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April 1945 in Wipperfürth-ThierOma Hembach verweigerte den Hitlergruß

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US-Truppen rollen auf Oberberg zu. Das Foto zeigt den Beschuss des Gummersbacher Ortsteils Piene. Trotz gehisster weißer Fahnen war ein US-Offizier erschossen worden. Daraufhin wurde der Ort dem Erdboden gleichgemacht. (Aus: Oberbergische Geschichte Bd.3)

  1. Am 12. April 1945 marschierten amerikanische Soldaten in Wipperfürth-Thier ein.
  2. Willi Flosbach war damals zehn Jahre alt. In seinem Zeitzeugenbericht erinnert er sich an den Tag.
  3. Kurz bevor die Amerikaner den Weiler erreichten, ereignete sich noch eine dramatische Szene vor der Kirche in Thier.

Wipperfürth – Ich war damals zehn Jahre alt und kann mich an den Tag sehr gut erinnern. Es war so schönes Wetter, wie auch in diesem Jahr am 12. April. Die Thier hatte damals sechs Häuser, wir wohnten circa 100 Meter vor der Kirche.

Ich war Messdiener. In der Gaststätte Berger hatten sich Tage vorher ein paar Männer einquartiert die mit Ledermänteln bekleidet durchs Dorf patroullierten. Meine Mutter hatte mir eingebleut, zu niemandem etwas zu sagen. Mein Vater war noch im Krieg.

Oma Hembach sagte statt des Hitlergrußes „Guten Morgen“

Als die Messe zu Ende war, stand der mit dem Ledermantel vor dem Kirchportal. Bei jedem, der aus der Messe kam, erhob er den Arm und rief „Heil Hitler“. Alle vor mir erwiderten den Gruß ebenso, nur die Oma Hembach sagte: „Guten Morgen“.

Daraufhin brüllte er das laut ein zweites Mal und sie antwortete wieder „Guten Morgen“ Dann zückte er die Pistole und bedrohte sie. Daraufhin sagte sie ebenso „Heil Hitler“. Da war er mir noch unsympathischer.

Die Amerikaner kamen nachmittags

Am Nachmittag des 12. April rollte ein Panzer von Hermesberg her ins Dorf. Vor unserem Haus hielt er an, ein paar Soldaten, die in geduckter Haltung mit Gewehr im Anschlag neben dem Panzer gingen, durchsuchten jedes Zimmer in unserem Haus.

Die Soldaten waren dunkelhäutig, so Menschen hatte ich noch nie vorher gesehen. Ein Soldat strich mir über den blonden Lockenkopf und bot mir was an. Sowas hatte ich noch nie gesehen. Er brach ein Stück Schokolade ab, aß es selber und gab mir dann auch ein Stück.

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So was leckeres hatte ich noch nie gegessen. Ein zweiter reichte mir eine Apfelsine. Auch das war für mich neu und schmeckte sehr gut.

In der Schule hörten wir immer vom „bösen Feind“

In der Schule hatte uns der Lehrer immer vom bösen Feind erzählt, ich empfand das genaue Gegenteil. Die Soldaten rückten weiter vor und quartierten sich im Gasthaus Berger ein.

Meine Mutter konnte wohl nicht verhindern, das ich hinter den Soldaten her ins Dorf lief. Auf dem Treppenpodest lag der mit dem Ledermantel und war tot. Die Soldaten traten beim rein- und rausgehen auf den Toten, das hat mir als Kind gar nicht leid getan, „der wollte ja die Oma Hembach erschießen, gut das der jetzt selber tot ist“.