte sie hinzu, während der Angeklagte, der sich während der Verhandlung ohne Anwalt selbst vertrat, laut auflachte.
Er stellte sich selbst als Opfer von Polizeigewalt dar. „Die Polizistin hat einen Mordversuch an mir ausgeführt. Die Hinterlist war deutlich zu erkennen“, schilderte er die Situation. Er hätte seinen Wein nicht austrinken dürfen und sei auf dem Weg in den Flur, wo er seine Schuhe holen wollte, von den Beamten zu Boden gerissen und fixiert worden.
Lindlarer Rentner will Strafe nicht zahlen
Im Streifenwagen habe die Polizistin dann mit dem Arm so fest gegen seine Halsschlagader gedrückt, dass er kollabiert sei. „In den USA werden solche Beamten verurteilt“, betonte der Rentner. Tatsächlich hatte der Lindlarer im Streifenwagen das Bewusstsein verloren, so dass ein Notarztwagen gerufen wurde. Eine Blutprobe ergab bei ihm zwei Stunden später einen Alkoholgehalt von 1,73 Promille.
Nachdem auch der Nachbar als Zeuge gehört wurde, der davon berichtete, dass die Ehefrau häufiger Zuflucht bei ihnen suche und auch schon dort übernachtet hätte, weil der Angeklagte sie nicht mehr in die Wohnung ließ, reichten dem Gericht die Aussagen, um zu einem Urteil zu gelangen.
„Die Einlassung des Angeklagten wurde widerlegt durch die Angaben der Zeugen“, sagte der Staatsanwalt. Das Gericht verurteilte den Rentner aufgrund des tätlichen Angriffs und der Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätze zu je 80 Euro, somit also zu einer Zahlung von 12.000 Euro.
Am Ende der Verhandlung sagte der 71-Jährige, der noch keine Vorstrafen hat: „Ich bin blutiger Anfänger als Angeklagter und bedanke mich für die Erfahrung, die ich vor Gericht machen durfte“. Mit Betonung kündigte er jedoch auch an, die Strafe nicht bezahlten zu wollen.
Wird die Geldstrafe vom Verurteilten in einem Zeitraum von sechs Monaten nicht beglichen, so wird zunächst eine Zwangsvollstreckung bis hin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung betrieben. „Diese dürfte im vorliegenden Fall aufgrund des Einkommens bereits erfolgversprechend sein“, so der Richter. Falls eine Vollstreckung wegen Vermögenslosigkeit nicht zum Ausgleich der Forderung führt, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt – üblicherweise ein Tag Freiheitsstrafe je Tagessatz (im Fall des 71-Jährigen wären das dann 150 Tage).