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Langes Warten auf die größere PraxisNeubau-Projekt in Wipperfürth verzögert sich

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Vier Ärzte arbeiten in der Praxis: Christiane Frackenpohl, Dr. Norbert Ziegler, Dominika Kremer und  Dr. Elena Gellert (v.l.).

Wiperfürth – Mit vier Ärzten, zehn Mitarbeiterinnen und fast 4000 Patienten pro Quartal ist die Hausarztpraxis Dr. Ziegler/Frackenpohl die größte Praxis in Wipperfürth. Doch die Ärzte schlagen Alarm. „Die hausärztliche Versorgung in Wipperfürth ist gefährdet“, sagen Dr. Norbert Ziegler und Christiane Frackenpohl. Die beiden Internisten sind gemeinsam Gesellschafter der Arztpraxis „Wippcare“ im Ärztehaus an der Gaulstraße. Mit Dominika Kremer und Dr. Elena Gellert arbeiten zwei weitere Fachärzte für Innere Medizin als angestellte Ärzte in der Praxis.

Das Hauptproblem sei der Platzmangel im Ärztehaus, erklärt Ziegler. Die Praxis habe nur rund 150 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung. Gerade in Corona-Zeiten, wo Abstand halten so wichtig ist, ein Riesenproblem. „Wir müssen jetzt schon Angehörige bitten, draußen zu warten. Wenn zu Corona noch die Grippewelle hinzukommt, müssen die Leute im Treppenhaus oder sogar auf der Straße warten“, befürchten Ziegler und Frackenpohl. Und auch für die Mitarbeiter sei die räumliche Enge in der Praxis ein großes Problem.

Das geplante Ärztehaus an der Gaulstraße.

Viele Arztpraxen auf dem Land versuchen derzeit, junge Ärzte aus den Großstädten die Arbeit auf dem Land schmackhaft zu machen. „Doch wenn die jungen Kollegen unsere Räume sehen, winken sie dankend ab“.

Das Ärztehaus an der Gaulstraße wurde 1978 gebaut und gehört einer Erbengemeinschaft. „In der Umgebung, in Lindlar, in Radevormwald und in Remscheid gibt es Hausarztpraxen, die in hochmodernen Gebäuden untergebracht sind“, sagt Frackenpohl. In Wipperfürth dagegen fehle es an geeigneten Immobilien. Anfang 2016 präsentierten die Volksbank Wipperfürth-Lindlar (heute Volksbank Berg) und die West Wohnbau GmbH erstmals die Pläne für den Neubau eines Ärztehauses am Nackenborn, also gegenüber des alten Ärztehauses. In dem Neubau sollte Raum für vier bis fünf Arztpraxen entstehen. Praktisch zeitgleich stellte Investor Werner Kemmerich die Pläne für ein Gesundheitsquartier am Krankenhaus vor, zu dem auch ein Ärztehaus mit bis zu zehn Arztpraxen gehörten soll. Beide Projekte stocken seit Jahren oder kommen nur langsam voran (siehe Kasten).

Zwei Ärztehäuser sind seit Jahren in Planung

Über ein geplantes neues Ärztehaus an der Gaulstraße 12/Am Nackenborn hatte unsere Zeitung erstmals Anfang März 2016 berichtet. Im März 2017 präsentierte der Investor eine überarbeitete Neuplanung des Ärztehauses. Doch auch dieses Projekt kommt nicht voran. Zum Stand des geplanten Ärztehauses am Nackenborn und den Gründen für die Verzögerungen haben wir die Volksbank Berg und die West Wohnbau Gmbh um Stellungnahmen gebeten. Aus Datenschutzgründen sei dies aktuell nicht möglich, teilten uns sowohl die Volksbank als auch die West Wohnbau GmbH auf unsere Anfrage hin mit.

Über das geplante Gesundheitsquartier neben der Helios-Klinik, ein Projekt von Investor Werner Kemmerich und der Wega Bau, haben wir erstmals Mitte März 2016 berichtet. Auch dieses Projekt kommt nur schleppend voran. „Das Bauplanverfahren hat sich über einen sehr langen Zeitraum hingezogen“, sagt Annika Janßen, Assistentin der Geschäftsführung, die Stadt habe sich aber sehr für das Projekt eingesetzt. „Seit kurzem liegt uns die Baugenehmigung vor.“ Man werde jetzt den Bedarf noch einmal überprüfen und die Planung gegebenenfalls anpassen. Im Jahr 2021 werde man mit dem Bau beginnen.

Am Ärztehaus am Nackenborn sei der Baustandard problematisch, beklagen die Ärzte, so sei die Frage der Belüftung und Klimatisierung nicht eindeutig geklärt. „Gerde in Zeiten von Corona ist eine gute Belüftung ganz wichtig“, betonen Ziegler und Frackenpohl. Auch seien die geforderten Preise zu hoch. „Wir können als Hausärzte unsere Einnahmen nicht beliebig erhöhen“, sagt Ziegler.

Alle Bemühungen, größere Räumlichkeiten zu finden, seien gescheitert. „Wir würden mit unserer Praxis auch in eines der Kirchdörfer gehen oder dort neu bauen, wenn wir ein Grundstück finden.“

Das geplante Gesundheitsquartier am Krankenhaus.

Christiane Frackenpohl kommt aus Lindlar. Sie verstehe nicht, dass sich die Stadt Wipperfürth nicht aktiv einbringe. „In Lindlar lässt die Gemeinde in Frielingsdorf ein Mehrfamilienhaus bauen, mit Räumen für eine Arztpraxis, für unter acht Euro pro Quadratmeter“, so die Ärztin.

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Die Hausärzte appellieren an die Stadt und die Politik, die Ärzte bei der Schaffung der nötigen Voraussetzungen zu unterstützen. Andernfalls drohe in Wipperfürth schon bald die Unterversorgung, zumal mehrere Wipperfürther Hausärzte über 60 Jahre alt sind und in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. „Wir hoffen, dass der Zeitpunkt nicht verpasst wird, an dem der Zusammenbruch der hausärztlichen Versorgung in Wipperfürth noch verhindert werden kann.“

Dr. Ziegler sieht notfalls noch eine Option. Gegebenenfalls könne man die Praxis mit vier Kassenarztsitzen auch nach Hückeswagen verlegen.