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Kulturzentrum LindlarBeethoven in der Wüste

Lesezeit 3 Minuten

Die erst 14-jährige Amelie Westerkamp aus Engelskirchen-Schnellenbach gehört auch in diesem Jahr zu den Meisterschülerinnen von Falko Steinbach.

Lindlar – 16 Monate lang konnten im Lindlarer Kulturzentrum keine Konzerte stattfinden. Und auch Falko Steinbach, Konzertpianist und Professor für Klavier an der University of New Mexico, hat seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 nicht mehr vor Publikum gespielt.

Vergangenes Jahr musste das Klavierfestival, das in Lindlar längst zu einer lieb gewonnnen Tradition geworden ist, abgesagt werden. Auch das Festival 2021 stand wegen Corona lange auf der Kippe. Doch schließlich entschieden sich die Organisatoren, das Wagnis einzugehen, mit einem kleinen, aber feinen Festival.

Beethoven zur Eröffnung

Für das Eröffnungskonzert am Freitagabend hat sich Steinbach auf drei große und bekannte Beethoven-Klaviersonaten konzentriert. Den Anfang macht Opus 13, die „Pathétique“. Sehr langsam und zurückhaltend beginnt Steinbach die Ouvertüre der „Grande Sonate“, der Pianist gibt der Musik Raum zum Atmen. Sehr schön und schlicht gestaltet Steinbach auch den zweiten Satz und bringt den großen Konzertflügel, wie von Beethoven mit „cantabile“ gefordert, zum Singen. Fröhlich-erlösend endet der 3. Satz.

Die „Mondschein-Sonate“ trägt ihren Namen, den ihr der Dichter Ludwig Rellstab verpasst hat, zu Unrecht, wie Steinbach erläutert. Tatsächlich hat Beethoven mit dem ersten, langsamen Satz keine romantische Idylle, sondern einen Trauermarsch komponiert. Die punktierten Noten folgen dem langsam schreitenden Rhythmus eines Trauerzuges, gefolgt von einem heiteren zweiten Satz.

Der Kontrast zum dritten, höchst dramatischen Satz könnte kaum größer sein, ein Klanggewitter mit Donner und Blitz jagt durch das Kulturzentrum und lässt die Zuhörer frösteln. Ein Livekonzert – das wird überdeutlich – ist eben doch ein ganz anderes Erlebnis als Musik aus der Konserve.

Nachts am Lagerfeuer

in New Mexico

Nach der Pause geht es mit der „Sturm-Sonate“ weiter. Auch hier hat Beethoven einen Trauermarsch komponiert, unschwer lassen sich die charakteristischen Trommelwirbel erkennen. „Micro Tempest Desert Glow“ hat Falko Steinbach seine Komposition genannt, die Motive aus der „Sturm-Sonate“ aufgreift und sie mit Elementen der Minimal Music und der Zwölftonmusik verbindet. „Ich liebe die Wüste New Mexicos sehr“, erzählt Steinbach. Wenn man nachts am Lagerfeuer sitze, dann leuchte die Wüste. Genau dieses Leutchen hat Steinbach in Musik eingefangen, die dem Zuhörer viel Raum lässt für Assoziationen.

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Das Publikum bedankt sich mit lang anhaltendem Applaus, im Nu steht der ganze Saal, es gibt „Zugabe“-Rufe. Mit einer weiteren kleinen eigenen Komposition dem fröhlichen „Piece for Reece“, verblüfft Falko Steinbach sein Publikum. Ein Freund hatte sich bei dem Komponisten ein Stück im Stil Beethovens gewünscht, „es klingt allerdings mehr nach Mendelsohn“, erzählt Steinbach mit einem Augenzwinkern.

Viele leuchtende Gesichter nach dem Konzert verraten, dass sich das Wagnis, ein Klavierfestival Lindlar 2021 zu organisieren, gelohnt hat.