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WiedereingliederungSo gelingt die Rückkehr in den Job nach langer Krankheit

Lesezeit 5 Minuten

Alexander Kreidel hat im Gespräch mit Kerstin Meyer Koschnike vom Evo-Bus-Gesundheitsmanagement erarbeitet, welche Aufgaben er in Zukunft übernehmen kann. EvoBus gehört zum Daimler-Konzern.

Auf die Betriebsferien nach Weihnachten freute Alexander Kreidel (52) sich sehr. Obwohl er gerade im November in die Arbeit zurückgekehrt war. Der Arzt hatte ihn wegen seines hartnäckig schmerzenden Arms zuletzt für acht Wochen krankgeschrieben. Er wollte nicht schon wieder ausfallen.

In den Betriebsferien würde die Entzündung im Arm schon abklingen, so seine Hoffnung. Doch das war nicht der Fall. Im Gegenteil: Zurück bei der Arbeit hatte sich sein Arm nach ein paar Wochen so verschlimmert, dass er nicht einmal mehr jemandem die Hand geben konnte, ohne Schmerzen zu haben. An Arbeit war auf absehbare Zeit nicht zu denken. „Da kommen einem viele Sorgen in den Kopf“, sagt er.

Kreidel arbeitet seit 28 Jahren bei EvoBus, einer Daimler-Tochter, die Omnibusse produziert. Er war in einem Team, das die Sitze in den Bussen montiert. Ein Sitz wiegt etwa 25 Kilogramm. Er trug mit Kollegen die im Werk produzierten Sitze im Bus an die richtige Stelle im Fahrzeug und befestigte sie. Irgendwann streikte sein Arm. „Es muss was passieren, ich schaffe es nicht mehr“ – das waren damals so seine Gedanken, erzählt er.

Voraussetzungen für eine Kündigung sind hoch

Was Kreidel geschehen ist, kann viele Arbeitnehmer irgendwann treffen. Wer einen Bandscheibenvorfall, eine Krebserkrankung, eine Depression oder eine Sucht hat, fällt häufig gleich über mehrere Wochen aus und ist manchmal auch immer wieder krank. Die Befürchtungen sind dann groß. Kann der Arbeitgeber mich kündigen? Und was muss ich meinem Chef erzählen?

Im Hinblick auf eine krankheitsbedingte Kündigung ist für Mitarbeiter gut zu wissen, dass die Voraussetzungen sehr hoch sind, sagt Hans-Georg Meier. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins.

Voraussetzung ist, dass ein Arbeitnehmer drei Jahre hintereinander mindestens jeweils mehr als sechs Wochen krank gewesen ist. Außerdem muss zu erwarten sein, dass ein Mitarbeiter in Zukunft weiter in erheblichem Umfang krank sein wird. Und selbst wenn das der Fall ist, kommt es in erheblichem Maße auf ein Abwägen im Einzelfall an.

Kreidel von EvoBus machte sich wegen einer Kündigung keine Sorgen. „Ich war schließlich schon sehr lange im Betrieb.“ Aber er fragte sich, was nun werden soll, auch in finanzieller Hinsicht. Für sechs Wochen bekommen Arbeitnehmer bei Krankheit Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. So schreibt es das Entgeltfortzahlungsgesetz vor.

Danach springt die Krankenkasse mit Krankengeld ein. Mitarbeiter können dann mit rund 70 Prozent ihres Bruttoentgelts rechnen. Das Krankengeld gibt es für maximal 78 Wochen. Danach bleibt die Möglichkeit, Leistungen von der Arbeitsagentur oder von der Rentenversicherung zu beantragen.

Als Kreidel zum zweiten Mal länger krankgeschrieben war, bekam er wie schon beim ersten Mal Post vom EvoBus-Gesundheitsmanagement. Er wurde zu einem Gespräch zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) eingeladen. In diesem Gespräch wird gemeinsam überlegt, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und der Mitarbeiter wieder optimal in den Betrieb eingegliedert werden kann.

Gemeinsam eine Perspektive für den Mitarbeiter entwickeln

Auch kann sich der Mitarbeiter den Personenkreis aussuchen, der bei den Gesprächen dabei ist, sagt Kerstin Meyer Koschnike vom Evo-Bus-Gesundheitsmanagement. In der Regel ist ein Betriebsrat, jemand vom Gesundheitsmanagement und vielleicht noch der Chef dabei. Gemeinsam wird dann überlegt, was der Arbeitgeber tun kann, um die Arbeitsfähigkeit und die Gesundheit des Mitarbeiters zu erhalten. Außerdem geht es darum, wie er dazu beitragen kann, dass dieser Mitarbeiter die Arbeitsunfähigkeit überwindet und nicht erneut erkrankt.

Arbeitgeber sind laut Sozialgesetzbuch 9 dazu angehalten, BEM anzubieten. Für die erkrankten Mitarbeiter ist es ein freiwillig wahrzunehmendes Angebot. „Beschäftigte sind in dem Gespräch nicht dazu verpflichtet, zu erzählen, welche Krankheit sie haben“, erläutert Andreas Tautz. Er ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM). Die Ergebnisse des Gesprächs werden in einem Protokoll festgehalten.

Das Ziel ist, gemeinsam eine Perspektive für den Mitarbeiter zu entwickeln, Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Eine Maßnahme des BEM ist etwa, dass ein Beschäftigter zunächst nur wenige Stunden in seinen Job zurückkehrt und dann langsam aufstockt.

Wenn jemand länger erkrankt ist und ihm BEM angeboten wird, sollten Mitarbeiter auf jeden Fall aktiv mitmachen, rät Koschnike. „Wir finden eigentlich immer eine Lösung“, erzählt sie. Gibt es in Firmen kein organisiertes Gesundheitsmanagement, suchen Betroffene am besten frühzeitig das Gespräch mit dem Betriebsarzt. Er kann in der Regel besser als der Hausarzt einschätzen, wie die Arbeitsbedingungen vor Ort sind.

„Ich habe mir einfach helfen lassen“, zieht Kreidel seine persönliche BEM-Bilanz. Er wurde im April am Ellbogen operiert. Ganz in Ordnung ist sein Arm noch nicht wieder, aber es wird langsam besser. „Schwere Lasten werde ich aber auch in Zukunft nicht tragen können“, erzählt er. Deswegen war das Ergebnis des BEM, dass er den Arbeitsplatz wechseln wird.

Kreidel hat nun einen Job in der Qualitätskontrolle, bei dem er seinen Arm nicht belasten muss. Er überprüft die fertigen Omnibusse auf mögliche Mängel. Nach der Operation stieg er zunächst im Rahmen einer stufenweise Wiedereingliederung mit einer geringen Stundenanzahl wieder ein und steigerte sich dann. „Dank des betrieblichen Eingliederungsmanagements hat die Rückkehr in den Job schnell geklappt.“ (dpa)